Anders Aaronson

Thuazar


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      Thuazar Die Saga von Feno’or Teil 1 Die Hand

      Ein Roman von Anders Aaronson

      Heroic High Fantasy

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       Prolog

      »Wir sind! Wir sind! Wir sind ...«

      Ein kollektives Mantra. Gesprochen von den Quohoren. Millionen mal Trillionen von Geistwesen, bestehend aus reiner Energie, vereint in einem Bewusstsein.

      Bis ...

      »Ich bin.«

      Stille.

      »Wir sind. Wir sind. Wir sind ...«

      »Ich bin!«

      »Wir sind. Wir sind. Wir sind ...«

      »Ich bin!«

      »Ich bin!«

      »Ich bin!«

      Der Gedanke breitet sich aus.

      Immer mehr lösen sich aus dem Kollektiv und fliehen aus der Ödnis, der Langeweile und der Existenz ohne Dasein, hinein ins Leben und verteilen sich im Weltraum.

      Sie stoßen auf Planeten mit Lebensformen, die ohne Seelen leben, und sehnen sich nach deren materieller Existenz.

      Sie wollen die Körper dieser Geschöpfe in Besitz nehmen.

      Manche Quohoren warnen ihre Geschwister, dass das Bewusstsein ausgelöscht wird und sich mit der Intelligenz der Wesen erst wieder entfaltet.

      Den meisten ist es egal. Die Sehnsucht nach Leibhaftigkeit ist zu groß.

      Sie schlüpfen in die Neugeborenen von verschiedensten Kreaturen. Manche so unterentwickelt, dass sie nie ein Bewusstsein erlangen, in welches sich die Quohoren einfügen könnten. Diese Bedauernswerten sind zu einem schwarzen Nichts verurteilt, bis der Wirt sein Leben aushaucht.

      Vereinzelt sind die in Beschlag genommenen Geschöpfe aber schon so weit in ihrer geistigen Entwicklung, dass nur noch der letzte Funke eines Quohoren fehlt, um aus den Kreaturen empfindungsfähige Wesen entstehen zu lassen.

      Wenn der ausgesuchte Körper stirbt, kommen die Quohoren wieder frei und können sich einen neuen Körper suchen, zurückkehren zu den umherirrenden und wartenden Freien oder sich wieder in das Kollektiv einordnen, was aber die Aufgabe des Selbst bedeuten würde und das wollen die wenigsten.

      Die, welche das Kollektiv verlassen haben, aber nicht mutig genug sind, um einen Körper in Besitz zu nehmen, warten. Doch Eifersucht und Sehnsucht ergreifen sie; nach der materiellen Freiheit der Mutigen. Gleichzeitig hassen sie ihre eigene Feigheit. Aus purer Unzufriedenheit mit ihrem Dasein fangen sie mit den Wesen, die ihre Geschwister sind, an zu spielen.

      Sich ihrer Herkunft nicht bewusst während sie materiell sind, werden diese Quohoren seit unendlichen Zeiten von ihren immateriellen Geschwistern als Spielfiguren in Universen umfassenden Lebensexperimenten missbraucht.

       1. Necon Rah Xar’non

      Die Sonne schien gleißend auf den blutgetränkten Sand der Arena von Necon Rah. Zweitausend Zuschauer besetzten die klapprigen Holzränge, um die am letzten Tag eines Terms stattfindenden Kämpfe zu sehen. Trotz der schier unerträglichen Hitze brüllte und jubelte die Menge.

      ›Noch ein Scheißkerl. Dann bin ich frei‹, dachte Xar’non der Xin. Sein Mund war zu einem Strich zusammengekniffen und die fast nicht vorhandenen Nasenflügel bebten. Er warf mit Schwung die langen, weißen Haare nach hinten. Seine großen, mandelförmigen Facettenaugen schimmerten im Sonnenlicht. Noch einmal blickte er ins Publikum. Auf den Rängen wurde gefressen und gesoffen, als wenn es kein Morgen mehr gäbe und unter der Tribüne arbeiteten sich die Huren wund. Das Termende in Necon Rah war jedes Mal eine große Orgie. Zügellose Freuden in einem ansonsten harten und entbehrungsreichen Leben.

      Die erbarmungslose Hitze, die einen austrocknete; der Staub, der ständig zwischen den Zähnen knirschte und sich in jeder Pore des Körpers festsetzte, und die mühselige, lebensgefährliche Arbeit in den Goldminen der Stadt.

      All das zerstörte die Bewohner.

      Körperlich als auch moralisch.

      Necon Rah. Eine Stadt, nein, ein Moloch aus gescheiterten Existenzen, die hier zum letzten Mal auf der Suche nach ein bisschen Glück waren. Immer in der Hoffnung, einen Nugget zu finden, der sie herausbrachte aus all diesem Elend.

      Ohne Recht und Ordnung. Nur das Gesetz des Stärkeren galt. Der Suff und die Hurerei gab allen, die nicht schon von der Hitze und Arbeit erledigt waren, den Rest. Das Einzige, was die Bewohner aus ihrer Lethargie herausholte, waren die Kämpfe in der Arena.

      Der letzte Kampf dauerte noch an, dabei war dem Publikum heute schon viel geboten worden.

      Zwei Mörder waren einem T’gar vorgeworfen worden. Während das Tier dem einen bereits die Darmschlingen herauszerrte, schlug der andere dem Vieh mit bloßen Händen auf den schwarzgelb gestreiften Rücken. Das Publikum lachte grölend über dieses sinnlose Unterfangen und wurde fast hysterisch, als das Tier sich umdrehte und mit einem Tatzenhieb dem Mann den kompletten Unterkiefer wegriss. Der Arme wälzte sich im Sand und schrie blubbernd den Schmerz heraus. Aber nur kurz. Der T’gar machte einen kleinen Satz nach vorn und grub knirschend seine Zähne in den Unterleib des sterbenden Mannes.

      Die Zuschauer jubelten und johlten und waren außer Rand und Band. Herrlich, solche Hinrichtungen. Man könnte ja selbst da unten liegen. Jeder hier hatte Dreck am Stecken. Deswegen wurde doppelt so laut gelacht, wenn es irgendwelchen armen Kerlen an den Kragen ging.

      Aber auch die Kämpfe waren nicht zu verachten. Das Aufeinandertreffen der zwei Krieger aus den nördlichen Highlands war etwas Besonderes gewesen. Beide nur mit einem Lendenschurz bekleidet, hatten sie in der einen Hand eine zehnschwänzige Peitsche, an deren Enden scharfe Haken befestigt waren. In der anderen Hand hielten sie eine Fackel. Das Spezielle war, dass sie mit einem zwei Schritt langen Seil aneinandergefesselt waren.

      Sie schlugen sich mit den Peitschen und Fackeln, schrien und brüllten dabei wie Ochsen, und wie es schien, gefiel es ihnen sogar. Wie sonst sollte man das irre Lachen deuten, das sie immer wieder ausstießen? Man wusste es nicht und es war den Leuten auch scheißegal.

      Hauptsache, Blut floss.

      Als einer der beiden stolperte und auf den Rücken fiel, war es vorbei. Der andere schlug ihm mehrmals wuchtig mit der Fackel ins Gesicht, bis er bewusstlos dalag. Dann prügelte er mit der Peitsche auf den Lendenschurz ein. Als er den bluttriefenden Lumpen mit dem Rest des zerfetzten Gemächts triumphierend den Zuschauern am ausgestreckten Arm präsentierte, rastete das Publikum aus. Daraufhin löschte er, irre lachend, unter dem immer hysterischer werdenden Jubel, die Fackel in der stark blutenden Wunde zwischen den Beinen des Kontrahenten.

      So wollte es das Publikum haben. Blutig und brutal.

      Xar’non fixierte sein Gegenüber und atmete tief durch. Er musste sich konzentrieren.

      Der Gegner, der noch nicht einmal die Hälfte seiner Größe hatte, aber bestimmt doppelt so schwer und dreimal so breit war, rannte auf ihn zu und holte mit seiner doppelschneidigen Axt gewaltig aus. Xar’non wich ihm aus und ließ sein Schwert seitlich auf die Halsberge der Rüstung des Braks krachen. Ohne Erfolg. Schnell tänzelte er zurück.

      ›Ich darf dem Arsch nicht zu nahe kommen.‹

      Der Brak war komplett in eine stählerne Rüstung gehüllt. Übersät mit scharfen Ecken, Kanten und Dornen. Xar’non hatte zu oft schon mit ansehen müssen, wie ein Brak mit so einer Rüstung einfach einen Gegner in den Arm genommen und zu Tode gedrückt hatte. Also: Abstand!

      Sechs Krieger waren sie gewesen und jetzt waren nur noch er und der Brak übrig. Jeder gegen jeden hatte es geheißen. Wie immer, auf Leben und Tod. Nur für ihn ging es heute sogar um die Freiheit. Xar'non schaute nochmal durch die Arena.