K.B. Stock

Im Wirbelsturm der Gefühle


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Bühne inspiziert habe, danach kann ich Ihnen das dann genauer sagen.

      Von einer Freundin vom Doc nehme ich übrigens für so eine Erstinspektion kein Geld – und dann können Sie ja morgen noch immer entscheiden, wie es danach mit Ihrem Oldtimer weitergehen soll.

      Nur für die nächsten Nächte werden Sie jedenfalls wohl oder übel eine passable Unterkunft brauchen, soviel steht jetzt schon mal fest.“

      „Ich bin nicht seine Freundin“, sagte Shania Baxter etwas patziger, als sie das eigentlich hatte sagen wollen.

      „Aber danke Hank – auch wenn das, was Sie mir gerade mitgeteilt haben für mich äußerst schlechte Nachrichten sind. Das heißt dann wohl, dass die Reparatur länger dauern wird. So ein Mist – und das ausgerechnet jetzt.

      Diesen alten Wagen hab’ ich mir nämlich vor meiner Abreise von einem Großteil meiner Ersparnisse gekauft – und für einen neuen hab’ ich momentan nicht genug Geld. Ich bin schon froh, wenn ich am Ende die Reparaturrechnung bezahlen kann.“

      Hank kratzte sich nachdenklich über seinen wikingerroten Haarschopf, ehe er vorsichtig antwortete: „Na ja, schöne Frau – sehen Sie, dieses Fahrzeug hat schon mehr als 40 Jahre auf dem Buckel. Und da muss ich erst mal nachforschen, wo ich Ersatzteile herbekomme.

      Vielleicht hab’ ich Glück und finde auf einem Schrottplatz noch was Passendes. Aber versprechen kann ich das im Moment noch nicht.

      Heute ist Dienstag. Morgen früh wissen wir genauer, was der Kiste fehlt und ob sich eine Reparatur noch lohnt.

      Ersatzteile besorgen und dann noch die Arbeitszeit für die Instandsetzung – also vor Ende der Woche wird das leider nix mit der Weiterfahrt.

      Immer vorausgesetzt alles läuft glatt, und ich finde die benötigten Teile irgendwo. So leid mir das tut, aber schneller geht’s wirklich nicht. Ich bin zwar ein leidlicher Mechaniker, aber zaubern kann ich leider auch nicht.“

      „Wenn einer Ihr Auto nochmal hinbekommt, dann ist es Hank. Er spricht nämlich mit den Maschinen, die er repariert. Auch wenn er gerade gesagt hat, er könne nicht zaubern – ich bin aber der Meinung, er kann das doch.

      Der würde sogar einen alten Ford T von 1928 irgendwie wieder zum Laufen kriegen“, mischte sich jetzt Jack in den Dialog ein, weil er die von Hanks Antwort überaus verzweifelte Miene der jungen Frau richtig interpretiert zu haben glaubte.

      Shania schien ihre noch verfügbare Barschaft im Kopf zu überschlagen, Gleich darauf wandte sich dann noch einmal an die beiden jetzt schweigenden Männer:

      „Also gut, kann mir einer von Ihnen eine preisgünstige Pension empfehlen, in der ich mit meiner Tochter solange übernachten kann?“

      „Könnten wir“, mischte sich Dr. Jack Bishop jetzt ein. „Aber das kommt überhaupt nicht in Frage. Sie können solange bei mir wohnen, mein Haus ist dafür groß genug und zwei Gästezimmer hat es auch.

      Also kommen Sie mit – bis zu mir nachhause ist es gar nicht weit. Und irgendwo müssen Sie und Ihre kleine Tochter in den kommenden Tagen ja schließlich bleiben.

      Was Ihren fahrbaren Untersatz angeht, haben Sie keine Angst – Hank und ich finden schon eine Lösung. Für unsere Hilfsbereitschaft sind wir in dieser Region ja schließlich schon immer berühmt gewesen, nicht wahr, Hank?“

      „Der Doc hat recht“, kommentierte der ca. 50-jährige Mechaniker diese Aussage seines Vorredners. „Und Sie brauchen sich vor ihm nicht zu fürchten – er ist nämlich ein richtig netter Kerl.

      Ich kenne ihn schon seit der Zeit, als er die Nachbarschaft noch mit seinen Jugendstreichen genervt hat.

      Früher war er zwar manchmal ein ziemlicher Filou, aber man konnte ihm schon damals bedenkenlos vertrauen. Also nehmen Sie sein Angebot ruhig an. Vor allem, weil es Sie nichts kosten wird. Und ein netter Kerl ist er ja schließlich auch.“

      Schon auf dem Nachhauseweg telefonierte Jack aus dem Auto heraus mit seiner Nachbarin Rosanna MacDermott und schaltete dazu die Mithöreinrichtung seines Mercedes GLS ein.

      „Tante Rosi, ich bringe nachher zwei Gäste von meinem Malausflug mit. Shania Baxter und ihre achtjährige Tochter Elli hatten eine Autopanne und müssen deshalb die nächsten Tage bei mir übernachten, während sich Hank Burton um ihr liegengebliebenes Auto kümmert.

      Wir sind in rund zwanzig Minuten daheim. Könntest du dann bitte mal zu mir rüberkommen und mir bei der Verpflegung meiner Übernachtungsgäste helfen. Du weißt ja, was für ein miserabler Koch ich bin.“

      „Geht klar“, hatte Rosi sofort erwidert. „Und ich bringe George mit, damit er dir beim Herrichten deiner Gästezimmer hilft. Deine Möbel dort drinnen sind ja noch in Laken eingepackt.

      Außerdem schicke ich ihn vorher noch zum Einkaufen, weil ich schätze, dass in deinem Kühlschrank mal wieder die gewohnt übliche Ebbe herrscht. Darüber hinaus bring’ ich aber auch noch eine Überraschung für deine Gäste mit.“

      „Wer war das – und von was für einer Überraschung hat sie gesprochen?“, fragte Shania Baxter ihren ungeplanten Gastgeber, wobei sich bei ihrem kurzen Lächeln über das mitgehörte Gespräch zwei äußerst apart anzuschauende Grübchen neben ihren Mundwinkeln bildeten.

      „Das war meine liebe Nachbarin Rosi MacDermott, wie sie leibt und lebt. Sie ist eine Freundin und sie wohnt mit ihrem Mann George gleich neben meinem Elternhaus.

      Als meine Eltern vor vielen Jahren bei einem Flugzeugabsturz starben, hat sie sich meiner angenommen. Ich war damals kurz vor meinem Collegeabschluss am da-Vinci-College in Halifax, und sie war meine dortige Direktorin.

      Und nur mit Hilfe ihrer sehr bestimmenden Art habe ich anschließend mein Medizin- und Psychologiestudium an der Universität in Halifax mit Auszeichnung geschafft.

      Vor allem wohl deshalb, weil sie mir damals mehr als einmal in den Hintern getreten hat, wenn ich mal wieder Anstalten machte, mein Studium zu versemmeln. Damals hab’ ich sie wegen ihrer Strenge manchmal unausstehlich gefunden – aber heute sind wir beste Freunde.

      Inzwischen sind sie und ihr Ehemann pensioniert und die beiden haben mir vor Monaten, nach meinem Umzug in das alte Haus meiner Eltern, beim Start in einen neuen Lebensabschnitt sehr geholfen. Was sie allerdings mit der angekündigten Überraschung meint, weiß ich auch nicht.“

      „Sie klingt sehr sympathisch – scheint ja eine bemerkenswerte Frau zu sein, deine alte Schulmeisterin. Ich denke übrigens, dass wir uns ab sofort nicht mehr ganz so formell anreden sollten, jetzt wo ich dein unerwarteter Hausgast bin. Und wie du siehst, hab’ ich grad schon mal damit begonnen.

      Tut mir übrigens leid, dass ich vorhin so kratzbürstig war und deinem Freund Hank gegenüber so vehement darauf bestanden habe, nicht deine Freundin zu sein. Ein klein wenig wär’ ich die nämlich doch sehr gerne, wenn du es mir nach meinem blöden Spruch von vorhin noch erlaubst.

      Das klingt zwar jetzt ein bisschen sprunghaft, und ich mach’ das auch nicht, weil wahrscheinlich morgen früh meine ganze Reiseplanung endgültig zusammenbricht und ich dann noch nicht weiß, wie’s weitergehen soll, sondern ich mach’ das einfach nur, weil ich dich sehr nett und sympathisch finde.“

      „Was die Freundschaft angeht – sehr gerne, Shania, ich finde dich und deine kleine Elli nämlich auch ausgesprochen reizend.

      Übrigens freut mich dein Angebot wirklich außerordentlich“, entgegnete Jack, wobei er das kurzfristig panikartige Aufflackern in Shanias Augen am Ende ihrer Rede sehr wohl bemerkt hatte.

      „Da vorne wartet bereits Rosi auf uns. Komm mit, ich stelle euch vor“, lenkte er seine Begleiterin jetzt ab, ehe sie weitere Gedanken an den morgigen Tag und die Tage danach verschwenden konnte.

      Shania war nicht nur vom geschmackvollen Äußeren des alten Anwesens, sondern noch viel mehr von Jacks Nachbarin Rosanna MacDermott beeindruckt.