Jennifer Weise

Julias Geheimnis


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      Diesmal gingen wir in eine Studentenkneipe.

      „Wollt ihr noch ein paar Leute kennen lernen oder bleiben wir unter uns?“ fragte Frank.

      „Mir…“

      Toni fuhr mir aufgeregt ins Wort:

      „Nette Studenten kennen lernen!“ rief sie.

      Also steuerten Matthew und Frank auf einen großen Tisch im hinteren Teil der Kneipe zu. Die beiden wurden freundlich begrüßt, nachdem sie Toni und mich vorgestellt hatten, wurden sie schnell von einigen Kommilitoninnen zu sich geholt.

      Antonia zog mich mit sich an das andere Ende des Tisches. Dort hatte sie zwei freie Plätze entdeckt.

      „Kann ich dir einen ausgeben?“ wurde Toni sofort von dem jungen Mann, der ihr gegenüber saß, gefragt.

      Toni nahm das Angebot lächelnd an, sie sah in diesem Moment sehr fröhlich aus. Vielleicht schaffte sie es wirklich endlich Kontakte zu knüpfen.

      Ich beobachtete für einen Moment die lustige Runde. Das alles kam mir bekannt vor, genau so hatte ich mit meiner Clique immer in der Kneipe, in der ich auch arbeitete, gesessen. Es kam mir vor, als wäre das alles schon Ewigkeiten her. Ich vermisste meine Freunde und insbesondere meine damaligen WG-Mitbewohner. Mein Blick fiel auf Frank, er hatte doch tatsächlich ein Bier in der Hand. Kurz entschlossen ging ich zu ihm.

      „Ich geh’ davon aus, dass du das für mich geholt hast!“ knallte ich ihm an den Kopf und nahm ihm die Flasche aus der Hand.

      Erstaunt sah er mich an.

      „Eigentlich nicht, aber wenn du willst, bestell’ ich dir auch eins“, bot er an.

      „Frank, ich kann nicht mehr fahren!“ erinnerte ich ihn.

      „Brauchst du auch nicht.“

      Frank war irritiert, was wollte Julia von ihm? Oder wurde sie immer kratzbürstig, wenn sie getrunken hatte?

      Mit einem Mal wurde mir klar, dass ich übertrieb. Es war nichts dabei, wenn Frank ein Bier trank. Bei der ersten Party hatte er überhaupt keinen Alkohol getrunken und ich sollte mich hier nicht so unmöglich aufführen. Nur weil ich keinen Tropfen Alkohol trank, wenn ich fuhr, konnte ich das natürlich nicht von Frank verlangen.

      Ich gab ihm die Flasche zurück, murmelte:

      „Tschuldige!“ und verschwand ganz schnell zu den Toiletten.

      Frank sah Julia hinter her. Was sollte das gerade?

      „Wo ist Julia schon wieder?“ fragte ihn Toni, die auf einmal hinter ihm stand.

      „Wahrscheinlich zur Toilette“, meinte Frank, schüttelte den Kopf und unterhielt sich dann wieder mit den Anderen.

      „Julia?“

      Ich drehte mich um, Antonia stellte sich zu mir in die Schlange der Wartenden vor der Toilette.

      „Hast du etwa geweint?“ fragte sie sofort.

      „Nein, nein, alles bestens!“

      „Hat dich wieder so ein Typ angemacht? Am besten du bleibst in meiner Nähe! Ich pass’ schon auf dich auf!“

      Ich musste lächeln, Toni war wirklich rührend. Auf der einen Seite so naiv und dann wollte sie mich beschützen!

      „Wie gefällt’s dir hier, Toni?“

      „Davon hab’ ich immer geträumt“, schwärmte sie gleich.

      „Aber du fühlst dich nicht wohl“, fügte sie sofort hinzu, als sie in mein Gesicht sah.

      „Ach, das mit diesem Typen vorhin hat mich schon ein bisschen mitgenommen…“

      „Bist du so was nicht gewohnt?“

      Ich war schockiert von ihrer Vermutung.

      „Nein! Auf so was kann ich auch verzichten!“

      „Da wo ich herkomme, passiert so was regelmäßig!“ erklärte Toni.

      „Kein Wunder, dass du Judo kannst! Muss ja schrecklich sein, wenn einem so was öfter passiert.“

      „Mir nicht, aber bei hübschen Frauen ist das normal.“

      Normal? Hübsche Frauen?

      „Du bist doch hübsch!“

      „Das sagst du nur so!“

      Tonis Blick ging zum Boden.

      „Was glaubst du, warum du sonst auf jeder Party sofort Anschluss findest?“

      Wie kam so ein süßes Mädchen wie Antonia nur darauf, dass sie nicht attraktiv sein könnte?

      Sie war nicht überzeugt von meinen Worten, also machte ich ihr einen Vorschlag:

      „Was hältst du davon, wenn wir uns an die Bar setzen? Wetten, du wirst innerhalb von zehn Minuten von jemandem angesprochen!“

      Ich brauchte all meine Überredungskünste, dann stimmte Toni endlich zu.

      Ich steuerte die Bar an und Toni kam hinter mir her. Wir hatten Glück, gerade wurden zwei Plätze frei und wir setzten uns.

      „Das sieht gekonnt aus!“ meinte Toni.

      „Was?“

      „Wie du dich in dem Minirock auf den Barhocker gesetzt hast! Ich weiß aus Erfahrung, dass das gar nicht so einfach ist!“

      Ich musste lachen, darüber hatte ich gar nicht nachgedacht.

      „Dürfen wir mitlachen?“

      Toni und ich drehten uns um, hinter uns standen zwei Jungs und sahen uns auffordernd an.

      Ich grinste Toni an, doch sie flüsterte mir zu:

      „Die sind bloß wegen dir hier!“

      Es schien tatsächlich ihr Ernst zu sein, warum hatte sie bloß so ein geringes Selbstbewusstsein? Und woher kam diese schlechte Meinung über sich selbst?

      Noch immer sahen die beiden uns an und da Antonia anscheinend nichts sagen wollte, nahm ich das in die Hand:

      „Wir haben darüber diskutiert, wer von uns besser aussieht!“

      Antonia wurde hochrot und sah mich vorwurfsvoll an.

      „Und was ist an zwei hübschen Mädels so komisch?“

      „Ich musste bloß lachen, weil mir gerade die Argumente ausgegangen sind! Aber vielleicht könnt ihr uns ja helfen?“

      Das war eine ziemlich eindeutige Aufforderung von mir.

      Die beiden musterten uns genau.

      „Das ist eine verdammt schwierige Frage!“

      Beide grinsten uns an, dann bestellten sie für uns etwas zu trinken. Da ich auf sämtliche Annäherungsversuche eher abweisend reagierte, umgarnten bald beide Toni.

      Irgendwann verabschiedete sich einer der Jungs von uns, der Andere unterhielt sich weiter mit Toni.

      Ich ging zu ihr und flüsterte:

      „Ist es okay, wenn ich zu Matthew und Frank gehe?“

      Sie lächelte mich an und nickte, der junge Mann schien ihr zu gefallen.

      „Wo hast du Toni schon wieder gelassen?“ fragte Matthew mich sofort.

      Die Gruppe am Tisch war kleiner geworden und ich setzte mich zu ihm.

      „In netter männlicher Gesellschaft!“

      „Und du hast schon wieder keinen abgekriegt?“

      Die Frage hörte sich nicht mitleidig an, ich hatte eher das Gefühl, dass Matthew mich aufziehen wollte.

      „Wer sagt das?“ fragte ich und lehnte mich an ihn.

      „Und