Rainer Seuring

Utz wider die Alben


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hat sich hoch oben zu einer dichten Wolke gesammelt. So kann es wirklich niemals Sommer werden hier. Sogar so ein dämlicher Riese hat mehr Grips, als ich, denke ich. Der wusste, wovon er redet. Ob es dieses Kraut für Riesenwachstum wirklich gibt? Gerade noch kann ich einem der durch die Luft fliegenden Felsbrocken ausweichen, der mit kräftigem Plumps neben mir zu Boden fällt. Greift mich da einer an? Oder nur Schussligkeit?

      „Passt auf da drin. Ich habe keine Lust, euch als Mahlzeit zu dienen. Nur weil wir nichts Essbares finden, will ich nicht erschlagen werden.“ Auch so ein Blödsinn der Götter. Wir werden bestraft, weil wir getötet haben und jetzt hat die Natur zugeschlagen und unsere Körper verlangen nicht mehr nur Obst und Getreide und Gemüse. Jetzt soll es auch Fisch und Fleisch sein. Da muss man doch töten. Oder sollen wir das am Ende auch noch verschuldet haben? Die dussligen Elben packen ihren Auftrag nicht mehr, die Erde und die Natur zu befrieden, nur weil ihnen elf abhanden gekommen sind. Ein Witz! Egal, ich hab die Regeln nicht gemacht. Sollen die Götter doch zusehen, wie sie ihren geliebten Spielplatz Erde wieder in Ordnung kriegen. Ist nicht mein Problem. Ich will jetzt Essen, das ist mein Problem. Wie krieg ich etwas? Es dunkelt schon und ich kann nicht mehr sehr weit sehen. Im Wasser brauche ich nicht zu suchen. Um etwas mit meiner Macht fangen und greifen zu können, muss ich es sehen. Ich spüre sogar große Wale in der Nähe, aber ohne Sicht klappt das nicht. Ich werde mal auf die Felsen dort klettern. Vielleicht kann ich von dort oben etwas erblicken.

      Beim Klettern merke ich, dass in meinem Körper auch Muskeln arbeiten. Hände und Arme schmerzen, bei der ungewohnten Betätigung.

      Mist, glatt. Auf dieser bescheuerten Insel ist alles beschissen. Fast wäre ich abgestürzt. Donnerwetter schon so hoch. Fast hundert Fuß, das hätte sich rentiert.

      Geschafft. Oben.

      Was ist das denn? Ist das Fleckchen hier das einzige, das nicht weiß ist? Ich hasse dieses Unschuldsweiß. Und verdammt windig ist es hier oben auch noch. Brrr, dabei kann ich mich doch nicht konzentrieren. Vielleicht hilft es, die Augen zu schließen. Die Tränen, die der eisige Wind heraus zwingt, hindern mich sowieso nur.

      Mmh, so auf die Schnelle ist jetzt nichts zu entdecken. Außerdem lenkt mich schon wieder dieses neue Gefühl im Bauch ab und die geschlossenen Augen tun ein Übriges, um ganz andere Gedanken zu haben. Ich spüre die Kälte nicht mehr. Dafür Hände, die mich langsam und zärtlich streicheln. Von den Schultern sanft herab, bis auf die Hüften. Nun gleiten sie vor auf den Bauch und während die eine langsam nach oben zu den Brüsten wandert, hat sich die andere zwischen meine Beine verirrt. Ich atme schwer. Mir wird heiß und begierig, mehr zu genießen, lehne ich mich zurück, wo ich männliche Erregung und sicheren Halt spüre.

      Halt!?!

      Ich reiße die Augen auf. Ich spüre heißen Atem in meinem Nacken und Arme, die mich im Augenblick meines Widerstandes sofort wie Klammern halten. Am Geruch erkenne ich -„Alamon, lass mich los.“

      „Das fällt mir doch jetzt grad überhaupt nicht ein. Wo es doch so schön ist und noch schöner werden wird.“

      Dieser schmierige Tonfall erregt meinen Ekel. Heftig presst er seine Männlichkeit zwischen meine Pobacken. „Ich will jetzt nicht und mit dir schon gleich gar nicht.“ Augenblicklich packt er mich fester und schleudert mich zu Boden. Im Fallen drehe ich mich, um einen weiteren möglichen Angriff abzuwehren. Ich stolpere rückwärts, schlage mit dem Kopf auf und bin kurzzeitig benommen. Das nutzt er sofort aus. Schnell ist er über mir.

      „Das ist schade, dass du nicht willst.“ Dieser aggressiv harte Ton ist wieder der normale Alamon. „Aber ich will jetzt. Genau jetzt!“

      Immer noch benommen und wehrlos spüre ich, wie er sich unter meinen Gewändern zu schaffen macht, sofort eindringt und heftigst immer und immer wieder zustößt. Ein wahnsinniger stechender Schmerz rast durch meinen Körper. Ich schreie, versuche, mich zu wehren, doch mit eisernem Griff hält er mich fest und mit seinem Gewicht presst er mich auf den Boden. Da ist es auch schon vorbei.

      Schwer atmend kniet er vor mir. Sein Samenspender hängt nass und schlaf herab. Ich komme wieder zu mir.

      Rache! Und Gelegenheit!

      Beide Beine ziehe ich an und stoße sie, so fest ich kann, in seinen Unterleib. Eine sehr schmerzhafte Erfahrung für Alamon. Diese Stelle ist äußerst empfindlich. Aufschreiend taumelt er einige Schritte rückwärts, krümmt sich und greift sich zwischen die Beine.

      Jetzt bin ich im Vorteil, du Dreckskerl. Voller Wucht trete ich ihm unter das Kinn, dass sein Kopf nach hinten geschleudert wird. Er fällt zu Boden. Ich trete immer und immer wieder zu. Kopf, Rücken, Bauch, gleich wie er liegt oder was ich treffe. Die Wut muss raus.

      Der glatte Untergrund tut ein Übriges und langsam rutscht und windet sich Alamon näher an den Abgrund. Nur noch einen Dreher mehr und er ist gewesen.

      „Töte mich nur, Irandina. Das macht gar nichts. Du wirst es sehen. Mich wirst du nicht los.“

      Er ist kaum zu verstehen, so sehr blutet er aus dem Mund, aber sogar jetzt bringt er noch sein zynisches Lächeln zustande. Das reicht! Ein letzter Tritt.

      „Bis bald, Irandina!“

      Ein vernehmliches Krachen beendet seinen Sturz in die Tiefe. Vor Schmerz die Hände auf den Bauch gepresst, trete ich vorsichtig nach vorn und blicke auf das Ergebnis meiner Raserei hinab. Auf dem abschüssigen und vereisten Hang ist Alamon noch ein gutes Stück weiter gerutscht, eine deutliche Blutspur hinter sich lassend. Bar jeglicher Reinheit schießt Alamons schwarze Seele in den Himmel. Auch in unserer Höhle hat man den Aufprall gehört und schon bald ist die Leiche von den anderen umringt.

      Mühsam klettere ich wieder hinunter zu den übrigen Alben. Alle sehen mich an.

      „Mag den jemand essen?“

      Kopfschütteln erhalte ich als Antwort.

      „Der ist bestimmt giftig.“, meint Morlogane. „Ein Wunder, dass er nicht an seinem eigenen Gift verreckt ist.“

      Mit einer unterstützenden Armbewegung hebe ich den toten Körper mit meinen Gedanken hoch, lasse ihn durch die Luft fliegen und weit draußen, weil ich ihn nicht mehr sehen kann, stürzt er ins Meer. Ich hätte ihn am liebsten noch weiter weg geschafft.

      „Nun, ich denke, ich werde jetzt hier das Kommando übernehmen.“

      „Da hast du wohl falsch gedacht, Irandina. Das wird Guggeri machen.“, bekomme ich von Elrone zu hören. Überrascht blicke ich die Beiden an. Wie sie sich an ihn heran drängt. Die sind sich wohl mehr als einig.

      „Bilde dir keine Schwachheiten ein. Nur weil du Alamon erledigt hast, bist du nicht automatisch unsere Führerin. Hättest du ihn nicht von den Felsen gestoßen, hätten wir schon für sein Ableben gesorgt. Du hast uns Arbeit abgenommen. Danke dir. Das war´s. Jetzt gehen wir alle erst einmal hinein und beratschlagen uns. Wir sind nicht von Alamons Schlag und bilden uns nicht ein, die Weisheit gepachtet zu haben. Auch wenn wir uns alle so ungeheuer mögen, müssen wir gemeinsam überleben. Das sollte Grund genug sein, unsere Abneigung gegen einander zu überwinden.“

      Das war Guggeris Antrittsrede auf die keinerlei Widerspruch folgt. Warum auch. Irgendwo haben sie leider Recht und außerdem: Sie sind zu Zweit.

      Ich taumele und erkenne neben mir wieder Irandina. Tief, sehr tief atme ich durch. Ich bin so erschöpft, dass ich mich nieder knien muss. Ich spüre Trost auf mich wirken. Gilbret ist tatsächlich unsichtbar bei mir. Danke.

      „Das war der erste Teil meiner Geschichte. Du darfst nun aufwachen, doch schon morgen werden wir uns wieder sehen.“

      * * * * *

      „Muss es denn so schnell weiter gehen, Irandina? Ich bin noch völlig erschöpft und die Niederschrift hat mich zusätzlich noch angegriffen. Deine Geschichte ist fürchterlich.“

      „Es tut mir wirklich aufrichtig leid, dass ich dich so quälen muss, doch ich tue es nicht aus eigenem Willen. Ich wurde dazu bestimmt, dir von damals