Erich Szelersky

Das Quaken der Frösche


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      ERICH SZELERSKY

      Das Quaken der Frösche

      Buch

      Zwei sehr unterschiedliche Männer begegnen sich zufällig auf einer Bank am Rhein zwischen Duisburg und Düsseldorf. Gerd Matuschak, früher einmal Stahlkocher in einem Hüttenwerk, hat Langeweile und sucht das Gespräch. Dr. Bernhard de Winter, Spross einer wohlhabenden Hugenottenfamilie, ehemaliger Vorstandvorsitzender eines Weltkonzerns und Mitglied der „feinen“ Gesellschaft, will seine Ruhe haben. Er kommt über den Tod seiner Frau nicht hinweg. Auch Gerd Matuschak ist Witwer und beklagt deren Tod. Beide Männer blicken auf ihre langen Leben zurück, die in ihrem Verlauf nicht hätten unterschiedlicher sein können. Ganz allmählich freunden sich die beiden an.

      Dabei spielt die Bank eine entscheidende Rolle. Hier treffen sie sich und sprechen über ihre Erlebnisse und Gedanken. Die Bank steht im Niemandsland zwischen den beiden Männern, quasi in der neutralen Zone zwischen einem Leben auf einer der unteren Sprossen der sozialen Leiter und einem ganz oben.

      Die Bank beherbergt mit den beiden Rentnern die Gesellschaft in ihrer gesamten Breite und spannt gleichzeitig einen Bogen, der die gesellschaftlichen Konturen verwischt. Soziale Unterschiede und Vorurteile verschwimmen durch die Freundschaft der beiden, die aus der Zufallsbegegnung entsteht.

      Autor

      Erich Szelersky begann nach seiner Pensionierung zu schreiben. Nach ´Alte Rechnungen´ ist dies sein zweiter Roman, in dem zwei sehr unterschiedliche Männer gegen Ende ihres Lebens zusammentreffen.

      Erich Szelersky lebt mit seiner Familie in Duisburg.

      Erich Szelersky

      Das Quaken der

       Frösche

      Roman

      epubli Verlag

      Copyright: © 2013 Erich Szelersky

      Druck und Verlag:

      epubli GmbH, Berlin

      www.epubli.de

      Umschlaggestaltung und Satz:

      Holger Pleus

      www.re-ality.de

      ISBN 978-3-8442-7038-9

      „Wir sind, was wir denken.

       Alles was wir sind, entsteht mit unseren Gedanken.

       Mit unseren Gedanken machen wir die Welt.“

      (Weisheit von Buddha)

      Es führen über die Erde Straßen und Wege viel,

       Aber alle haben dasselbe Ziel

      (Hermann Hesse)

      Zitate aus den Gedichten

       Im Nebel

       Baum im Herbst

       Allein

       von Hermann Hesse

      Prolog

      Trotz der Leere beeindruckte die Villa noch immer durch ihre Großzügigkeit, ihre individuelle Bauweise und ihre großzügige Lage in einem innenstadtnahen Park. Ganz nach dem persönlichen Geschmack seiner Erbauer, formschön und schnörkellos, war es im Stil des Bauhauses Ende der 1960er Jahre erbaut worden.

      Während des Tages hatten die Möbelpacker die Möbel hinausgetragen. Jetzt war Ruhe eingekehrt.

      Der alte Mann ging durch die um ihre Möbel beraubten Räume. Sein Gesicht war aschgrau und von Sorgenfalten durchzogen. Es war ihm anzusehen, dass er schon lange nicht mehr gelacht hat.

       Der alte Mann würde zukünftig nicht mehr in dem Haus leben, in dem er über vierzig Jahre seines Lebens gemeinsam mit seiner Frau und seinen drei Kindern verbracht hatte, denn er war gerade dabei, in ein Seniorenstift zu ziehen.

      Es war sein Haus, es war ihm sehr vertraut, und doch kam es ihm mit einem Mal fremd vor. Alles wirkte auf ihn so endgültig. Sein allerletzter Lebensabschnitt hatte begonnen. Das war nicht zu ändern. Aber der Gedanke daran erfüllte ihn mit Schrecken.

      Der Anblick der leeren Räume machte ihn traurig. Was hatte er hier alles erlebt? Seine lebenslustige Frau, die drei Kinder, Abende mit seinen engsten Freunden und rauschende Feste in großer Gesellschaft mit Geschäftsfreunden und Politikern.

      Nun stand das Haus leer, beraubt um all die Dinge, denen es einst Schutz geboten hatte und die ihm dafür die Besonderheit seiner Individualität gegeben hatten. Ein leeres Haus ist wie ein nackter Mensch. Nichts verstellt dem Betrachter den Blick auf das Ursprüngliche. Es gibt nichts, was verschönt oder etwas verbirgt. Ausschließlich das Objekt in seiner unschuldigen Nacktheit muss überzeugen.

      Das Haus hatte viele frohe Stunden seiner Bewohner erlebt, aber auch die große Trauer des Hausherrn, Bernhard de Winter, um den Verlust seiner Frau.

      Es hatte hilflos zusehen müssen und konnte nicht eingreifen als der alte Mann sich immer mehr in seiner Trauer vergrub und Halt im Alkohol suchte.

      „Es wird Dir im Seniorenstift bestimmt gut gefallen, Vater.“

      Seine Tochter begleitete ihn zu der großen Limousine, an deren rechter hinterer Tür ein Chauffeur stand und sich leicht verbeugte.

      „Guten Tag Herr Doktor.“

      „Guten Tag Siegfried.“

      Sie stiegen ein und der Wagen fuhr los. Dr. Bernhard de Winter schaute sich nicht mehr um.

       Erledigt.

      Seltsam im Nebel zu wandern!

      Einsam ist jeder Busch und Stein,

      Kein Baum sieht den andern,

      Jeder ist allein.

      1

      Er hatte die Bank durch Zufall entdeckt.

      Sie lag versteckt hinter einer ausgedehnten Ligusterhecke ganz am Ende des langen Deichweges, von dem aus man die ruhig dahingleitende Strömung des Rheins beobachten konnte.

      Seit seiner Entdeckung ging er häufiger zu der Bank. Sein Weg dorthin führte ihn von dem Altenheim, in dem er lebte, durch ausgedehnte Felder und vorbei an einem Reiterhof zu der einsamen Bank, zu der sich nur ganz selten Menschen verirrten.

      Im Altenheim langweilte er sich nur, obwohl er schon des Öfteren gefragt worden war, ob er sich nicht den anderen bei ihren Aktivitäten anschließen wollte. Aber er hatte immer abgelehnt. Bridge mit einigen der älteren Damen spielen mochte er nicht und Männer in seinem Alter lebten in dem Heim nur wenige. Auf der Bank aber hatte er seine Ruhe. Hier konnte er seinen Gedanken nachgehen und oft verlor er sich in den Erinnerungen an sein früheres Leben, das ihm, wenn er darüber nachdachte, manchmal wie das Leben eines ihm Fremden vorkam.

      Er saß dann da auf der Bank, stützte sich auf seinen Gehstock, den er zu seinem letzten Geburtstag geschenkt bekommen hatte, und sah dem Treiben auf dem großen Fluss zu. Schiffe mit bunten Flaggen, die, mal unter der großen Last, die sie trugen, tief im Wasser liegend gegen die Fluten ankämpften und mal unbeladen und leicht wie ein Delphin auf dem Wasser hüpfend, glitten an ihm vorüber. Er hatte sich einen Spaß daraus gemacht, zu erraten, aus welchem Land die Schiffe wohl kämen, und legte sich fest, bevor er die Nationalität an der Flagge am Heck erkennen konnte.

      Besonders beeindruckten ihn die Schubschiffe, die mit ihrer unbändigen Kraft manchmal so viele Leichter vor sich her schoben, dass aus diesem Gebilde ein Schiff von mehr als zweihundertfünfzig Metern wurde.

      Ein virtuelles Schiff, dachte er sich. Heute zweihundertfünfzig Meter und morgen nur noch die Hälfte.

      Auch das Wasser weckte sein Interesse. Es würde viel zu erzählen haben, wenn es zu ihm sprechen könnte. Wie es jung und frisch an der Quelle in den Bergen sprudelte, über die Klippen des Rheinfalles bei Schaffhausen rauschte und sich in der Behäbigkeit des Bodensees zerfaserte. Immer und immer wieder wurde es unterbrochen auf seinem langen Weg hinunter zum Meer. In Kraftwerken musste es sich durch Rohre