gv Friedrich

Strandfarben


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Schluss cremte sie dann ihre Brüste und den Bauch ein.

      Rücken und Nacken bekamen nur so viel der Sonnencreme mit, wie es ihre Hände vermochten dorthin zu gelangen. Mit dem Aufsetzen ihrer Sonnenbrille beendete sie das Ritual und erst jetzt ließ sie auch ihrem Hund freien Lauf, indem Sie ihn von der Leine befreite, was Body mit einem energischen Schwanzwedeln beantwortete, bevor er mit den wenigen anderen frei umherlaufenden Hunden zu toben begann.

      Sie hatte wenige Chancen, ihren Body zurückzurufen oder gar zu ermahnen, Body tat was er wollte. Darum war es auch für Maximilian sehr angenehm, dass dieser Jake Russel ziemlich abseits des Hauptstrandes und schon halb hinter meterhohem Dünengras verborgen angefangen hatte zu graben. Seine Begeisterung, den Sand mit seinen Vorderpfoten nach hinten zu schaufeln, musste ihm Spaß machen, da er den Sand in hohen Fontänen durch das Dickicht und fast über das hohe Dünengras katapultierte, bevor der Sand dann als dichte Wolke wieder nach unten auf den Dünenboden niederfiel.

      Ein Teil der Sandfontänen rieselte über die vordere Hälfte eines kleinen Holzbootes, welches auf einem Bootsanhänger schief in den Dünen neben der Grabstelle des Hundes lag. Es war nass, wohl erst vor kurzem noch im Wasser gewesen und der rieselnde Sand legte sich wie Puderzucker beim Bestreuen eines Marmorkuchens um die Holzplanken herum. Gott sei Dank war Bodys Tun so abseits, dass er niemanden störte. Innerhalb kürzester Zeit sah man von dem Hund nur noch die hintere Partie, alles andere wurde durch den rasch wachsenden Sandberg verschluckt. Frauchen lag inzwischen auf einem der Badetücher auf dem Rücken und las ein Buch, welches sie mit der linken Hand oberhalb ihres Gesichtes festhielt. Die andere Hand lag im Sand und sie spielte mit dem Sand, indem sie ihn durch die Finger rieseln ließ. Beides, das Graben des Hundes und der Anblick seines Frauchens, reizte Maximilian zum Hinschauen, wobei er öfter und immer länger auf ihre schönen Brüste, die jetzt, da sie auf dem Rücken lag, fast nicht zu erkennen waren, und die Rieselhand blickte, als auf den Hund beim Graben.

      Bei beiden rieselte der Sand, was ihm direkt auffiel…

       …eine Seelenverwandtschaft?

      Er schaute so lange, bis ein schriller Schrei ihn von ihrem Körper weg in Richtung Body schauen ließ. Der Hund hatte wohl genug gegraben und sich schwanzwedelnd – sagt man eigentlich Schwanz?- auf einem großen, weißen Badetuch einer älteren, sonnenbadenden Frau in einem lachsroten Badeanzug hingelegt und den Kopf zwischen seine Pfoten gepresst. Body, immer noch schwanzwedelnd – er blieb dabei, es so zu nennen - sah zufrieden aus, die Frau nicht. Sie zeigte mit einem Finger zitternd auf den Kopf des Hundes und war dabei von ihrem Badetuch aufgestanden, stand jetzt mit beiden Füßen im hellen Sand, am Hundestrand von Zeringerhaff.

      Kapitel 2 Leben in Zeringerhaff

      Zeringerhaff ist ein Ort im Osten Deutschlands, direkt an der Küste der Ostsee. In diesem Sommer voller als sonst, was wohl nicht unerheblich mit der wirtschaftlichen Krise in Deutschland und der Krise in der restlichen Welt zu tun hatte. Statistiker würden wohl dieses Sommerjahr in ihre Statistiken aufnehmen als Jahr, in dem die deutschen Urlauber lieber Urlaub im eigenen Land machen würden.

      An eigentlich allen Häusern, die Zimmer vermieteten – und das tun alle die, die hier in erster, zweiter oder dritter Strandreihe wohnen und leben – fand der Urlauber ein Schild mit der Aufschrift ‘belegt’, auf einem Schild stand, auffallend und lustig, ‘belegt, Gott sei Dank’.

      Einer der schönsten Promenaden Deutschlands hat dieser Ort in den Prospekten stehen. Touristisch voll erschlossen und renoviert, reihen sich Pensionen, Hotels, Cafés, Geschäfte, Fischbuden, Gästehäuser, Restaurants und Kliniken von Westen beginnend bis zum Osten des Streifens aneinander.

      Es ist auffallend, dass es nur wenige nicht renovierte Häuser gibt, die dann aber auch leer stehen und auf die Renovierung oder den Abriss warten, auf neue Besitzer oder öffentliche Zuschüsse für sanierungsfähige Altbauten. Auf einigen Wiesengrundstücken stehen überdimensionale Bautafeln von neuen Hotelbauten, ein klares Zeichen dafür, dass Zeringerhaff auch in den nächsten Jahren ein aufstrebender Kurort bleiben will und dass Investoren genau das auch so sehen. Die Ostsee, ruhiger und weniger mit Ebbe und Flut behaftet als die Nordsee, die aber dennoch auch mit beachtlichen Wellen ihre Rauheit unter Beweis stellen kann, umschließt diesen Küstenstreifen. Der weite und breit ausgelegte Sandstrand zieht sich von West nach Ost, ohne Unterbrechung.

      Man hat hier Zugangsstreifen eingerichtet – typisch deutsch? - und so gibt es einen Strandstreifen, der für alle zugänglich ist, ohne Hinweisschilder und mit etwas erschwertem Gang durch die Naturschutzdünen. Aber auch hier wie an allen anderen Strandstreifen wirkt eben dieser Strand sauber und aufgeräumt. Nach diesem öffentlichen Bereich kommt der Strandstreifen für FKK-Liebende, dann der mit Textil aber ohne Hund, dann der Textil mit Hund.

      Der sauberste Strandteil ist der, der sich an der Hauptpromenade der Stadt entlang zieht, dafür aber auch mit den meisten Geschäften und Restaurants umgeben ist. Fährt man weiter, ist man schnell im nächsten Ort – einem mondänen Kurort - was mit dem Rad an der Promenadenstraße entlang in gemütlicher Fahrzeit nicht länger als 30 Minuten dauert.

      Gleich neben der Hauptpromenade von Zeringerhaff liegt der größte von einigen Campingplätzen in der Region wie es auch im Prospekt heißt, einer der Besten, was sich am Preis niederschlägt aber bei dem Angebot anscheinend auch gerne bezahlt wird, denn er ist zu dieser Jahreszeit ausgebucht. Im Osten beschließt ein mittelgroßer Jachthafen den Zeringerhaffer Ostseestreifen, wo etliche kleine und mittlere Boote und auch Jachten ankern und leicht hin und her schaukeln, den Wetter- und Wasserbedingungen ausgeliefert. Die Promenadenstraße von West nach Ost ist dann auch das in der Hauptsaison pulsierende Herz von Zeringerhaff. Fahrrad fahrende Touristen, die auch auf der Hauptpromenade ihr Rad nicht schieben müssen, zu Fuß gehende Touristen, die den Radfahrern mehr als einmal ausweichen um eine Kollision zu vermeiden, Kellner und Kellnerinnen, die von den Cafés über die Promenade in Richtung Strand mehr laufen als gehen müssen, um die mit Touristen voll besetzten Stühle, Bänke und Strandkörbe bedienen zu können.

      Es fällt auf, dass Kellner und Kellnerinnen besonders viel Können beweisen im Ausweichen von Fahrradfahrern und Fußgängern und dabei ihre Tabletts voll mit Eiskaffee, Cappuccino, Latte macchiato, Vanilleeis mit heißen Himbeeren und diversen Kuchenstücken durch die Luft balancieren, als würden sie auf dem Meer mit einem Surfbrett auf den einzelnen Wellen reiten. Und trotz des langen Weges des Bedienungspersonals gibt es dann doch einige Touristen, die sich auch so – wie Touristen eben – benehmen. Die heftig mit ihren Geldbörsen fuchteln und zahlen wollen. Die seit ‘Stunden’ sitzen, ohne dass sie eine Bestellung aufgeben konnten, weil das Zeringerhaff-Bedienungspersonal zu allen anderen Touristen ging um Bestellungen anzunehmen, nur zu ihnen eben nicht.

      Dann noch einige Promenadengäste, die als Gruppen einfallen, Tische und Stühle zusammenrücken, ohne daran zu denken, dass ein Kellner oder eine Kellnerin auch hindurch muss, um die bestellten Kaffeeleckereien zu servieren. Die meisten dieser Urlauber haben kaum Zeit und sind ungeduldige Wartende an einem sonnigen Urlaubstag hier auf dieser Promenade.

      Und unter allen diesen Urlaubscharakteren saß eben auch Maximilian, er, der Urlaub genießen konnte, um ehrlich zu bleiben, brauchte auch er einige Tage, um ruhiger zu werden und den Tag wirklich genießen zu können, er, der sich hinsetzen konnte und zum Beobachter wurde, zum Menschenbeobachter.

      Da war die Familie, drei Kinder, Vater und Mutter, die Kinder schreiend rumtobend, der Vater mit genervtem Blick, die Mutter mit der Nase an der Schaufensterscheibe einer Boutique klebend.

      Da war der ca. 14jährige Junge, der auf einer der Bänke saß und in der Nase bohrte.

      Vorbei radelte ein kleines Mädchen, einhändig, mit einem Eis in der anderen Hand, welches im gleichen Augenblick aus der Waffel auf den Boden fiel, was bei dem Mädchen entsprechende Tränen hervorrief.

      Da fuhr ein Kleinlaster mitten auf der Promenade, beladen mit fangfrischem Fisch aus der Ostsee.