Alexander Mosca Spatz

Pfad des Feuers


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      Ein Auftragsmörder also … ich als Adept des Ordens sollte entweder die Garnison alarmieren oder versuchen, ihn auf eigene Faust zu erwischen, damit ich ihn befragen kann. Vielleicht, wenn ich ihm eine kleine Falle stelle …

      „Kann ich dir noch was bringen, Jungchen?“, fragte der Wirt belustigt und Sirian schüttelte den Kopf, erhob sich und atmete tief durch.

      „Danke, nein, ich denke …“´, er stockte und warf aus den Augenwinkeln einen misstrauischen Blick auf den Mann mit der Pfeife, „ … es ist besser, wenn ich jetzt gehe.“

      Der Wirt schnaubte leise, nickte in Richtung Tür und streckte sich genüsslich auf dem Stuhl; für ihn war Sirian bereits fort. Sirian trat leicht bebend aus der Taverne und draußen schüttelte er sich in der eisigen Kälte, schlug die Arme um sich. Hoch über ihnen donnerte es laut und Sirian fluchte leise. Das Regenwasser der letzten Tage war fast nicht mehr abgeflossen; sollte es jetzt noch einmal so regnen, wäre das Viertel wieder überflutet.

      Sirian unterdrückte einen weiteren Fluch, sprang von den Stufen der Taverne hinab und machte sich auf zum Haus seiner Schwester, wobei er plante, einen kleinen Umweg einzulegen.

      Ich weiß noch immer nicht, wie ich es ihr sagen soll. Es könnte jederzeit soweit sein und sie denkt, sie wäre vollkommen gesund und habe nur ein kleines Fieber; Fieber lässt sich mittlerweile ziemlich leicht heilen, aber die Eversia … die ist unheilbar!

      Als er wieder um die Ecke bog, die den Blick auf die Taverne verdeckte, hörte er, wie die Tür der Taverne laut zugeschlagen wurde. Verwundert blieb er stehen und lauschte. Jemand sprang von den Stufen, landete mit einem lauten Klatschen in eine der zahllosen Pfützen und lief schnell und vor allem viel zu leise in Sirians Richtung. Anstatt schnell weiterzulaufen, schlich Sirian zu der Ecke zurück und warf einen schnellen Blick auf die Straße, die zu der Taverne führte. Der Mann aus der Taverne, der mit der Pfeife, eilte in seine Richtung, das lange blonde Haar war im Nacken zusammengebunden. Sirian wusste, wann ein Mann, der langes Haar trug, dieses zusammen band.

      Nämlich wenn man einen Kampf erwartet!

      Sirian wich einige Schritte zurück, weg von der Ecke und aus dem Sichtfeld des Mannes. Er musste hier weg und zwar schnell! Sirian drehte sich um und sprintete in das Labyrinth aus dunklen Gassen, jedoch nicht zum Haus seiner Schwester! Er musste den Mann, diesen Avon, von seiner Schwester ablenken. Sirian war es nicht gewohnt, lange zu rennen. In dem Training des Ordens, hoch in den Bergen hinter Moréngard lehrte man jemanden, schnell zu sein und zwar auf eine kurze Distanz, um Fliehende einzuholen. Doch niemand kam auf den Gedanken ihnen beizubringen, lange Strecken ohne Pause zu rennen. Man dachte, das andere Training würde die Ausdauer schon genügend fördern und damit hatten die Lehrmeister auch prinzipiell Recht, aber während Sirian sprintete, hörte er auch auf die Schritte Avons. Avon trabte mit konstanter Geschwindigkeit hinter Sirian her, verlor nicht ein Mal die Balance, während Sirian immer wieder auf dem nassen Kopfsteinpflaster ausrutschte und manchmal sogar fast hinfiel. Avon schien extra dafür trainiert worden zu sein, lange Strecken schnell zu laufen.

      Ich muss ihn umgehen, indem ich meine Kenntnis des Gebiets nutze! Ich habe den Heimvorteil und kann ihm so entkommen, ohne dass er mich sieht oder hört!

      Doch je weiter Sirian rannte, desto heftiger wurden seine Schmerzen, seine Seite schien förmlich zu brennen und seine Rippen fühlten sich an, als bohrten sie sich gerade in die Lungen!

      Hinter ihm hörte er die Schritte Avons, ein rhythmisches Aufeinandertreffen von Pfützen und Stiefeln, immer wieder, immer im selben Abstand.

      Verzweiflung ergriff Sirian, als er noch einmal realisierte, dass er sein Schwert nicht mitgenommen hatte. Er war vollkommen wehrlos! Panisch bog er scharf ab, in eine der engeren Gassen und rannte sie entlang, dabei über die Schulter zurückblickend. Anscheinend hatte Avon ihn verloren, denn er kam nicht in die Gasse! Sirian wollte schon triumphierend jubeln, als er endlich nach vorne schaute und beinahe gegen die solide Steinmauer gerannt wäre, die vor ihm aufragte. Schlitternd kam er zum Stehen und schlug gegen die Steinmauer, als könne er sie mit den bloßen Händen einreißen.

      „Nein!“, flüsterte er atemlos und ignorierte das Brennen und Stechen in seiner Seite.

      Am Eingang der Gasse wurden die Schritte wieder lauter, Sirian schlug noch einmal mit der Faust an die Mauer, versuchte an ihr hoch zu springen. Es gelang ihm nicht! Er steckte fest! Fest in einer Sackgasse, in der es kaum Licht gab, in einer Sackgasse, die so eng war, dass man nur durch den Eingang wieder hinaus konnte. Durch den Eingang, den Sirians Verfolger nun blockierte.

      „Hallo Sirian“, hauchte der Mann leise, doch Sirian konnte es genau verstehen. Jedes einzelne, verdammte Wort.

      „Was willst du?“, fauchte Sirian zurück und sah sich hektisch nach etwas um, das er als Waffe einsetzen konnte, sollte es zu einem Kampf kommen. Er fand nichts!

      „Was ich will?“ Avon lachte laut auf und trat federnden Schrittes näher.

      „Kannst du es dir nicht denken? Ich habe doch gesehen, wie du den Wirt über mich ausgefragt hast und ich denke du weißt, wer ich bin und was ich tue.“

      Im schwachen Licht vermochte Sirian ein gehässiges Grinsen auszumachen und er wich mit dem Rücken an die Wand zurück, drückte sich an das kalte Gestein.

      „Du willst mich töten?“, flüsterte Sirian heiser und spannte sich innerlich an. Avon kicherte leise und Sirian hörte, wie eine Klinge aus einer Schwertscheide gezogen wurde, das Metall blitzte kurz im spärlichen Licht auf, das von einem einzigen Bullauge in der Gasse gespendet wurde.

      „Nein, nicht nur dich. Auch alle, denen du von Godrics Mord erzählt haben könntest. Die nette Frau am Stand, die Kräuter verkauft hat, haben wir schon … genauso wie den Wirt, obwohl ich zugeben muss, dass mir der alte Fettsack schon lange ein Dorn im Auge war, ich suchte nur nach einem Grund, ihn los zu werden.“

      Sirians Augen weiteten sich entsetzt und er sackte leicht in die Knie.

      „Das kannst du nicht! Der Wirt … ! Die anderen Gäste waren da! Sie hätten dich aufgehalten!“

      „Dummer Junge! Um die Uhrzeit sind normalerweise nie Arbeiter in der Taverne! Und das hat sich auch nicht geändert! Die Männer dort in der Taverne haben für mich gearbeitet!“

      Erneut lachte Avon, diesmal freudlos und schadenfroh.

      „Schade nur, dass ich nicht mehr gesehen habe, wie sie das fette Schwein erledigt haben, aber ich musste dir ja hinterher!“

      Avon war jetzt nur noch fünf Schritte von Sirian entfernt. Er musste nur springen und zustoßen, dann würde Sirian sterben – ohne sich auch nur im Geringsten wehren zu können.

      Erfahrene Paladine und Kämpfer wussten, wie man jemanden entwaffnete und die Waffe anschließend gegen den Angreifer benutzte, doch Sirian war nie ein Freund von Gewalt gewesen; er konnte das nicht!

      Ich muss Zeit gewinnen!, dachte Sirian panisch und versuchte seinen Atem zu beruhigen.

      Ich muss so viel Informationen wie möglich sammeln! Wenn ich es schaffe zu entkommen, dann könnte ich die Situation zu meinem Vorteil nutzen!

      „Für wen arbeitest du?“, platzte Sirian heraus und ging etwas in die Knie.

      Avon schnaubte und schüttelte den Kopf, hob das Schwert und Sirian wandte den Blick ab, schloss die Augen. Er konnte nicht ausweichen, der Platz reichte nicht und im direkten Kampf zwischen Fleisch und Stahl gewann immer der Stahl.

      „Ich werde es schnell machen, du wirst es gar nicht spüren. Nun vielleicht ein bisschen.“

      Das Grinsen auf Avons Lippen wurde breiter und er holte aus, um zu schlagen.

      Etwas raschelte. Sirian zuckte in Erwartung des Schlags zusammen, doch der Schlag kam nicht.

      Zögerlich öffnete Sirian die Augen und schaute zu Avon. Sein Arm war immer noch erhoben, bereit, das Schwert auf Sirian hinabfahren zu lassen, aber er schlug nicht zu, sondern blickte mit weit aufgerissenen Augen auf etwas über Sirian. Langsam, zögerlich