K.B. Stock

Die Firma des Piloten


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vorgesehen, auf einem Sportfeld in der Nähe des Stadtzentrums absetzen, damit Sie den Herrn Ministerpräsidenten treffen können. Ein Fahrzeug, das Sie zu ihm bringt, wird dort bei unserer Ankunft bereits auf Sie warten. Wir fliegen derweil – da der Flugplatz in Vilshofen bereits überflutet ist – weiter zum Flugplatz Fürstenzell, tanken dort auf und kommen dann wieder zurück.

      Ich habe jetzt übrigens gerade die Katastrophenleitstelle der Landkreise über Funk am Ohr. Wenn Sie mithören oder mit denen sprechen möchten, schalte ich Sie dazu.“

      „Sehr gerne, Herr Leitner, aber ich will im Moment nur zuhören“, entgegnete der Minister sogleich. Doch ehe er sich noch auf den Sprechfunkverkehr konzentrieren konnte, blickte Karl Schwarz ungläubig auf die Bildschirme des seitlich neben ihm sitzenden EOS-Operators Dirk Petersen.

      „Das ist wirklich heftig, mein Gott – das da unten sieht ja aus, wie nach einem Krieg“, murmelte er in sein Headset, als der Hubschrauber in diesem Moment das Donaugebiet erreichte.

      „Ja, Regensburg hat’s anscheinend ordentlich erwischt, aber im Landkreis Deggendorf und vor allem in Passau sind den Einsatzmeldungen zufolge noch schlimmere Verwüstungen zu verzeichnen“, meldete sich jetzt wieder PHK Leitner zu Wort.

      „Wenn Sie genug gesehen haben, drehe ich jetzt in eine Rechtskurve und folge der Donau in Richtung Deggendorf“, schaltete sich der Pilot des Hubschraubers in diesem Augenblick in die Bordkonversation ein.“

      „Okay, machen Sie das Herr Wagner“, sagte Karl Schwarz, dessen anfängliches Erstaunen nun einem zunehmenden Entsetzen Platz gemacht hatte.

      „Sieht wirklich nicht gut aus“, merkte Markus Leitner in diesem Moment an, während der EC-135 sich gegen die Sturmböen entlang der A3 nach Südosten kämpfte.

      „Aber der Wind flaut langsam ab und wenn ich das vorhin richtig verstanden habe, beginnt auch der Donaupegel bei Passau inzwischen wieder langsam zu fallen“, sagte PHK Michael Wagner gerade über die Bordsprechanlage, als er kurz nach dem Überfliegen der Stadt Deggendorf auf ein akustisches Notsignal der örtlichen Rettungsleitstelle Hengersberg aufmerksam wurde.

      „Was ist das?“, fragte Minister Schwarz besorgt. „Keine Sorge, das kommt nicht von unserer Maschine, aber da vorne scheint jemand in Not geraten zu sein“, erklärte PHM12 Dirk Petersen umgehend.

      „Und immer, wenn so etwas geschieht, bekommen wir hier an Bord eine optische und akustische Warnanzeige.“

      „Tut mir leid, Herr Minister. Aber wir sind jetzt gefordert – auch wenn wir dadurch möglicherweise ein bisschen zu spät nach Passau kommen“, rief Michael Wagner in sein Headset, während Markus Leitner bereits auf die Sprechfrequenz der örtlichen Rettungsleitstelle wechselte.

      „Rettungsleitstelle, hier Edelweiß 3 – wir empfangen ihr Notsignal – wie können wir helfen?“, fragte er in den Äther.

      „Edelweiß 3, hier Florian 14/30, Rettungsleitstelle Hengersberg. Ein Donaudamm bei der Gemeinde Winzer ist vor wenigen Minuten gebrochen und hat einen unserer Feuerwehrkameraden mitgerissen, der gerade auf der Dammkrone war. Er hängt jetzt an einer Treibgutinsel ca. 800 Meter vor dem nächsten Wehr fest. Könnt ihr helfen – wir kommen mit unseren Booten nämlich bei dieser Strömung nicht dorthin.“

      „Florian 14/30, verstanden. Wir gehen jetzt kurz runter und bereiten eine Außenbergung vor. Melden uns gleich wieder!“, rief Markus Leitner in sein Mikro, ehe er sich auch schon von seinem Sitz losschnallte und die Seitentür des Hubschraubers aufschob.

      „Das muss jetzt perfekt klappen. Dirk, du suchst einen Absetzpunkt, wo unsere Gäste aussteigen können und ich mich ans Außenseil einklinken kann. Ich trenne jetzt die Kabelverbindung zur Sprechanlage und schalte auf Helmfunk um.“

      „Halt Markus!“, rief Michael Wagner in diesem Moment. „Der Landepunkt, den mir Dirk grade gibt, ist viel zu gefährlich. Der Boden dort direkt am scheinbar festen Ufer ist eindeutig zu glitschig und der Boden viel zu aufgeweicht.

      Wir machen das deshalb so – du steigst am Landepunkt aus und ich halte unseren Heli knapp über dir, damit du die Traglast-Seilwinde aktivieren kannst. Dann hängst du dich ein und ich ziehe dich wieder hoch.“

      Kurz nach hinten gewandt, fuhr PHK Wagner fort: „Sorry, Herr Minister – aber so wie es aussieht, werden Sie beide wohl an Bord bleiben müssen.“

      Obwohl die entsetzten Augen von Innenminister Schwarz etwas Anderes ausdrückten, sagte er dennoch ruhig: „Verstanden Herr Wagner, machen Sie weiter – ich vertraue auf euer Können.“

      „Bin am Seil!“, meldete sich wenige Minuten später PHK Leitner, dem es nach zwei erfolglosen Versuchen endlich gelungen war, sich an der von ihm zuvor freigelegten Außenlastwinde des Hubschraubers festzuklinken.

      „Zieh langsam hoch, damit ich über die Bäume da vorn komme – und halt unseren Heli endlich mal gerade“, schimpfte er gleich hinterher.

      „Halt die Klappe Markus, ich bin ja schon dabei!“, antwortete Michael, ehe er auch schon rief: „Dirk, gib mir die Richtung!“ „Bleib so, du bist genau auf Kurs“, antwortete PHM Petersen trocken.

      „So, bin jetzt über diese Scheißbäume drüber – du kannst mich jetzt langsam wieder tiefer durch die Luft rudern lassen“, knurrte Markus Leitner kurz darauf an seinem Seil unter dem Hubschrauber.

      „Dreh’ noch ein bisschen mehr nach 1 Uhr, genau – da vorn hängt der Feuerwehrmann – ich hab’ ihn genau im Visier“, meldete Dirk Petersen in diesem Moment.

      „Danke Dirk. Markus siehst du ihn – er trägt ’ne orangegelbe Rettungsweste!“

      „Ziel erfasst“, kam es umgehend von Markus zurück. „Wir sind genau auf Kurs – und jetzt – mach’ langsamer und lass mich vorsichtig runter. Mist, er kann sich scheinbar kaum noch halten,“ kam es gleich darauf von PHK Leitner.

      Doch es benötigte nach dem ersten, noch einen weiteren Versuch, ehe PHK Leitner den inzwischen wild um sich rudernden Feuerwehrmann zu fassen bekam.

      „Scheißdreck, diese Treibinsel scheint langsam auseinander zu brechen“, alarmierte Markus im gleichen Augenblick per Funk und auch vom knapp über der Wasseroberfläche äußerst niedrig fliegenden Hubschrauber konnte man sehen, dass sich das Konglomerat aus Ästen, kleinen Stämmen und sonstigem Treibgut durch den Rotorabwind langsam aufzulösen begann.

      Während Markus den verunglückten Feuerwehrmann an sich krallte und dessen Hüftgurt in rasender Geschwindigkeit per Karabinerhaken an seiner Tragschlaufe befestigte, brach das Treibgut in der immer noch rasenden Strömung mit einem lauten Knall entzwei.

      „Hoch, hoch – mach schon!“ rief Markus seinem Freund und Piloten Michael zu, der den EC-135 sofort ein ganzes Stück weit anhob. „Haben wir euch beide sicher am Seil?“, fragte er gleichwohl mit ruhiger Stimme. „Ja, alles klar – das war ziemlich knapp, mein Lieber“, erwiderte Markus Leitner per Funk.

      „Dirk – Meldung an Florian 14/30 – wir haben ihn“, sagte Michael Wagner zu seinem dritten Besatzungsmitglied, während er den Hubschrauber behutsam in Richtung Donauufer drehte.

      „Die sollen uns jetzt sofort einen nahegelegenen Landeplatz zuweisen, wo wir unsere ‚Außenfracht’ vorsichtig absetzen können.“

      „Hier Florian 14/30. Wir haben mitgehört“, meldete sich der Einsatzleiter der Rettungsleitstelle in diesem Moment per Funk.

      „Leute, ihr habt’s wirklich drauf. Danke, dass ihr unseren Mann gerettet habt. Euer Landepunkt ist der Sportplatz bei der Gemeinde Bergham, nur knapp einen Kilometer von euch entfernt. Ich sende euch gerade einen Positionsmarker. Zwei RTW13 von uns sind mit Notarzt bereits vor Ort.“

      „Danke Florian, wir landen in knapp einer Minute. Stellt euch auf Unterkühlung ein. Und bitte weist eure Rettungskräfte darauf hin, dass die beiden per Seil an unserem Außenlasthaken hängen, und nicht an unserer Rettungswinde – denn dafür hatten wir keine Zeit mehr. Und ehe die zwei da unter uns nicht in Sicherheit sind, kann ich