K.B. Stock

Die Firma des Piloten


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was er sich da so vorstellt.“

      „Das ist doch sehr nett von ihm, oder etwa nicht?“ „Ja sicher, aber dann wäre es bei mir mit der Fliegerei vorbei. Es gibt halt so gut wie keine Stellen für aktive Hubschrauberpiloten bei uns und selbst bei den Kollegen der Bundespolizei sitzt der höhere fliegerische Dienst meistens am Schreibtisch.“

      „Heißt dann wohl, du musst dich entscheiden, was dir wichtiger ist. Die Fliegerei oder deine berufliche Karriere“, meinte Markus sogleich. „Aber neben Aktenschieben, Lochen und Abheften gibt’s doch da trotz alledem noch ein paar Tätigkeitsfelder bei der Polizei, die auch ziemlich fordernd sind.

      Du musst ja nicht überall hinter ’nem Schreibtisch sitzen. Die Kripo1 München zum Beispiel oder unser LKA2 wäre doch für dich als Single vielleicht das Passende. Dazu müsstest du dich halt nur von der Bereitschaftspolizei in die entsprechende Dienststelle versetzen lassen.

      Und zu guter Letzt ist da ja auch noch dein alter Herr mit seiner großen Spedition. Will er dich nicht schon seit langem dazu überreden, deinen derzeitigen Job an den Nagel zu hängen und als Nachfolger bei ihm in die Firma einzusteigen?“

      „Hör mir bloß auf damit. Vater bekniet mich – wie du weißt – schon seit mindestens drei Jahren mit dieser Idee. Er hat ja damals, schon gleich nach dem Abitur, vehement dagegen protestiert, dass ich meinen Berufswunsch, Hubschrauberpilot bei der Polizei zu werden, tatsächlich durchgesetzt habe.“

      „Tja, Eltern kann man sich halt nicht aussuchen – auch wenn ich wüsste, was ich angesichts unseres eher bescheidenen Gehalts, an deiner Stelle tun würde. Dein Vater ist doch inzwischen bestimmt mehrfacher Millionär und hat eine großartige Firma. Was hindert dich also daran, dich ins gemachte Nest zu legen?“

      „Das mag ja alles sein, aber sein Geld steckt in der Firma – oder denkst du er hat das auf der Bank rumliegen?“ Noch während Michael Wagner bei dieser Antwort mit gerunzelter Stirn nachdenklich in seine Kaffeetasse starrte, erklang das – wie immer Nerv tötende Alarmhorn durch den Hangar.

      „Einsatz für Edelweiß drei! Überfall auf einen Geldtransport. Tatort ist die Raiffeisenbank am Bahnhof in Altenerding“, tönte es blechern über die Rundsprechanlage.

      „Die beiden Täter haben in der Liefereinfahrt der Bank ein gepanzertes Fahrzeug überfallen und dessen Fahrer sowie den Beifahrer niedergeschossen. Die Kollegen von der Streife sind bereits auf dem Weg dorthin. Bei dem flüchtigen Fahrzeug soll es sich nach Zeugenaussagen um einen dunklen Sportwagen handeln, der auf der Münchner Straße in südlicher Richtung flieht.“

      „Das ist ja mal gleich bei uns um die Ecke, den werden wir bald haben“, rief PHK3 Leitner seinem Piloten zu, während er mit ihm gemeinsam in den vor der Halle geparkten, weißblau lackierten EC-135 kletterte und seinen Fliegerhelm aufsetzte.

      Anstelle einer Antwort meldete sich Hauptkommissar Wagner mit dem Satz „München Radar, this is Edelweiß three. We are ready for Emergency-Take-Off“ beim Tower des Münchner Flughafens, während er die Turbine des Airbus EC-135 P2 auf Touren brachte.

      „Edelweiß three, you are cleared for Emergency Take-Off – proceed as requested. No crossing aircraft-traffic within the next 10 minutes“, antwortete die rauchige Stimme der Controllerin in der Flugsicherungszentrale, die alle Edelweiß-Crews per Funk sehr gut kannten. Nur hatte sich bisher noch niemand von den Hubschrauberbesatzungen getraut, ein Date mit ihr auszumachen.

      „Sind in der Luft“, meldete sich der polizeiliche Einsatzleiter Markus Leitner wenige Minuten später auf der Funkfrequenz der Einsatzzentrale seiner Staffel.

      „Okay, passt mal auf“, kam es von dort umgehend zurück.

      „Der flüchtige PKW hat soeben auf der Schlossallee in Höhe Bergham Fußgänger angefahren und ist Zeugen zufolge, ohne anzuhalten, weiter in südlicher Richtung unterwegs. Feuerwehr und Rettungskräfte sind alarmiert.“

      „Sag mal, das ist doch ganz in der Nähe eurer Spedition.“ „Ja, ich kenn’ mich da gut aus, schließlich bin ich da ja auch ganz in der Nähe daheim.

      Ich denke die wollen zur Flughafentangente und dann entweder zum Flughafen oder zur Autobahn – also Kurs 135 Grad. Wollen doch mal sehen, wer schneller ist – wir, oder diese Mistkerle“, knurrte PHK Wagner zurück, während er den Hubschrauber nach dem Passieren der südlichen Landebahn des Münchner Flughafens in eine leichte Linkskurve zog.

      „Wir sind jetzt über der Schlossallee und erreichen gleich Bergham. Siehst du schon was auf deinem neuen Wunderbildschirm?“, fragte Michael Wagner seinen Kollegen wenige Minuten später.

      „Nein, nichts bis jetzt. Doch, Moment mal, das da vorne muss die Unfallstelle sein, von der die Zentrale gesprochen hat.“ Damit deutete PHK Markus Leitner voraus, wo inzwischen viele blitzende Blaulichter am Boden zu sehen waren.

      „Gut, dann folge ich jetzt der Schlossallee weiter in Richtung Flughafentangente“, meinte PHK Wagner, als er schon von seinem Kollegen unterbrochen wurde. „Ein paar Knoten mehr wären gut – wir wissen ja nicht, wie weit diese Verbrecher noch mit ihrem Sportwagen fahren.“

      „Okay, aber zu schnell dürfen wir auch nicht fliegen, weil wir sie sonst möglicherweise übersehen“, erwiderte Michael Wagner sogleich.

      Doch die Suche aus der Luft erbrachte nicht den gewünschten Erfolg. Als der Hubschrauber Edelweiß 3 die Flughafentangente überflogen hatte und dieser Schnellstraße noch einige Minuten nach Süden und dann nach Norden gefolgt war, schimpfte Michel Wagner mit zorniger Stimme: „Mist verdammter, wir haben sie anscheinend verpasst. Soweit können sie selbst mit einem schnellen Sportwagen noch nicht gekommen sein.“

      „Die Schweine haben wahrscheinlich das Fahrzeug gewechselt. Wir brechen ab und sehen uns nochmal die Waldgebiete vor der Einfahrt zu Flughafentangente näher an“, erwiderte PHK Leitner, während sein Flugzeugführer den EC-135 wieder in eine enge 90°-Kehre Richtung Erding zog.

      „Ich funk’ mal die Kollegen an der Unfallstelle in Bergham an, vielleicht haben die ein paar neue Details zum gesuchten Fluchtfahrzeug“, meinte PHK Leitner. „Mach das, aber schalt mich dazu, damit ich deren Antwort mithören kann.“

      „Hier spricht Oberkommissar Schmidt von der PI4 Erding“, kam die Stimme des vor Ort befindlichen Streifenführers kurz darauf über Funk.

      „Wir haben hier einen Zeugen, der Stein und Bein schwört, dass es sich bei dem Sportwagen um einen dunkelgrauen Porsche Cayenne mit Starnberger Kennzeichen gehandelt hat. Und ich denke, dass er weiß, von was er spricht, denn er arbeitet als Verkäufer in einem hiesigen Autohandel.“

      „Danke Kollege Schmidt, wir suchen jetzt die Waldgebiete entlang der Schlossallee ab. Wenn wir was finden, melden wir uns wieder bei euch“, erwiderte Markus Leitner.

      „Moment noch, da wäre noch was. Mehrere Leute, die den Unfall beobachtet haben, sagen aus, dass der Porsche scheinbar ohne Grund auf den Fußgängerweg gefahren ist – ganz so, als ob er die beiden älteren Personen mit Absicht aufs Korn genommen hätte“, ergänzte POK5 Schmidt seine Nachricht per Funk.

      „Das wäre dann ja wohl versuchter Mord und kein Unfall mehr. Möglicherweise wollten die beiden Täter auf diese Weise die sie eventuell rasch verfolgenden Streifenwagen aufhalten, um sich damit Zeit zu verschaffen“, entgegnete Markus Leitner.

      „Ja, das könnte sein – ich habe deshalb auch bereits die Kollegen von der Kripo angefordert.“ „Und wie geht’s den beiden Unfallopfern?“, fragte Markus Leitner zurück. „Leider sind beide aufgrund ihrer massiven Schädelverletzungen noch am Unfallort verstorben.

      Die Notärzte konnten nichts mehr für sie tun. Wir sprechen demzufolge jetzt von Mord und nicht mehr nur von einem Mordversuch. Tut mir leid, dass ich keine besseren Nachrichten habe.

      Wir konnten übrigens die Opfer bisher noch nicht identifizieren, da sie keine Ausweispapiere bei sich hatten. Es handelt sich um ältere gut gekleidete Leute, wahrscheinlich ein Ehepaar, das bei dem schönen Wetter auf einem Mittagsspaziergang