Mario Klotz

Mao und das Vermächtnis von Atlantis


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großen Augen erkannte er einen dunklen Umriss der auf ihn zukam. Das Schlimmste daran war, dass er nicht erkennen konnte, um wen es sich dabei handelte. Da er wusste, dass er kein Wort aus seinen Lippen pressen konnte, versuchte er nicht einmal zu sprechen. Dafür streckte er die Kerze nach vor, um sein Gegenüber endlich erkennen zu können. Doch der Schein war zu schwach um den Schatten aus der Dunkelheit sichtbar werden zu lassen. Er konnte nur die Silhouette eines Menschen erkennen, die bedrohlich und schnell auf ihn zukam.

      Ängstlich wich der Pfarrer zurück. Was wollte der Unbekannte von ihm? Wie sollte er sich verhalten?

      Seo befürchtete, der Schatten würde ihn nun angreifen, mobilisierte deshalb seine Kräfte und bereitete sich auf einen Kampf vor. Auch wenn er das Gefühl hatte, als würde all seine Energie aus seinem Körper entweichen und sich seine Knie in weiches Wachs verwandeln.

      Plötzlich verstummten die Schritte und der Angreifer blieb abrupt stehen. Nun standen sie sich mit einem großen Abstand gegenüber. Seo musterte die Umrisse, doch konnte nicht einmal erkennen, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte. Er erkannte nur einen menschlichen Körper.

      In diesem Augenblick schob sich die Wolke von dem Mond weg, und als dessen Schein den Dom etwas erhellte, blieb Seo die Luft weg.

      Er konnte nicht fassen wer vor ihm stand. Es war mehr als nur ein Schock. Damit hatte er nicht gerechnet!

      Das Gefühl, als würde sich ein tonnenschweres Gewicht auf seine Brust legen und ihm somit die Luft abschnüren, wurde immer stärker. Sein Herz hämmerte noch schneller und sein Magen verkrampfte sich. Wie konnte es so etwas nur geben?

      Nur wenige Schritte von ihm entfernt stand im Mondlicht der Mönch und starrte ihn an. Eine pechschwarze Kutte wallte über dessen Körper. Eine Kapuze war über den Kopf tief ins Gesicht gezogen und verbarg so das Antlitz des Mönches. Nur das Kinn konnte Seo erkennen. Der Pfarrer bildete sich ein, dass er die Verletzungen, die er von der Sage kannte, erkennen konnte.

      Es wirkte, als wollte ihm der Mönch drohen, auch wenn er kein Wort von sich gab. Vor Furcht schritt Seo ein Stück zurück.

      Hoch aufgerichtet und mit schnellen Schritten kam die Geistergestalt näher auf den Pfarrer zu. Den Geistlichen überkam die Panik. Seine Hände zitterten. Der Angstschweiß trat aus allen Poren. Seine Beine waren kurz davor einzuknicken. Die Stimme versagte. Nur mit den Lippen konnte er ein Gebet formen. Er umklammerte das Kreuz um seinen Hals so fest, dass es sich tief in seine Haut bohrte.

      Nur noch vier Schritte war der Mönch von ihm entfernt. Seo setzte einen weiteren Schritt rückwärts, sein Blick blieb jedoch auf der schaurigen Gestalt.

      Seine Augen wurden immer größer, als sie in das dunkle Nichts unter der Kapuze starrten. So sehr er sich auch bemühte, er konnte nichts darunter erkennen. Nur noch zwei Schritte war der Mönch entfernt. Er strahlte eine eiskalte Aura aus, gemischt mit etwas teuflisch Dämonenhaftem und der puren Bösartigkeit. Der Pfarrer fühlte sich, als würde der Teufel persönlich vor ihm stehen!

      Die Luft blieb Seo weg, noch bevor die Hand des Bösen nach ihm ausgestreckt wurde und die höllischen Finger sich um seine Kehle legten. Der Geistliche zitterte am ganzen Körper und seine Augen quollen starr hervor, während er zurückwich.

      Da geschah es! Seo hatte seine Beine nicht mehr unter Kontrolle und stolperte rückwärts, verlor dabei sein Gleichgewicht und stürzte. Wie in Zeitlupe kam es ihm vor, während sein Blick gegen die Decke des Doms schweifte. Aus dieser Perspektive wirkte der Mönch noch schauriger, da er nun den unteren Teil des fratzenhaften Gesichts unter der Kapuze erblicken konnte. Es war grauenhaft und furchteinflößend! Vor allem das hämische, selbstzufriedene Grinsen auf dessen Lippen versetzte den Pfarrer während des Falles in Angst und Schrecken. Den Rest des Antlitzes konnte er nicht erkennen. Er bekam den Eindruck, als besaß diese Gestalt kein Gesicht!

      Seo versuchte den Sturz abzufangen und ließ dabei den Kerzenständer aus. Die Flamme erlosch und Dunkelheit umgab Seo, noch bevor er mit dem Kopf auf den Steinboden knallte. Finsternis umgab ihn, bevor er das Bewusstsein verlor. Was nun folgte bekam er nicht mit!

      Die schaurige Gestalt stand vor Seo und beugte sich mit ausgestreckter Hand zu ihm …

      Der Streit

      Sem kniete vor dem Bachbett. Die Zunge klebte auf seinem Gaumen und er musste dringend seinen Durst stillen. Schnell tauchte er seine Hände in das glasklare Wasser. Gierig sog er die eiskalte Flüssigkeit in sich und schöpfte sich etwas ins Gesicht um die Müdigkeit aus seinem Körper zu vertreiben und die letzten Kräfte zu mobilisieren.

      Er atmete mehrmals tief durch, während ein paar Tropfen von seinem Antlitz abperlten und auf die Wasseroberfläche fielen.

      Dabei bemerkte der Junge sein Spiegelbild und seine Augen verharrten auf der Narbe, die sich auf seiner Wange befand. Dies war ein Andenken, das er sich bei seinem ersten Kampf gegen die Wikinger zugezogen hatte. Bei diesem Anblick erinnerte er sich zurück, an all die Kämpfe die er mit Min, dem Hauptmann der Mambarkohorte, bestritten hatte und an das Glück, das sich immer an ihrer Seite befand. Nun schien es sie verlassen zu haben. Er befürchtete, dass ihr letzter Kampf vor ihnen lag.

      Sie befanden sich auf gegnerischem Gebiet und ihre Feinde, waren ihnen noch immer auf den Fersen.

      Er dachte an die Schlacht um die strategisch wichtigste Burg, die sich im Reich der Runen befand. Mit der Waffe in der Hand kämpften sie Seite an Seite mit ihren Verbündeten in einem aussichtslosen Kampf gegen die Krieger aus dem Reich des Roten Platzes. Trotz ihres erfahrenen Hauptmannes, der sie schon in so zahlreichen und aussichtlosen Schlachten zum Sieg geführt hatte, schien es, als wäre ihr Ende nahe. Kurz bevor sie dem Tod in die Augen sahen, schlug unter ihnen ein Felsbrocken eines Wurfgeschosses in die Burg und sie waren in den Fluss gestürzt, der sich unter ihnen befand. Mit ihnen war der Herzog vom Reich der Runen aus dem Schlachtfeld gespült worden. Die Feinde haben dies bemerkt und deshalb die Jagt auf sie begonnen.

      Mit Schaudern erinnerte sich Sem an die Ereignisse jener Nacht zurück, wie sie erneut dem Tod entwischt waren. Sie wollten sich für eine kurze Zeit ausruhen, als es einen Angriff gab, den sie nur knapp überstanden hatten. Einen ihrer Männer hatte es jedoch erwischt und der Rest der kleinen Gruppe konnte gerade noch im letzten Moment entkommen.

      Die Hoffnungen, die zuvor in ihnen aufgekeimt waren, es doch in die Heimat zu schaffen, waren darauf verflogen und all ihre Pläne waren fürs erste zunichte gemacht worden.

      Flucht war ihr einziger Gedanke. Den ganzen Tag über waren sie im Laufschritt unterwegs gewesen. Dennoch spürten sie die Feinde im Nacken. Es schien, als würde es kein Entkommen geben.

      Sem kehrte mit seinen Gedanken zurück. Er musste schnellsten aufbrechen, um seine Kameraden einzuholen, die nicht auf ihn gewartet hatten. Er durfte auf keinen Fall den Anschluss verlieren.

      Die Sonne neigte sich bereits dem Horizont entgegen, als der Hauptmann endlich einwilligte, eine kurze Rast einzulegen.

      Der Herzog vom Reich der Runen hatte dabei ein Gespräch der Krieger belauscht. Er geriet in Rage. Schnell suchte er Min auf. „Ich habe soeben ein Gespräch Ihrer Krieger belauscht!“, brüllte er außer sich.

      „Sind Sie verrückt!?! Wie können Sie es wagen so laut zu schreien!“, fuhr Min den Herzog in leisem, jedoch wütenden Ton an.

      „Aber man will mich zurück lassen! Die Krieger haben offensichtlich den Glauben an Sie verloren und haben insgeheim den Plan ausgeheckt, meine Haut zu opfern, um ihre eigene zu retten!“, platzte dem Herzog der Kragen.

      „Das kann ich mir nicht vorstellen! Haben Sie vielleicht etwas falsch verstanden?“, hakte Min nach.

      „Natürlich nicht!“ beharrte der Herzog und zitierte die Worte, die er aufgeschnappt hatte: „Ewi sprach ganz leise und dachte ich verstehe ihn nicht. Aber ich habe seine Worte genau vernommen. Heute Nacht lassen wir ihn alleine zurück, hat er gesagt!“

      Nun wurde auch Sem auf das Gespräch aufmerksam, kam näher und mischte sich ein: „Ich befürchte, da