worüber?“ fragt er. „Na wegen heute Abend, Tante Margit kann nicht kommen. Sie ist krank“, erklärt ihm Samantha. Sie will wissen, was Samuel darüber denkt. „Ach so, ja, das hat sie schon gesagt“, antwortet Samuel beiläufig, „Ist aber kein Problem!“ Das war es, was Samantha hören wollte. Sie ist beruhigt. „Gut“, sagt sie, „aber es wird heute nicht so lange!“ Samantha will ihren kleinen Bruder rechtzeitig darauf vorbereiten, dass er heute früher als sonst ins Bett muss. Sie hat ja noch Großes vor. Dass auch Samuel für den Abend noch so seine Pläne hat, weiß sie ja nicht. „Ist schon in Ordnung“, sagt Samuel. „Ich bin sowieso müde vom ganzen Auspacken und Einsortieren“, fügt er an. Das hat Mama neulich auch gesagt, als sie den ganzen Tag Umzugkisten ausgepackt hat. Samuel findet, dass das heute für ihn auch ganz gut passt. Und irgendwie muss er seine vorgeschobene Müdigkeit ja erklären. Samantha schüttelt nur den Kopf.
Eine schwere Entscheidung
De Pizza schmeckt wie immer superlecker. Samuel stopft eine Ecke nach der anderen in sich hinein. „Hey, stopp mal.“ Als er sich noch ein großes Stück nehmen will, klopft Samantha ihm leicht auf die Finger. „Ich glaub', jetzt reicht's.“ Das finden Samuels Eltern auch. „Ja, ich denke auch, du hast sehr viel gegessen. Nicht, dass es nachher Bauchschmerzen gibt“, gibt Mama zu bedenken und Papa nickt. Na gut, vielleicht haben sie ja Recht, denkt Samuel und eigentlich ist er wirklich satt. Aber was Samantha mit der Pizza vorhat, kann er sich gut vorstellen. Fast wäre ihm rausgerutscht, dass Samantha ja nur etwas für Luca übrig lassen will, aber zum Glück kann er sich das noch verkneifen. Er grinst Samantha an, die darauf aber nicht reagiert und so tut, als hätte sie es nicht gesehen.
„Uuaah“, sagt Samuel und streckt die Arme nach oben. „Ich bin total müde.“ Mama, Papa und Samantha schauen sich verwundert an. „Nicht, dass du krank wirst?“ fragt Mama besorgt. „Nein, nein“, entgegnet ihr Samuel schnell. „Das ist nur vom vielen Auspacken und Einsortieren.“ Wieder gucken sich alle an und prusten los. „Naja dann“, sagt Mama, stellt die Teller zusammen und steht auf.
Samuel verschwindet ins Bad, um sich zu waschen und umzuziehen und legt sich kurze Zeit später tatsächlich schon ins Bett. Als Mama und Papa zu ihm ins Zimmer kommen, schließt er schnell die Augen. „Schläft er etwa schon?“ fragt Mama, die noch immer etwas besorgt ist. „Ja, da war er wohl wirklich richtig fleißig heute“, sagt Papa und die beiden schleichen sich auf Zehenspitzen aus der Tür. Samantha ist überglücklich, aber sie kann kaum glauben, dass ihr Brüderchen freiwillig so zeitig ins Bett geht. Sie muss sich selbst noch einmal davon überzeugen. Als sie ins Zimmer kommt, ist Samuel tatsächlich fast eingeschlafen. Aber weil Samantha im Dunkeln gegen seinen Schreibtisch stößt und dabei den Becher mit den Stiften umreißt, wacht er wieder auf. Samantha beugt sich tief über sein Gesicht. Samuel hält den Atem an und stellt sich weiter schlafend. „Na dann, schlaf gut“, flüstert Samantha und drückt ihm einen Kuss auf die Wange. Samuel freut sich und kuschelt sich noch etwas tiefer in die Decke. So nett war Samantha lange nicht zu ihm.
Samuel hat eine schwere Entscheidung zu treffen. Soll er zu Hause bleiben, sich samt Zaubermantel auf den Dachboden schleichen, Samantha und Luca belauschen und später mit ihnen heimlich Videos schauen? Oder doch lieber seinen eigentlichen Plan in die Tat umsetzen? Seit dem Mittagessen geht ihm nämlich noch ein ganz anderer Gedanke durch den Kopf. Er wollte schon immer gerne wissen, was Mama und Papa tun, wenn sie „ausgehen“. Und die ganze Zeit hat er überlegt, wie er es anstellen kann, ihnen mit Hilfe seines Zaubermantels unbemerkt zu folgen. Samuel schleicht zur Tür und presst ein Ohr ganz fest dagegen. Mama, Papa und Samantha sind draußen im Flur. „Ist ja schön, dass Samuel so schnell eingeschlafen ist und du, mach bitte auch nicht so lange“, bittet Mutter Samantha. „Nee, nee“, hört Samuel Samantha sagen. Diese Lügnerin, denkt er. Samuel amüsiert sich. Sie tut so, als würde sie auch bald brav ins Bett gehen, dabei wartet ihr Besuch bestimmt schon vor dem Haus.
Mama ist jetzt im Bad und fönt sich die Haare, das heißt, dass sie gleich losgehen, weiß Samuel. Schnell zieht er sich die Jeans und einen dicken Pullover über den Schlafanzug, noch eine Jacke darüber, zum Schluss den Tarnmantel. Plötzlich hört er Schritte vor der Tür. Er wirft den Mantel nochmal ab, springt ins Bett und zieht sich die Decke bis hoch zu den Ohren. Die Tür öffnet sich. Das muss Papa sein. Samuel erkennt ihn am Duft. Wenn Mama und Papa ausgehen, machen sie sich immer besonders chick und sprühen sich mit Deo ein. Samuel mag diesen Geruch nicht. Er kribbelt in der Nase. Die Tür schließt. „Er schläft tief und fest“, sagt Papa als er draußen ist. „Samantha“, ruft Mama, die inzwischen mit dem Haarefönen fertig zu sein scheint. „Samantha“. Sie ist sicher wieder auf dem Dachboden, glaubt Samuel. Schnell hüpft er aus dem Bett, zieht den Mantel wieder an und öffnet die Tür einen Spalt. Mama geht gerade die Treppe zum Dachboden hinauf. Die Luft ist also rein. Blitzschnell läuft Samuel zur Wohnungstür und wartet draußen, bis seine Eltern kommen. Hoffentlich geht jetzt niemand mehr zu ihm ins Zimmer, dann fliegt alles auf.
Unsichtbarer Gast im Kino
Samuel muss nicht lange warten. Schon kurz nachdem er das Haus in seinem Zaubermantel verlassen hat, kommen auch seine Eltern aus der Tür. „Schön, dass es doch geklappt hat“, sagt Mama, die jetzt ganz dicht vor Papa steht und ihm mit der rechten Hand irgendwelche Fusseln von der Schulter klopft. „Ja, finde ich auch“, sagt Papa und gibt ihr einen Kuss auf den Mund. Samuel möchte am liebsten im Boden versinken. Mama legt einen Arm um Papas Rücken und Papa ihr seinen Arm um den Hals. Dann laufen sie los. Wie ein Liebespaar, denkt Samuel und findet das richtig super. Mehr Zeit darüber nachzudenken, hat er jetzt nicht. Samuel hat Mühe, den beiden zu folgen. Offenbar haben sie es sehr eilig. Als sie um die Ecke biegen, kommt von hinten ein Bus herangefahren. „Komm schnell“, ruft Papa und greift Mamas Hand. Beide laufen los. Samuel ist völlig außer Puste, als sie den Bus erreichen. Hinter den beiden stolpert er in den Bus und muss sich erst einmal auf die Treppe setzen, um Luft zu holen.
Der Bus ist ziemlich leer. Mama und Papa haben sich in die hinterste Reihe gesetzt. Samuel bleibt an der Tür stehen, damit er den Ausstieg nicht verpasst. Er stellt sich mit dem Rücken zu ihnen. Der Mantel ist ein wenig verrutscht und wurde eben beim Rennen ziemlich hin und her gewirbelt. Samuel ist sich daher nicht ganz sicher, ob der Zauber noch wirkt. Er macht einen Test. Neben ihm steht ein dicker Mann, der ziemlich verärgert dreinschaut. Samuel verzieht das Gesicht und macht allerlei Grimassen, um ihn etwas aufzuheitern. Als er merkt, dass dies nichts bei dem Mann bewirkt, steckt er ihm die Zunge heraus. Aber auch das lässt den Dicken ganz unbeeindruckt. Der Zauber wirkt also noch. Samuel fällt ein Stein vom Herzen.
Leider kann Samuel von der Tür aus nicht verstehen, was seine Eltern reden. Aber sie sind gut gelaunt und kichern. Samuel findet das ein bisschen albern und schämt sich auch ein wenig, obwohl ihn ja niemand sehen kann und keiner weiß, dass das seine Eltern sind. Aber wenn Samuel mit seinem besten Freund, Ekki, Bus fährt, ist es meist noch viel lauter. Der Bus hält, Mama steht auf und zieht Papa an der Hand hinter sich her. Das macht sie mit mir auch immer so, denkt Samuel. Mama fährt oft mit dem Bus zur Arbeit, vor allem wenn es kalt ist oder regnet. Auch Samuel steigt dann manchmal mit ein, obwohl er bis zur Schule eigentlich auch laufen kann.
Die Haltestelle, an der sie jetzt aussteigen, kennt Samuel. Wenn man jetzt nach links abbiegt und die Straße noch ein Stück geradeaus weiter läuft, kommt man zum Kino. Wollen Mama und Papa etwa dahin? Tatsächlich. Samuels Eltern schlagen die Richtung ein und halten vor dem Kino-Eingang. Papa öffnet seine Jacke und zieht zwei Karten aus der Innentasche. Achja, erinnert sich Samuel, die hatte ihnen ja Samantha zu Weihnachten geschenkt. Mama und Papa schauen sich die Filmplakate an. Mit den Karten von Samantha haben sie freien Eintritt, den Film dürfen sie sich selbst aussuchen. „Paris at midnight?“ fragt Mama. „Romantische Komödie“ liest Samuel. Hätte es nicht wenigstens ein Abenteuer-Film sein können? Samuel hofft, dass Papa sich doch noch für etwas anderes entscheidet. Aber der willigt ein. „Ja, warum nicht“, sagt er und geht zur Tür. Während Papa die Tür aufhält, huscht Samuel schnell mit seiner Mutter ins Kino hinein, vorbei an den Kassen und zum Kinosaal.
Nur kurze Zeit später treffen auch Samuels Eltern vor