Unheimliche Heimfahrt
Als Samuel nach draußen kommt, stehen Mama und Papa noch vor der Tür des Lokals und erzählen den Polizisten, was sie beobachtet haben. „Naja, und dann ist er einfach hingefallen“, sagt Mama, „welch ein Glück.“ Samuel schwillt die Brust, er ist so stolz. Nur schade, dass er nicht sagen kann, dass er es war, der den Dieb gestellt hat. Aber im Moment hat Samuel auch ein ganz anderes Problem. Gleich werden seine Eltern nach Hause gehen, und er kann es zu Fuß unmöglich schaffen, vor ihnen da zu sein.
Auf der Straße steht das Polizeiauto. Das ist die Idee, denkt Samuel. Die Polizeiwache ist ganz in der Nähe der Wohnung. Wenn die Polizisten auf direktem Weg dorthin fahren, kann er es schaffen. Die Türen sind nicht verschlossen. Samuel öffnet unbemerkt die Tür hinter dem Beifahrersitz und klettert in den Wagen. Nur einen Augenblick später bereut er das bereits. Neben ihm auf der Rückbank sitzt der Taschendieb. Samuel will fliehen, doch auch die Polizisten sind schon am Auto und steigen ein. Es ist zu spät. Ruhig Samuel, du bist für ihn nicht da, er kann dich nicht sehen, sagt er sich. Samuel fasst wieder Mut und wirft einen zaghaften Blick herüber. Der Dieb sieht gar nicht aus wie ein Dieb. Zumindestens nicht so, wie Samuel sich einen vorstellt. Der Mann hat ganz kurze schwarze Haare, trägt ein grünes T-Shirt und eine blaue ausgewaschene Jeans. Nicht älter als 20 Jahre würde Samuel tippen. „So, los geht's“, sagt der Polizist, der am Steuer sitzt. Das Auto rollt an. Samuel fällt nach vorn. Er hat sich nicht angeschnallt. Jetzt weiß er, warum seine Mama immer so darauf drängt. Samuel reibt sich die Stirn und richtet sich etwas auf. Wow, echte Handschellen! Das war Samuel in der Dunkelheit erst gar nicht aufgefallen. Die Polizisten haben seinem Nachbarn Handschellen um die Hände gelegt. Was das wohl für ein Gefühl ist? fragt sich Samuel. Im selben Moment hebt der Dieb beide Hände und streicht sich mit beiden Daumen über das rechte Ohr. Ziemlich umständlich, denkt Samuel. Aber sieht lustig aus. Ansonsten gibt der Mann keinen Ton von sich. Er schaut die ganze Zeit durch das Fenster auf den Boden. Samuel probiert das auch. Die Steine rauschen an seinem Fenster vorbei. Ihm wird schwindelig. Kurze Zeit später hält der Wagen vor der Polizeiwache. „Endstation“, sagt der Polizist, der das Auto gefahren hat und stellt den Motor aus. Sein Kollege steigt zuerst aus und kommt herüber auf die andere Seite.
„So, aussteigen bitte“ , sagt er. Der Dieb rührt sich nicht. Ob er schwerhörig ist? Samuel möchte ihn am liebsten anstubsen, so langsam ist er müde und will nach Hause. Aber so lange der Dieb nicht aussteigt, kommt Samuel auch nicht aus dem Auto heraus. Nach nochmaliger Aufforderung packen die Polizisten den Mann schließlich an den Armen und ziehen ihn gemeinsam aus dem Auto. Der Dieb lässt es geschehen und spricht noch immer kein Wort. Samuel kommt noch immer nicht an ihm vorbei und stößt die Tür mit dem Fuß weit nach außen. „Na, jetzt mal ganz ruhig“, sagt einer der Polizisten. Er glaubt wohl, dass der Dieb eben gegen die Tür getreten hat. Samuel krabbelt auf allen Vieren nach draußen. Ohne sich nochmal umzusehen, rennt er, was die Beine hergeben nach Hause.
Verschlossene Türen
Vor der Haustür fällt Samuel ein, dass er keinen Schlüssel bei sich hat. Klingeln kann er ja wohl schlecht. Samuel lehnt sich vorsichtig gegen die Eingangstür. Sie ist zu und auch die Kellerfenster sind fest verschlossen. Aber da oben, der Dachboden. Samantha hatte das Dachfenster für Luca geöffnet, und jetzt kommt das kleine Versteckspiel seiner Schwester auch Samuel gelegen. Aber wie ist Luca da hoch gekommen? Vor dem Fenster steht ein großer Apfelbaum, aber der Abstand zum Haus ist viel zu groß. Von dort kann er es unmöglich zum Fenster geschafft haben. Aber, wo ist denn die Leiter, mit der Papa neulich die Äste verschnitten hat?
Samuel geht noch einmal ums Haus. Und tatsächlich, da liegt sie im Gebüsch. Samuel schnappt sich die Leiter und lehnt sie unter dem Dachfenster an die Wand. Von der obersten Stufe kann er mit den Händen die Dachrinne greifen. Mit aller Kraft zieht er sich nach oben und versucht einen Fuß auf die Rinne zu bekommen. Zum Glück ist das Dach hier nicht sehr steil, so dass er sich gut halten kann. Geschafft. Oben angekommen blickt Samuel in erschrockene smaragdgrüne Augen. „Rrchh“, faucht es ihm entgegen. Das ist Rolli, die Nachbarskatze, die jetzt ebenso erschrocken und mit einem noch lauteren Murren zur Seite springt. Sei still, denkt Samuel und klettert schnell durchs Dachfenster ins Haus. Dann geht er zur Tür und will die Treppe herunter zu seinem Zimmer schleichen. Die Leiter! schießt es Samuel da durch den Kopf. Die hätte er fast vergessen. Samuel überlegt. Er kann die Leiter unmöglich an der Häuserwand stehen lassen, das würde ihn verraten. Es hilft nichts, er muss noch einmal nach draußen und die Leiter zurück ins Gebüsch legen. Samuel zieht sich die Schuhe aus und tippelt auf Socken die Treppe vom Dachboden herunter.
Auf dem Weg nach draußen muss Samuel am Wohnzimmer vorbei. Luca und Samantha sitzen auf dem Sofa im Wohnzimmer vor dem Fernseher. So wie Mama und Papa auch immer, wenn sie zu Hause sind. Im Fernsehen läuft ein Star-Trek-Video. Samuel hat den Film bestimmt schon zehnmal gesehen. Auf dem Tisch steht der Teller mit der Pizza, von der jetzt nur noch ein paar Krümel zu sehen sind, und ein paar Limo-Dosen. Na, da hat er aber wirklich Besseres erlebt, freut sich Samuel. Er schleicht von hinten um das Sofa. Samantha und Luca halten Händchen und sitzen ganz eng beieinander. Im Film hat Samuel das ja schon oft gesehen, aber seine Schwester und Luca, das ist schon irgendwie komisch.
Samuel huscht nach draußen, klemmt einen Schuh zwischen die Tür, holt die Leiter von der Hauswand und will sie neben das Haus zurück ins Gebüsch legen. Dabei rutscht sie ihm aus den Händen und schlägt unsanft auf den Boden. Samantha und Luca haben den Knall gehört. Erschrocken sammelt Luca seine Sachen zusammen. Samuel huscht durch die Tür ins Haus, schnappt sich seinen Schuh und verschwindet schnell in seinem Zimmer. Aus dem Fenster beobachtet er, wie Luca die Straße hinunterläuft.
Samuel reibt sich die Hände. Samanthas kleines Geheimnis kann ihm sicher noch von Nutzen sein. Samantha kann nämlich manchmal ziemlich gemein sein. Wenn sie etwas über Samuel herausgefunden hat, was seine Eltern nicht erfahren sollen, dann muss Samuel ihr etwas von seiner Schokolade abgeben, damit sie ihn nicht verrät. Samuel mag eigentlich gar keine Schokolade, aber er lässt sich eben auch nicht gern erpressen. Von jetzt ab wird das anders sein, sagt er sich. Mit diesem schönen Gefühl schläft er ein.
„Aufstehen, du Langschläfer!“ Mama steht gutgelaunt im Zimmer und zieht die Vorhänge zurück. Samuel reibt sich den Schlaf aus den Augen und richtet sich auf. Aber was ist das??? Wo, wo ist denn sein Zaubermantel? Den hatte er doch gestern Abend unter sein Kopfkissen gelegt. Samuel springt auf, schaut unters Bett, unter den Tisch, in sämtliche Kisten und den Schrank. Aber er kann ihn nirgends finden. Der Mantel ist verschwunden. Hat er am Ende etwa alles nur geträumt?
Teil II - Die Enttarnung
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