Helga Bögl

Ella - Braves Mädchen - Wegwerf-Frau


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      Helga Bögl

      Ella - Braves Mädchen - Wegwerf-Frau

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Die Trennung

       Erinnerungen an die Kindheit

       So war das mit der Heirat

       Es lockt die Liebe

       Die Kinder

       Der Traum vom Haus

       Der Führerschein

       Gemobbt im Trennungsjahr

       Die Scheidung und die Zeit danach

       Liebe zur Musik mit kritischen Texten

       Dämon Alkohol

       Immer wieder Schicksalsschläge

       Tiefe Wunden

       Israel – eine beeindruckende Reise

       Das Leben geht weiter

       Traurige Erlebnisse im Pflegeheim

       Die Familie

       Liebe geht und Liebe kommt

       Impressum neobooks

      Die Trennung

      Mit einem lauten Knall schlug Ella die Wohnzimmertüre hinter sich zu. Sie war wütend und hatte sich wieder einmal mit ihrem Mann Paul gestritten. Es ging immer um das gleiche Thema: Sie wollte die Scheidung und er nicht. Hinter der Türe konnte man ihn noch toben hören, aber es war kein richtiges Toben, es war mehr ein Gelalle, weil er schon wieder einmal getrunken hatte. Er war Alkoholiker, und seit Jahren ging das nun schon so. Immer wieder, wenn Ella von einer Scheidung sprach, fing er an zu toben. Er hatte es ja auch sehr bequem hier im Haus. Ella kümmerte sich um alles. Neben ihrem Beruf versorgte sie nicht nur ihn und ihren jüngsten Sohn Tobias, sondern auch noch Haus und Garten. Sie liebte ihr Haus, das sie damals nur bauen konnten, weil sie viel Unterstützung von ihren Eltern und einen Bausparvertrag von ihrem Bruder bekommen hat.

      Von ihren drei Kindern war Tobias der Jüngste, und er war auch der einzige, der noch zu Hause wohnte. Er stand kurz vor dem Diplom, und das war auch der Grund, warum sie immer noch hier geblieben ist. Sie wollte warten, bis er seinen Dipl.-Ing. in der Tasche hatte, aber sie hatte es satt, die beiden hinten und vorne zu bedienen. Tief in ihrem Herzen wartete sie auf ein Wunder, das die Lösung zu ihren Problemen bringen würde. Sie wusste, sie würde eine Scheidung nur erreichen, wenn sie beide, wie es das Gesetz verlangt, ein Jahr getrennt von Tisch und Bett leben würden, doch dass sie und Paul unter einem Dach leben würden war nicht möglich.

      Seit Jahren führten sie und Paul schon keine Ehe mehr. Es war nur noch so ein „Nebeneinanderherleben“ wegen der Kinder. Paul sah Ella schon längst nicht mehr so, wie ein Mann seine Frau sieht. Er betrachtete sie wie sein Eigentum. Sie hatte manchmal das Gefühl, er sah in ihr so eine Art Nippesfigur, eine, die man im Schrank stehen hat, mit der man nichts anfangen kann, aber die man auch nicht hergeben möchte, weil man sie keinem anderen gönnt. Er hatte keine Hobbys, saß den ganzen Tag vor dem Fernseher und trank eine Flasche Bier nach der anderen. Tobias, dem das Lernen leicht fiel, war nicht viel besser als sein Vater. Manchmal hatte er gar keine Lust, zur Uni zu gehen, und oft lag er noch im Bett, wenn Ella bereits aus dem Büro heimkam. Keiner der beiden machte auch nur einen Finger krumm, um sie zu unterstützen.

      Es war zum Verrücktwerden, und sie hatte das Gefühl zu ersticken, wenn sie noch länger bleiben würde. Schon seit Tagen grübelte sie, wie es weiter gehen sollte, und sie hatte für alle Fälle bereits einen Koffer mit dem Nötigsten gepackt. Sie war fest entschlossen auszuziehen. Sollten die beiden doch mal sehen, wie sie zurechtkamen.

      Heimlich hatte sie sich ein kleines Apartment gemietet, in das sie sich immer dann zurückzog, wenn sie es zu Hause nicht mehr aushielt. Aber das war natürlich nicht der einzige Grund. Sie hatte seit Jahren einen Geliebten, mit dem sie sich hier, meistens am Wochenende, traf. Und es gab noch einen weiteren Grund, sie hatte ein schönes Hobby. Sie liebte das Schreiben, und das konnte sie zu Hause nicht. Seit Paul wegen seiner Trunksucht verfrüht in Rente geschickt wurde, war er meistens schon am frühen Morgen angetrunken. Er meckerte und stänkerte ständig und gab einfach keine Ruhe. Manchmal war es überhaupt nicht mehr auszuhalten. Hier aber hatte sie ihre Ruhe. Sie schrieb ab und zu Artikel für eine kleine Zeitschrift an ihrem Ort. Sie schrieb gerne Gedichte, die auch schon veröffentlicht worden sind.

      Paul und sie hatten bereits seit Jahren getrennte Schlafzimmer, und wenn sie ihn rumoren hörte, was nicht selten vorkam, lag sie so manche Nacht wach und wünschte sich dann, in ihrem Apartment zu sein. Weil sie sich mit ihrem Beruf und mit ihrer Familie überfordert fühlte, flüchtete sie immer öfter in ihre kleine Welt, in das Apartment. So auch heute, und sie war fest entschlossen, Paul endgültig zu verlassen. Sie nahm sich vor, gleich morgen ihre Anwältin anzurufen.

      Mit dem Koffer in der Hand hatte sie, ohne ein Wort zu sagen, das gemeinsame Haus verlassen und fuhr in ihr kleines Reich, wie sie es nannte. Gleich nach dem Eintreten warf sie sich auf das breite, französische Bett in der Mitte des Raumes. Sie war unglücklich, unentschlossen und voller Zweifel, ob sie auch das Richtige getan hatte. Schon oft hat sie hier auf dem Bett gelegen und über ihr verpfuschtes Leben nachgedacht. In all den Jahren hatte sich eine Menge Groll angestaut, und sie hatte einmal gelesen, dass es hilfreich sein kann, seine Gedanken und seinen Ärger niederzuschreiben. Aber bei ihr war es ja nicht nur der Ärger. Sie hatte manchmal das Gefühl, als sei sie angekettet. Angekettet an Paul, und sie schaffte es einfach nicht, sich aus dieser Umklammerung zu lösen. In Gedanken flüchtete sie sich oft in die Vergangenheit.

      Alles hatte sie zum Schreiben vorbereitet. Die alte Schreibmaschine von zu Hause hergebracht und Papier besorgt, aber wo sollte sie beginnen? Sie fand einfach nicht die richtigen Worte, um mit ihrer Geschichte zu beginnen.

      Sie hatte nie das Bedürfnis gehabt, über ihre Kindheit zu sprechen, doch in letzter Zeit verirrten sich ihre Gedanken immer öfter in die Zeit, in der sie noch ein kleines Mädchen war. Es war schon merkwürdig, dass sie, immer wenn sie unglücklich war, und hierher flüchtete, an bestimmte Ereignisse in ihrer Kinderzeit denken musste. Vielleicht lag es ja daran, dass sie alles so lange hingenommen hatte, weil sie als Kind so streng erzogen wurde. Vater duldete keinen Widerspruch.