Torben Stamm

Beyl und MacGarney


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blieb Philips stehen und öffnete eine Tür. Er tastete nach einem Lichtschalter, dann flammten die Neonröhren auf: Der Raum war... kalt. Weiß gestrichen, ein Schreibtisch, ein Stuhl.

      „Wo ist denn der Computer?“, fragte MacGarney.

      „Wir arbeiten mit Laptops. Die meisten nehmen die Sachen mit nach Hause und arbeiten dort weiter. Wie gesagt: Nicht viele Freunde.“

      „Ist das nicht unsicher?“, fragte MacGarney.

      Philips nickte: „Ja. Aber die Jungs sind so gut, dass die Direktion ein Auge zudrückt.“

      Beyl hatte eine Idee: „Was für Computer benutzen Sie hier?“

      Philips schaute ihn verwirrt an: „Das interessiert Sie?“

      „Wir haben einen Rechner bei Sebstein gefunden. Wir müssten wissen, ob das sein Dienstrechner oder der Private war.“

      „Mhmmm, das müsste ich drüben nachschauen. Jeder hat seinen individuellen Rechner. Damit er mit ihm auch gut zurechtkommt. Ich gucke mal eben. Sehen Sie sich ruhig um.“ Damit verließ er das Büro.

      MacGarney schaute seinen Kollegen verwirrt an: „Meint der das ernst? Was sollen wir uns denn hier ansehen? Wenn ich länger als zehn Minuten hier arbeiten müsste, würde ich mir die Kugel geben.“

      Beyl setzte sich auf den Stuhl: „Ja, das ist echt trist.“

      „Das ist nicht trist. Das ist scheiße.“

      Beyl sah seinen Kollegen vorwurfsvoll an. Der grunzte: „Ja! Ich bin höflich! Aber hier ist es doch echt ätzend!“

      Philips kam zurück. Er hielt einen Ausdruck in der Hand: „So, hier die Systemdaten von Sebsteins Rechner.“

      Beyl nahm den Ausdruck entgegen und warf einen Blick drauf: „OK“, sagte er und faltete ihn zusammen. Verstanden hatte er kaum was, aber das musste er nicht. Er würde den Zettel einfach an die Technik geben und die sollten sehen, ob der Rechner mit den Daten übereinstimmte.

      „Kann ich sonst noch was für Sie tun?“, fragte Philips.

      „Ich denke nicht“, sagte Beyl und man merkte Philips an, dass diese Antwort ihn sehr erleichterte.

      „Wenn Sie meine Hilfe nochmal brauchen, können Sie sich gerne melden.“ Dieses freundliche Angebot war wohl eher eine Floskel, aber Beyl und MacGarney lächelten freundlich.

      Die Post

      Beyl und MacGarney kehrten nach ihrem Besuch bei den Nerds auf das Revier zurück. Sie machten noch einen Abstecher in die Kantine, um sich einen Kaffee zu holen, und gingen dann in ihr Büro.

      Auf dem Schreibtisch von MacGarney lag ein Haufen Umschläge.

      „Was ist das denn?“, fragte Beyl. Sein Kollege stellte den Kaffee ab und ging die Umschläge durch: „Ich hatte doch gesagt, dass Sebstein sich seine Post ins Hotel bestellt hat. Der Nachsendeantrag. Das hier sind die Sachen, die seit seinem Tod zugestellt wurden.“

      Beyl musterte den Haufen: „Das ist aber eine Menge Post.“

      MacGarney stimmte ihm zu: „Vor allem sind die Schreiber ziemlich einseitig.“

      „Was meinst du damit?“

      „Es sind alles Banken.“ Er warf ein paar Umschläge auf Beyls Tisch, einen riss er auf. Er nahm den Brief raus und überflog ihn. „Aha“, sagte er. Dann nahm er einen weiteren Brief, riss ihn auf und studierte den Inhalt.

      „Unser Mann scheint sich nach einem neuen Job umgesehen zu haben. Das sind Antworten auf ein Bewerbungsschreiben. Er muss ziemlich clever gewesen sein, denn die beiden Banken hier wollten ihn sofort haben.“

      Beyl nahm einen Schluck von seinem Kaffee: „Das hat uns sein Boss aber nicht gesagt.“

      „Vielleicht weiß er es nicht.“

      MacGarney setzte sich auf seinen Stuhl: „Das könnte sein. Aber was hatte er nochmal über Sebstein gesagt? War das nicht, dass er ein goldener Esel war, den man unbedingt behalten müsse?“

      „Da schwingt eine gewisse Ahnung mit.“

      „Vielleicht werben sich die Banken die Goldesel ja gerne mal ab.“

      Das Telefon auf Beyls Schreibtisch klingelte. Er nahm den Hörer ab, lauschte: „OK“, sagte er und stand auf.

      „Komm mit“, sagte er. „Wir müssen los.“ Er ging mit strammen Schrittes zur Tür.

      MacGarney folgte ihm: „Was ist denn los?“

      „Mr. Arthur ist aufgetaucht.“

      Mr. Arthur

      Sie fuhren zum Retro-Hotel. Dort wartete bereits ein Streifenwagen auf sie. Beyl und sein Partner betraten die Hotel-Lobby. MacHorn stand nervös an der Rezeption. Als er die beiden Beamten sah, eilte er ihnen entgegen: „Sehr gut. Er ist oben. Als er ankam, habe ich sofort angerufen.“

      Beyl legte ihm die Hand auf die Schulter, um ihn zu beruhigen: „Das haben Sie sehr gut gemacht. Jetzt bleiben Sie hier unten und lassen uns unseren Job machen.“

      MacHorn nickte.

      MacGarney und Beyl stiegen die Treppe hinauf. Vor dem Hotelzimmer standen zwei Beamte. Beyl nickte ihnen zu.

      MacGarney klopfte an die Tür: „Hallo?“, rief er. Keine Reaktion aus dem Inneren.

      „Hallo?“, wiederholte MacGarney und hämmerte förmlich gegen die Tür. Wieder keine Reaktion. MacGarney machte einen Schritt zurück und sagte zu einem der Beamten: „Holt den Besitzer. Er soll uns die Tür öffnen.“

      Es dauerte keine dreißig Sekunden, bis ein schwitzender MacHorn seine Key-Card in den Schlitz der Zimmertür steckte und diese mit einem leisen Piepsen entriegelte.

      MacGarney riss die Tür auf und stürmte ins Zimmer. Hinter ihm Beyl und die beiden Beamten. MacHorn linste vorsichtig in das Zimmer.

      Die Vorhänge waren zugezogen.

      „Boah!“, rief MacGarney. Es stank. „Was ist das denn? Mach mal einer Licht.“ Ein Beamter schaltete das Licht ein.

      Auf dem Bett lag ein Mann mittleren Alters. Er war vollständig angekleidet. Er streckte alle Viere von sich und schnarchte.

      „Der hat gut getankt“, sagte einer der Uniformierten.

      MacGarney ging zu dem Mann und stieß ihn an: „Hallo? Mr. Arthur?“ Die Antwort war ein genervtes Grunzen.

      MacGarney rüttelte an Mr. Arthur. Der fuhr hoch und blinzelte in das Licht: „Hallo?“, fragte er. „Ich nehm noch ein Pint. Aber nicht so viel Sahne oben drauf.“

      Dann fiel er wieder nach hinten und schnarchte weiter.

      MacGarney sah hilflos zu Beyl rüber. Der zuckte mit den Schultern. MacGarney rüttelte erneut an Mr. Arthur. Der fuhr erneut hoch: „Hallo? Ich nehme auch einen Jameson. Dieser scheiß schottische Whiskey ist fürn Arsch!“ Er wollte sich gerade nach hinten fallen lassen, als MacGarney ihn erwischte und festhielt.

      „Hups, ja was ist das denn?“, fragte Arthur überrascht und starrte MacGarney an.

      „Sie sind aber ein hässlicher Mensch. Wo sind denn Ihre Haare?“

      „Wo ist Ihr gutes Benehmen?“

      „Ja, das ist eine gute Frage. Ich lade Sie auf ein Bier ein.“ Mr. Arthur versucht aufzustehen, torkelte aber vom Bett aus auf den Fußboden.

      „Herrje“, sagte er. „Es tut mir furchtbar leid, aber anscheinend haben wir ein Erdbeben. Da sind die Pubs bestimmt zu.“

      MacGarney gab den uniformierten Beamten ein Zeichen. Die nahmen Mr. Arthur in die Mitte und zogen ihn auf die Beine.

      „Danke