Friederike Elbel

Versteckspiel mit T-Rex


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      Friederike Elbel

      Versteckspiel mit T-Rex

      Jugendroman

      Thulefenchen Verlag

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      Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

      Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im

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      © 2020 Friederike Elbel

      Lektorat: Thomas Hunnekuhl

      Layout und Satz: stellaplan x-media-publishing, stellaplan.de

      Coverbild: thekunterbunter.de Marlene Bucka

      Herstellung und Verlag: epubli

      ISBN: 978-3-XXXX-XXXX-X

      Versteckspiel mit T-Rex

      I

      Robert lag ausgestreckt auf seinem Bett. Die Arme hinter seinem Kopf verschränkt, starrte er nachdenklich die Decke an. Seine Augen folgten den träge kreisenden Bewegungen des Ventilators, der die heiße, stickige Luft, anstatt sie zu kühlen, gleichmäßig im Zimmer verteilte. Die Hitze war ungewöhnlich für den Staat Washington und sie hatte bereits viele Waldbrände und große Schäden verursacht. Der nächste Tag sollte laut Wetterbericht endlich Regen bringen. Die Hitze machte Robert träge und seine Augenlider waren schwer wie Blei. Er kämpfte gegen die Müdigkeit an, denn eigentlich musste er ein Problem unvorstellbaren Ausmaßes lösen. Es war ein Problem, an dem sogar Menschenleben hingen und vor dem bestimmt noch niemals ein 12-jähriger Junge gestanden hatte. Doch seine Müdigkeit war stärker. Nicht nur die Hitze machte ihn kraftlos, sondern auch das nächtliche Gassigehen und das ständige Stöckchenwerfen. Der Glücksdrache seiner kleinen Geschwister war verrückt danach. Natürlich bestand das eigentliche Ziel darin, den Glücksdrachen so zu ermüden, dass er tagsüber schlief, da er womöglich allein durch sein Erscheinen ahnungslose und hilflose Menschen in Angst und Schrecken versetzen würde.

      Robert schlief über sein Problem ein und wie nicht anders zu erwarten war, folgte es ihm in seine Träume nach. Er träumte davon, dass er ausgestreckt auf dem Boden eines urzeitlichen Dschungels lag und wie gelähmt auf der Erde verharren musste. Er hörte ein unheimliches Schniefen, das immer näher kam, und bei jedem Schritt des Ungeheuers bebte die Erde. Er wollte fliehen, doch sein Körper schien wie festgenagelt am Boden zu haften. Schon traf ihn der heiße Atem des Urzeitmonsters im Gesicht. Aber er wurde freundlicherweise nicht gleich gefressen, da sich das Ungeheuer zuerst auf seiner Brust niederließ und ihm mit einer grauenhaften Langsamkeit den Brustkorb eindrückte. An ein Entkommen war nicht mehr zu denken. Er schnappte nach Luft und schüttelte in hilfloser Abwehr seinen Kopf hin und her, obwohl er sich in seinem Traum bewusst war, dass er dadurch das Interesse des Urzeitmonsters auf sich lenken würde. Und er schüttelte seinen Kopf in Abwehr derart heftig, dass er dadurch aus seinem Albtraum langsam aufwachte. Schweißgebadet lag er in seinem Bett und fühlte sich irgendwie stranguliert, als ob ihm etwas die Luftzufuhr abschnüren würde. Vorsichtig öffnete er seine Augen. Genau vor ihm saß das Grauen auf seiner Brust und grinste ihn an. So quälend sein Traum auch gewesen sein mochte, die Wirklichkeit sah weitaus bedrohlicher aus. Zwar steckten die Gefahr und das unfassbare Grauen noch in den Windeln, und auch die Zähne konnte Robert, wenn er mit dem Finger über die zukünftigen messerscharfen Zahnreihen strich, noch nicht fühlen, doch es war alles nur eine Frage der Zeit. „Genau genommen ist es nicht mein Problem“, überlegte er. Schließlich handelte es sich um den Glücksdrachen seiner kleinen Geschwister. Doch als verantwortungsvoller älterer Bruder konnte er das Tier unmöglich mit den gerade mal fünf Jahre alten Zwillingen allein lassen. „Sie werden mir meine Fürsorge sicherlich nicht danken“, unterhielt er sich mit dem Reptil und hoffte, dass das Tierchen, das weiterhin auf seiner Brust saß und ihn mit schief gehaltenem Kopf beobachtete, sich möglicherweise seine Stimme einprägen würde. Vielleicht ließe sich das Urzeitmonster später, wenn die unvermeidliche Wachstumsphase einsetzte, mit der Vertrautheit seiner Stimme besser lenken.

      „Kaum zu glauben, aber meine kleinen Geschwister glauben wirklich, ich will dich ihnen wegnehmen“, plauderte er weiter mit dem Tier. Selbstverständlich wollte er Miranda und Sebastian nicht ihres Glücksdrachen berauben, falls es sich um einen solchen auch tatsächlich handelte. Die Möglichkeit einer derartigen Existenz war aber nahezu ausgeschlossen, denn so etwas gab es auf der Erde nicht. Er hatte es also möglicherweise mit etwas weitaus Schlimmeren zu tun und musste seine Geschwister schlicht vor tödlichen Gefahren schützen, wie beispielsweise aufgefressen zu werden. Robert versuchte seine Gedanken zu disziplinieren und an etwas Positives zu denken. Unterdessen war das Problem mit einem Satz auf den Boden gesprungen und hatte sich laut schmatzend über seinen Fressnapf mit Haferschleim hergemacht. Robert drehte den Kopf nach links und schielte über die Bettkante auf den Fußboden, um den Glücksdrachen seiner Geschwister besser beobachten zu können. Das Viech fraß den Haferschleim, als ob es ihn erlegen wollte. Zwar war das Tierchen noch ein Baby, aber bis zu welchem Alter würde es sich mit Haferflocken zufriedengeben, fragte er sich. Irgendwann würde es merken, dass Fleisch auch ganz gut schmeckte, schließlich war es ein Karnivore, ein Fleischfresser. Und zu allem Überfluss noch das übelste Tier, dass jemals auf diesem Planeten gelebt hatte. Robert wollte lieber nicht daran denken, wie sich ein solcher Dinosaurier allein mit Haferflocken ein Lebendgewicht von 14 Tonnen anfressen konnte, ein Gewicht, das vergleichbar mit einem großen Lastwagen mit Anhänger war. Bestimmt würde er sich bald ein anderes Fressen suchen. Die Frage war nur, welches? Hasen? Rinder? Schweine? Nachbarshunde? Menschen? Bei dem Gedanken wurde Robert übel. Daher überlegte er, wie er sich des Problems in Gestalt eines Dinosauriers am besten entledigen konnte und die einzige plausible Lösung bestand in dem möglichst schnellen Verschwindenlassen desselbigen. Wobei dies schon allein wegen der Empfindlichkeiten seiner Geschwister schonend vonstattengehen musste, wie beispielsweise das heimliche Herunterstupsen von der Klippe oder ähnliches. Es musste vor allem wie aus Versehen ausschauen. Natürlich war ihm sehr wohl bewusst, dass es sich um reines Wunschdenken handelte. So ein Tier verschwand nicht einfach, zudem standen seine beiden kleinen Geschwister einer einfachen Lösung im Wege. Einmal hatte er vorsichtig versucht ihnen das Problem zu erklären. Er hatte sie auf den Arm genommen und ihnen mit besonders feinfühlender Stimme versucht zu erklären, dass es auch gemeine Tiere gab, die ihrem Glücksdrachen erstaunlich ähnlich sahen und T-Rex genannt wurden und nicht ohne Grund Könige der Terrorechsen hießen. Und dass, selbst wenn das Saurierbaby noch so niedlich aussah, wovon natürlich außer seinen beiden kleinen Geschwistern niemand überzeugt war, es sich niemals um einen Glücksdrachen handeln konnte. Eher um einen Unglücksdrachen, einen zukünftigen Menschenfresser eben. Doch alle Warnungen verpufften ungehört und Miranda und Sebastian versteiften sich sogar zu der Ansicht, alle Menschen würden ihren Glücksdrachen lieben und sie darum beneiden. Dass die Menschen begreiflicherweise Todesangst beim Anblick eines T-Rex verspüren würden, konnten sie nicht verstehen. Glücklicherweise hatte Robert die beiden am Morgen zumindest daran hindern können, ihr neues Haustierchen mit in den Gottesdienst zu nehmen. Wenigstens ein kleiner Erfolg. Er schwang seine Beine über die Bettkante und setzte sich auf. Was er seinen kleinen Geschwistern wirklich übelnahm, neben der Tatsache, dass er nachts und möglichst im Verborgenen mit einem T-Rex Gassi gehen musste (das Viech hatte schließlich eine Verdauung), war die mangelnde Bereitschaft der beiden, die Entstehungsweise des Urzeitviechs aufzuklären. Sie ließen sich nur zu Antworten herab wie: „Was meinst du damit?“ oder „Wieso fragst du?“ Daher sah er sich gezwungen, eigene Nachforschungen anzustellen. „Dann schauen wir mal nach, woher du kommst“, scherzte er mit seinem Zimmergenossen, dessen Augen ihn fixierten, als ob er ihn verstanden hätte. Seine Mutter und die Zwillinge erwartete Robert erst um die Mittagszeit zurück. Er hatte sich um den Gottesdienst und die Sonntagsschule drücken können, offiziell wegen einer Mathematikarbeit, in Wahrheit wollte er möglichst ungestört herausfinden, wie zwei 5-jährige es bewerkstelligen konnten, aus einem viele Millionen Jahre alten Dinosaurier-Ei einen T-Rex auszubrüten. Aus diesem Grunde wollte er ihr Kinderzimmer durchsuchen. „Verdammt, es hätte auch ein anderer Dinosaurier sein können, aber nein, die beiden müssen sich ausgerechnet einen T-Rex zulegen“, schimpfte er. Die Kinderzimmer, die eigentlich nur aus einem großen Zimmer