Alexander Mosca Spatz

Pfad des Feuers


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rief, trat sie hastig aus ihrem Zimmer und schritt eilig die Treppe hinab.

      Alicia war vom Erscheinungsbild her das genaue Gegenteil ihrer großen Stiefschwester.

      Langes, dunkles Haar umrahmte ihr jugendliches Gesicht und statt dem Blau ihrer Stiefschwester, bestachen ihre Augen durch ein kräftiges Grün; sie war siebzehn Jahre alt, elf war sie gewesen, als ihre Eltern umgekommen waren und Luciana sich um die beiden gekümmert hatte.

      Doch ihre kleine Stiefschwester war klug, schön und hatte sich als überaus überlebensfähig erwiesen in einem Land, in dem auf die Armen und Schwachen keine Rücksicht genommen wurde – Luciana war stolz auf sie.

      Als sie unten ankam, stand Alicia im Wohnzimmer und aß gerade von dem Laib Brot, den Luciana nach dem Einsatz nach Hause gebracht hatte.

      „Was ist denn los, Schwesterherz?“, fragte Luciana besorgt und Alicia deutete mit einem Nicken in Richtung der Tür.

      „Da steht ein Paladin vor der Tür mit einer riesigen Kutsche und wartet auf dich, Luci. Muss ich mir Sorgen um meine große Schwester machen?“

      Mit einem Lächeln schüttelte Luciana den Kopf und drückte ihrer Stiefschwester im Vorbeigehen einen Kuss auf die Wange.

      „Ich wurde von General Aaron gerufen, Schwesterchen …“, Luciana hielt kurz inne und vergewisserte sich, dass der Paladin von draußen sie nicht würde hören können, „und es könnte sein, dass ich danach einen tödlichen Auftrag habe.“

      Alicias Augen weiteten sich und sie starrte ihre große Stiefschwester verstört an, bevor sie nach ihrer Hand griff und sie fest drückte.

      „Ich kann das hier nicht alleine, Schwester! Ich brauche deine Hilfe bei alldem hier!“

      Alicia deutete mit einer ausschweifenden Handbewegung auf das Haus und Luciana nickte verständnisvoll, gab ihrer kleinen Stiefschwester einen Kuss auf die Stirn und tätschelte ihr die Wange.

      „Wie oft habe ich dir schon beigebracht, dir keine Sorgen um mich zu machen? Mir kann jeden Tag etwas passieren, aber ich habe Freunde, die sich dann um dich kümmern“, sie zwinkerte ihrer Schwester beruhigend zu, „versprochen.“

      Nun trat doch ein Ausdruck von leichtem Zorn auf Alicias Züge und sie sprang von dem Stuhl auf, stieß Luciana vorwurfsvoll vor die Brust.

      „Denkst du, das ist meine Sorge?“, stieß sie aus.

      „Denkst du, ich habe Angst, zu verhungern, wenn du stirbst? Ich mache mir Sorgen um dich, weil du meine Schwester bist! Ich wüsste nicht, wem ich noch vertrauen könnte, wenn dir etwas zustieße! Dass ich mich um mich selbst kümmern müsste, ist meine geringste Sorge, glaub mir!“

      Sie funkelte Luciana wütend an und hinter ihrer Maske aus Wut erkannte Lucianas geübter Blick sofort die echte Sorge um ihre große Schwester.

      Ich wünschte, ich könnte sie beruhigen, schoss es Luciana durch den Kopf und sie ließ ein wenig den Kopf hängen, wich dem Blick ihrer kleinen Schwester aus.

      Oder wünsche ich mir nur, mich selbst beruhigen zu können? Ich kenne viele Gardisten, die nach einem Ruf eines Paladins nie wiedergekehrt sind. Wir Gardisten sind für sie ersetzbar, einfache Werkzeuge. Wenn ein Auftrag für sie zu gefährlich wird, rufen sie uns …

      „Es wird alles gut werden“, versicherte Luciana ihrer kleinen Stiefschwester schließlich und klopfte ihr beruhigend auf die Schulter.

      „Warte nicht mit dem Abendessen auf mich. General Aaron will mich in einer Taverne treffen. Vielleicht lädt er mich ja ein …“

      Das bezweifelte Luciana zwar ernsthaft, doch das musste Alicia nicht wissen.

      Schließlich galt auch in Moréngard das, was in jeder anderen Stadt galt, wenn man für den Staat arbeitete: selig waren die Unwissenden.

      Mit einem Seufzen trat sie an die Tür, öffnete sie und der junge Adept vor der Tür verneigte sich tief.

      „Verehrte Dame …“, huldigte er sie und machte eine ausschweifende Handbewegung in Richtung der Kutsche, die vor ihrem Haus stand.

      „General Aaron erwartet Euch bereits in der Taverne 'Zur silbernen Klinge' in der Oberstadt. Er wünscht ein besonderes Anliegen mit Euch zu besprechen. Gibt es etwas, das ich für Euch tun kann, bevor wir gehen?“

      Lucianas Augenbrauen wanderten in die Höhe und sie zog leise die Tür zu ihrem Haus zu; sie verkniff sich ein lautes Lachen.

      Manchmal freue ich mich, niemals als Adelige geboren worden zu sein … sonst müsste ich genauso sprechen, wie dieser Kerl hier.

      Sie beäugte ihn kurz, dann schüttelte sie den Kopf und hob stolz das Kinn.,

      „Ich bin schon lange fertig, verehrter Herr. Ich warte nur auf Euch …“, erwiderte sie und der Mann lief rot an, stammelte eine Entschuldigung und eilte sofort zur Kutsche, um ihr die Türe zu öffnen.

      Mit einem selbstgerechten Grinsen stieg sie in die Kutsche ein und der Mann schloss hinter ihr die Tür, sprang neben den Kutscher und Luciana lehnte ihre Stirn an das Holz des Wagens, schaute hinaus. Regentropfen trafen auf das dünne Fenster, erst einzelne, dann immer mehr und Luciana schloss die Augen, ließ ihrer Müdigkeit freien Lauf, während das beruhigende Prasseln sie langsam in den Schlaf wiegte.

      Kontrolliere es!, hallten die Worte ihrer Mutter in ihren Ohren wider und Lucianas Lider zuckten unruhig.

      Die Welt brannte! Feuer fauchte, um sie herum tobten die tödlichen Flammen! Der beißende Rauch hing in Schwaden in der Luft, trieb ihr die Tränen in die Augen, füllte ihre Lunge und augenblicklich begann es in ihrer Brust zu brennen, sie schrie auf und presste eine Hand auf den schmerzenden Bauch. Blut floss an ihrem Arm hinab, tropfte auf den Boden. Schreie hallten durch die große Lagerhalle, reglose Gestalten bedeckten den Boden. Ihr ganzer Körper schien nur noch aus stechenden Schmerzen zu bestehen, ihre Glieder brannten förmlich, dennoch richtete sie sich mühsam auf und sah sich entsetzt und wankend um. Ritter in silbernen Rüstungen ritten auf schwarzen Hengsten durch die Halle, ihre Schwerter funkelten in dem Licht der Flammen und fuhren durch die Menge der Fliehenden, Pfeile sirrten durch die Luft und erstickte Schreie zeugten davon, wenn einer traf. Einer der Ritter kam auf sie zugeritten, streckte eine Hand nach ihr aus. Sie wich wie gelähmt einen Schritt zurück, hatte Mühe auf dem Boden nicht auszurutschen. Dann war der Ritter vor ihr, wiehernd erhob sich das schwarze Pferd und atmete verängstigt aus den großen Nüstern aus. Der Ritter beugte sich tief zu ihr herunter und reichte ihr eine Hand, schrie sie an, sie solle aufsteigen! Zögerlich streckte Luciana ihre Hand nach der des Ritters aus, ihr Blut machte es ihr schwer die Handfläche des Ritters richtig zu greifen. Verzweifelt schloss sich ihre Hand um die gepanzerten Finger des Ritters, sprang auf das Pferd und klammerte sich an die Rüstung des Ritters, schloss die Augen.

      Unter ihr bäumte sich das Pferd wild auf, wieherte laut und galoppierte los. Die Kraft ihrer Arme ließ nach, eine Welle der Erschöpfung schlug auf sie ein und einen Moment lang drohte sie vom Pferd zu fallen, doch sie spürte den eisernen Griff des Ritters, seinen Ruf, sie solle sich gut festhalten. Sie gehorchte. Sie hatte keine Kraft mehr, irgendetwas anderes zu tun. Sie würde hoffen müssen. Langsam öffnete sie wieder die Augen, spähte zurück. Die Flammen, die die Halle verzehrten, schossen an ihr vorbei, ihr Blickfeld verschwamm und das einzige was sie sah, war dieses Rot, durchzogen von schwarzen Schatten, die vor den Pfeilen und den gezogenen Schwertern flohen. Plötzlich durchbrach ein wilder, lauter Aufschrei das Fauchen des Feuers und eine schwarze, massige Gestalt stürmte zwischen den Flammen hervor, rannte auf das Pferd zu. Dabei schwang sie einen großen Streitkolben in der rechten Hand. Der Ritter riss die Zügel zurück, das Pferd schnaubte wütend und blieb abrupt stehen. Weitere Gestalten lösten sich aus dem tobenden Feuersturm, umzingelten sie langsam, aber sicher. Sie saßen in der Falle. Das Pferd trat unruhig von einem Huf auf den anderen, tänzelte im Kreis, während der Ring der schwarzen Gestalten immer enger wurde. Sie meinte ganz sicher ein dreckiges, mehrstimmiges Lachen aus den Schreien und dem Sirren der Pfeile heraus hören zu können und sie klammerte sich verkrampft an den Ritter.

      Auf