das sich nähernde Geräusch von gepanzerten Schritten zu hören, „deine Freunde sind unterwegs …“
Lucianas Augen weiteten sich und keinen Augenblick zu früh warf sie sich mit einer Hechtrolle unter den schweren Holztisch, zückte den versteckten Dolch und kauerte sich zusammen, als die Tür donnernd nach innen aufgebrochen wurde.
Gardisten stürzten in den Raum, stürmten mit hoch erhobenen Schwertern auf die Banditen und diese schrien wütend auf, rannten den Gardisten entgegen und direkt über dem Tisch krachten die beiden Gruppen zusammen; das Klirren von Klingen übertönte beinahe das Geschrei der Kämpfenden und Luciana umklammerte den Dolch fester, rollte sich in Richtung der gardistischen Seite unter dem Tisch hervor, sprang in die Hocke, ließ den Dolch durch die Luft wirbeln und einer der Banditen stürzte mit einem erstickten Schrei zu Boden – der Dolch steckte genau in seiner Wirbelsäule. Sie krabbelte rückwärts von den Kämpfenden weg, wich den trampelnden Schritten der Gardisten aus, bis ihr Rücken auf die alte Holzwand traf und sie sich keuchend aufrappelte.
Ein Priester des Letzten Herrschers trat ein, seine weißen Gewänder schienen in dem schummrigen Licht zu leuchten und er hob die Hände, zeichnete eine Glyphe in die Luft und drei der Banditen wurden durch die Luft geschleudert, gingen während ihres Fluges in Flammen auf und landeten in einem Häufchen Asche auf dem Holzboden.
„Beim Letzten Herrscher, ergebt euch!“, schrie einer der Gardisten und ein kleiner Bolzenhagel ging auf die wenigen verblieben Banditen nieder; einige fielen tot zu Boden, durchbohrt von einem Metallbolzen, die anderen warfen ihre Streitkolben hin und hoben die Hände über den Kopf, als sie erkannten, dass weiterzukämpfen sinnlos war.
„Wir ergeben uns!“, rief einer von ihnen aus und wedelte wild mit den Händen, als der Priester sich daran machte, noch eine Glyphe in die Luft zu zeichnen. Staunend sah Luciana dabei zu, wie das Symbol in der Luft in Form von rötlichem Licht sichtbar wurde. Panische Angst zeichnete sich in den Zügen der verbliebenen Banditen ab; da schoss aus dem Nichts ein Seil und umspannte sie alle, zurrte sie zusammen und mit grimmiger Zufriedenheit ließ der Priester die Glyphe wieder verschwinden. Es war schnell vorbei gewesen und doch hatte Luciana das Gefühl, es hätte ewig gedauert – sie konnte gut spionieren und nach Informationen suchen, aber an das Töten hatte sie sich noch nie gewöhnen können.
Und das ist es, was mir meine Menschlichkeit erhalten hat!, dachte sie, als sie sah wie einer der Gardisten dem Größten der Banditen verächtlich ins Gesicht trat.
Rasch zählte sie die Toten und die Lebenden; ein leiser Fluch lag auf ihren Lippen und sie rieb sich erschöpft die Stirn.
„Gute Arbeit …“, ließ sich einer der Gardisten vernehmen; es war derselbe, der vorhin Zweifel an ihrer Kompetenz geäußert hatte.
Luciana ließ die Hand von ihrer Stirn sinken und sah ihm direkt in die Augen, ein trauriges Lächeln umspielte ihre Lippen und sie deutete auf die gefesselten Banditen, die nun um Gnade winselten, während die Gardisten die Umgebung nach Beweisen und Dokumenten absuchten.
„Das kann gut sein, aber zwei sind entkommen …“, erwiderte sie dann und ihr Blick fiel auf den abgeschlagenen Armstumpf; Drake war entkommen – weder konnte sie seine Leiche sehen noch, weilte er unter den Gefangenen … und ebenso wie Drake fehlte auch der Fremde mit der Kapuze, der ihr das Leben gerettet hatte. Sie dachte zurück an seine Stimme, daran, wie er geredet hatte.
Nein, korrigierte sie sich in Gedanken, von den Banditen ist nur einer entkommen. Der Fremde … gehörte nicht wirklich zu ihnen; er war jemand anderes, jemand bedeutenderes. Nur dass ich wohl keine Gelegenheit mehr bekommen werde, herauszufinden, wer er war.
Mit einem Stöhnen stieß sie sich von der Holzwand ab und trat hinaus ins Freie, wo einige Gardisten die Zivilisten fernhielten und schnell eine kleine Barrikade um das Haus herum aufstellten; sie wusste, wie es weitergehen würde – es war immer so.
Gerade öffnete der Priester die Pergamentrolle, die das Strafgesetz des Ordens enthielt und begann laut und deutlich vor dem Haus die Verbrechen vorzulesen, die die Banditen begangen hatten … oder von denen der Orden wollte, dass die Bürger sie ihnen anrechneten.
Zumindest bezweifle ich, dass einer von denen zu einem Steuerdelikt in der Lage ist … dazu muss man rechnen können, lachte Luciana in Gedanken freudlos und ließ sich auf einen der Sandsäcke nieder, die zum Erbauen der Absperrung dienten.
Sie selbst hatte nicht die besten mathematischen Fähigkeiten und Lesen und Schreiben hatte sie wegen ihrer Herkunft erst gelernt, als Godric ihr geholfen hatte, in die Stadtgarnison zu kommen.
Ihre Zieheltern waren arme Menschen gewesen und wegen ihr waren sie tot und sie mit ihrer jüngeren Stiefschwester Alicia alleine.
„… und deswegen verurteile ich euch Kraft meines Amtes als Vertreter des Letzten Herrschers, unseren Gottes, zum Tode!“, endete der Priester und rollte die Pergamentrolle zusammen; er nickte den Gardisten unauffällig zu und diese holten Fackeln, während die restlichen die Bürger vertrieben und auseinander drängten. Als die Banditen zu verstehen begannen, was ihnen blühte, fingen sie an, zu schreien, sich in ihren Fesseln zu winden, um sich zu befreien; erfolglos.
Einer der Gardisten winkte den Banditen noch mit einem hämischen Grinsen zu, bevor sie die Fackeln in das ausgelegte Stroh warfen und die metallene Tür langsam zuschoben. Luciana verzog das Gesicht. Die Schreie begannen erst leise, wurden immer lauter, schwollen zu einem nicht enden wollenden Chor aus Schmerzensschreien an, der nach kurzer Zeit vom Fauchen der Flammen übertönt wurde.
Und wieder habe ich nicht das Gefühl, das Richtige getan zu haben …
Luciana blickte sich um und sah, wie die anderen Gardisten sich laut lachend auf die Schultern klopften und laut Trinksprüche in die Morgensonne riefen, für diejenigen unter ihnen, die gefallen waren. Einer der Gardisten setzte sich neben sie auf die Sandsäcke und lehnte sich entspannt zurück, folgte mit seinem Blick dem Schauspiel des Feuers.
„Ich muss zugeben, ich hätte nicht erwartet, dass Ihr es unter solchen Männern so lange aushaltet, Herrin“, gab er leise zu und Luciana sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen von der Seite an.
Sie stand im Rang über den Gardisten; schon oft hatte sie Fälle gelöst, wo alle anderen männlichen Gardisten kläglich versagt hatten – doch noch niemals hatte einer von ihnen Respekt geäußert.
„Männer sind leicht zu durchschauen“, erwiderte Luciana mit einem spielerischen Lächeln und der Gardist lachte leise, deutete auf die andere Straßenseite und klopfte Luciana leicht auf die Schulter.
„Dann hoffe ich, dass unser Hauptmann Darion vom Orden auch ein Mann wie jeder andere ist. Paladine sind nicht dafür bekannt, uns Gardisten gratulieren zu wollen …“
Luciana fuhr herum und sprang auf, als alle Gardisten sich erhoben und hastig ein Spalier bildeten, durch das der Paladin in silberner Rüstung hindurchschritt.
Die grauen Rüstungen der Gardisten erschienen matt und kraftlos im Vergleich zur strahlenden silbernen Rüstung des Hauptmanns der Unterstadt; Darion, der Sohn des zweiten Kronrichters Arovan – einer der unwichtigeren Männer im Orden, jedoch hielt er sich oft für den Letzten Herrscher persönlich … und wenngleich er im Orden selbst einen niedrigen Rang innehatte stand er weit über jedem Gardisten. Darion quittierte die Verneigungen und Respektsbekundungen der Gardisten mit einem selbstgefälligen Grinsen und seine dunkelbraunen Augen blitzten gefährlich auf, als er direkt auf Luciana zuhielt.
Sie verneigte sich tief.
„Vivat Valazar“, grüßte sie ihn und richtete sich wieder auf.
Niemand durfte den Namen des Letzten Herrschers aussprechen, es sei denn er grüßte einen seiner Krieger oder Priester; selbst nun, da sie nur seinen Namen gesagt hatte, spürte sie so etwas wie Ehrfurcht in sich anschwellen und mit einem Schlucken ignorierte sie die beiden Exekutoren zu Seiten des Hauptmanns.
Kälte ging von ihnen aus und der Geruch von altem Blut hing in der Luft, als sie näher kamen; Exekutoren waren die Elite des Letzten Herrschers, Wesen aus schwarzer Magie, die einmal Menschen