Achim Grauer

Occupys Soldaten


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href="#u8b8a34cf-81ff-595d-8dd9-16ad69c4b3cc">Es werde Licht

       Danksagung

       Impressum neobooks

      Inhalt

      Der Vorstand der deutschen Bank, Dr. Johann Schollenbruch, wird entführt und taucht in einem Internet Video als Geisel von „Occupys Soldaten“ auf. Zeitgleich erschüttert ein Brandanschlag auf das renommierte Bankhaus „Moor & Moor“ die Republik: Eine neue Generation der RAF scheint geboren.

      Feuerwehrmann Jacub „Jack“ Kosinski ist als Erster am Tatort. Er rettet die einzige Überlebende des Infernos und macht eine folgenschwere Entdeckung: Leichen scheinen sich in Luft aufzulösen. Opfer scheinen Täter zu sein. Und (Geld-)Adel verpflichtet im 21. Jahrhundert offenbar höchstens noch zu Größenwahn und Psychosen. Denn der Kopf der Terrororganisation „Ocuppys Soldaten“ ist kein anderer als Karl von Moor, Erstgeborener des Bankenimperiums – und der hat nichts weniger im Sinn als eine neue, „reine“ Gesellschaftsordnung. Neben dem medienwirksam zur Schau gestellten Sterben des Finanzhais Schollenbruch will Gutmensch Karl seinem raffgierigen Bruder Franz eine Lektion erteilen. Doch das geht gründlich schief – fortan läuft alles aus dem Ruder: aus dem hehren Träumer Karl wird ein zynischer Mörder und sein großspuriger Bruder Franz entpuppt sich als durchgeknallter Psychopath, der nur noch eines im Sinn hat: Rache.

      Ungewollt und völlig unvorbereitet durchkreuzt Feuerwehrmann Jack Kosinski die Pläne der beiden Brüder – und wird von da an zum Gejagten, auch des BKAs, in Gestalt des undurchsichtigen Sonderermittlers Armin Rodgaus. Zur falschen Zeit am falschen Ort geht es für Jack plötzlich um alles: seine neue Liebe, sein Leben – und das Leben seiner Kinder. Dass am Ende nur Franz den Kopf verliert, ist wenig beruhigend. Denn Karl hat noch ein letztes strahlendes Ass im Ärmel.

      Widmung

      Für Ben

      Zitat

       Die glücklichen Sklaven sind die erbittertsten Feinde der Freiheit.

       Marie von Ebner-Eschenbach

      Prolog

      

       Sie stand inmitten des tosenden Feuermeers. Wie eine griechische Statue. So schön, so kalt, so seelenlos. Die Sprinkleranlage mühte sich vergebens, dem Feuer Herr zu werden. Lediglich eine kleine Gruppe der reichlich im Raum verteilten Sprühköpfe verströmten einen feinen Nebel im Raum. Kaum berührte er Haut und Kleidung der erstarrten Frau, schien er wieder zu verdampften und umhüllte sie wie ein zarter schützender Kokon. Ein schlafender Racheengel, unwirklich und schön.

      

      Der Alarm kam um 23:58 Uhr und tauchte die Frankfurter Feuerwache 1 schlagartig in gleißendes Neonlicht. Aus allen Richtungen eilten die fünfundzwanzig Männer und Frauen der Berufsfeuerwehr in die Fahrzeughalle, schlüpften in Windeseile in ihre Schutzanzüge und überprüften ihre Ausrüstung auf Vollzähligkeit und Funktion. Vereinzelte Flüche gingen im Heulen der Sirene unter.

      Feuerwehrhauptmann Jack Kosinski kam als einer der letzten aus dem Fitnessraum gehumpelt. Er war in die Konsole das abrupt zum Stillstand gekommenen Laufbands geschossen. Die Blicke seiner feixenden Kollegen quittierte er mit einem säuerlichen Lächeln, während er seinen Schutzanzug überstreifte und die Ausrüstung kontrollierte. Die Fahrt zur Taunusanlage 11 im Bankenzentrum dauerte keine sieben Minuten. Aus dem kurzen Briefing erfuhr Jack, dass der sechzehnte Stock des Hochhauses in Flammen stand. Die Hochsicherheitstüren zu den betroffenen Büros des Bankhauses Moor & Moor ließen sich nicht ohne Spezialschlüssel öffnen. Die zuständige Sicherheitsfirma war nicht zu erreichen und bis die Sprengstoffexperten vor Ort waren, um die Tür aufzusprengen, konnte es für die eingeschlossenen Personen im Bürokomplex zu spät sein. Laut Concierge, der auch den Brand gemeldet hatte, befanden sich außer den beiden Söhnen des Bankentycoons Moor noch mindestens drei weitere Personen im Bürokomplex.

      „Zeit für Helden“, hatte Einsatzleiter Kurt Böhnlein sarkastisch geknurrt und die Höhenretter des Löschzuges aufs Dach des Hochhauses beordert. Ein Beobachtungsposten mit Nachtsichtgerät und Wärmebildkamera war im Gebäude der Deutschen Bank direkt gegenüber schon auf dem Weg nach oben. Der Späher war Jacks Lebensversicherung, sollte er einen Weg in das brennende Stockwerk der Taunusanlage 11 finden.

      Jetzt stand Jack am Rand der Hochhausfassade in fünfundsiebzig Metern Höhe. Um ihn herum funkelte die Skyline Mainhattens verschwenderisch in der Nacht. Wovon er allerdings nichts bemerkte. Er war in den Tunnel eingetaucht. Konzentrierte sich ganz auf die nächsten Sekunden. Ging den Ablauf wieder und wieder in Gedanken durch. Hatte er etwas übersehen? Stimmten seine Berechnungen? Er durfte sich keinen Fehler erlauben. Denn Fehler endeten hier meist tödlich.

      Noch konnte er nicht wissen, dass sein größter Fehler schon darin bestanden hatte, heute überhaupt zum Dienst zu erscheinen. Jack hob den Kopf, ging in bester Ronaldo-schießt-gleich-nen-Freistoß Manier einige Schritte rückwärts, gab dem Kollegen am Sicherungsseil das Zeichen, nahm Anlauf und sprang über die Kante des Hochhausdaches. Jede Faser seines Körpers war zum Zerreißen gespannt, während er in die bodenlose Nacht stürzte. Eine Welle puren Adrenalins schoss durch seinen Körper, als das Seil sich mit einem scharfen Ruck straffte und Jack für den Bruchteil einer Sekunde knapp achtzig Meter über dem Asphalt schwebte. Die Zeit schien stillzustehen. Als hätte sie ihren Fauxpas bemerkt, bemühte sie sich aber sofort wieder die vertrödelten Sekunden aufzuholen und schleuderte Jack dem Erdboden entgegen. Der zappelte und wand sich wie ein Aal, als der freie Fall in eine Pendelbewegung überging.

      Dreh dich zur Scheibe hin. – Mach schon! Er schoss jetzt wie eine menschliche Abrissbirne auf das Panoramafenster im sechzehnten Stock zu. Den Glasbrecher hielt er wie eine Lanze weit von sich gestreckt. Was für eine saublöde Idee, dachte Jack noch, dann durchschlug die Spitze des Glasbrechers die Scheibe und Jack flog eingehüllt in einer Scherbenfontaine quer durch das Flammenmeer.

      Füße zusammen, Knie zusammen! – Hüfte eindrehen! – Füße zusammen! – Knie zusammen! – Hüfte eindrehen! Die Merksätze für den perfekten Landefall geisterten durch seinen Kopf, während er sich im Bemühen auf den Beinen zu landen, drehte und wand wie eine Katze. Die Ledersitzgruppe direkt am Fenster machte Jacks Anstrengungen mit einem Schlag zunichte. Das Hindernis rammte ihn förmlich von den Beinen und katapultierte ihn weiter in den Raum. Sich überschlagend polterte er über den polierten Designerfußboden und kam stöhnend neben einem Sitzsack zum Liegen. Jack zwang seinen adrenalinüberfluteten Körper zur Ruhe und kontrollierte den Sitz seiner Atemschutzmaske. Gierig sog er den Sauerstoff in die Lungen und löste sich von dem Sack, der ihn vor dem Aufprall auf den Tresen einer Küchenzeile bewahrt hatte. Da gefror ihm das Blut in den Adern. Der Sitzsack war menschlich. Jack starrte fassungslos in das pockennarbige Gesicht eines untersetzen mittelalten Mannes, der wohl zusammengekrümmt am Tresen gelehnt hatte, bevor Jack in ihn hinein gerauscht war. In einer völlig sinnlosen Geste drückte der untersetzte, kahlköpfige Kerl die Hände auf den Bauch, um zu verhindern, dass der sich vollends von innen nach außen stülpte. Jemand hatte ihm in den Magen geschossen.

      Was zum Teufel ist hier los?, fragte sich Jack und seine Nackenhaare stellten sich auf, während sein Blick durch den Raum irrte. – Da sah er sie.

      Trotz der Hitze lief Jack ein Schauer über den Rücken. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte er sie für moderne Kunst gehalten. Eine Skulptur. Doch was da reglos keine fünf Schritt von ihm entfernt im flammenden Inferno stand, war tatsächlich eine Frau aus Fleisch und Blut. Mit einer beinahe körperlich spürbaren