Marcello Dallapiccola

Malleus Proletarum - Der Proletenhammer


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sein Telefonat, drückte den Aus-Knopf und ließ das Handy auf die Tischplatte scheppern.

      „Na, du bist vielleicht lustig, da mitten in der Nacht rabendicht mit dem Bertl im Schlepptau aufzutauchen – du hast mir den Garten ruiniert mit der Karre, verdammt!”

      „Den Garten ruiniert?”, war Frasther ehrlich erstaunt.

      „Ja, verdammt, den Garten!“, knurrte der Luis ärgerlich, „Du bist vor lauter besoffen quer durch die Blumenbeete gedonnert, statt dem Knick der Einfahrt zu folgen und hast dabei zwei Beete samt Begrenzungen umgegraben. Da sieht's aus wie im Krieg. Muss ich wieder dieses Nudlaug von Landschaftsgärtner kommen lassen, diesen Yoga-Hippie, der mich ganz wahnsinnig macht mit seinem Karma-Geschwafel und seinem Harmonie-Gegrinse…”

      „Was scheißt' dich jetzt an wegen Blumenbeeten, Luis? Du bist schon ein komischer Vogel, für so einen Mist auch noch Kohle rauszuwerfen! Welcher normale Mensch hat schon Blumenbeete vor seinem Haus? Salat oder sowas könnt’ ich ja noch verstehen, das kann man wenigstens fressen… Aber meinetwegen kannst du mir die Unkosten auch von meinem Sold abziehen, damit sich das hat.” Frasther hatte keinen Bock, wegen sowas lang herumzudiskutieren.

      „Das werd' ich auch tun, mein Lieber, das werd' ich auch tun! Ein Wunder, dass du in dem Zustand nicht schon auf dem Weg hierher in größere Schwierigkeiten gekommen bist – bei ‘ner Alk-Kontrolle hättest du jedenfalls nicht gut ausgesehen…”

      „Alk-Kontrollen sind mir wurscht!”

      „Naja, egal – aber wieso schleppst du den knallvollen Bertl auch noch mit hier an? Das war vielleicht ein Theater, bis wir den mit seinem Gipsfuß endlich reingehievt hatten…”

      Frasther konnte sich an nichts von alldem erinnern und so beschränkte er sich darauf, das Ganze mit einem Grunzen zu kommentieren. „Hast du ‘n Bier?”, fragte er und ließ seinen Blick zum Kühlschrank schweifen.

      „Klar, aber erst wirst du doch wohl einen Kaffee wollen?!?” Der Luis war bereits zu seiner Kaffeemaschine gehuscht, die aussah wie ein Teil der Brücke vom Raumschiff Enterprise, nur moderner. Er drückte einige Knöpfe, stellte eine Tasse unter und schon begann das Ding, einen Heidenlärm zu veranstalten. Eigentlich hätte er schon lieber ein Bier gehabt, aber er ließ den Luis gewähren – der Blade war schon genug in Rage wegen dieser bescheuerten Blumenbeete und da Frasther von einem formidablen Kater gepeinigt wurde, hielt sich seine Lust auf weitere Diskussionen in engen Grenzen. Als er soeben den ersten Schluck Kaffee geschlürft und sich dabei fast die Lippen verbrannt hatte, wurde die Tür aufgestoßen und der Bertl kam hereingekrückt.

      „Guten Morgen, die Herren!”, grüßte er. Seine Stimme war ein raues Krächzen, das durchgeschwitzte Hemd klebte an seinem Oberkörper und sein Haarkranz stand wild in alle Richtungen ab.

      „Serwas, Bertl!”, grinste Frasther ihn an.

      „Auch schon wach, du Bsuff?”, schnauzte der Prag-Luis.

      „Mann, wer war denn da grad vor Kurzem auf dem Scheißhaus? Bist du deppert, da stinkt's vielleicht zum Himmel!”, machte der Bertl Meldung. Der Prag-Luis sah Frasther an und grunzte. Frasther zuckte nur mit den Schultern.

      „Du verwest innerlich, Mann, solltest dir mal von ‘nem Internisten das Gedärm checken lassen…” Bertl verzog angewidert das Gesicht.

      „Geh halt nicht aufs Scheißhaus, wenn ich vorher dort war, Bertl. So einfach ist das. Und mein Gedärm geht nur mich was an.” Damit war das Thema für Frasther beendet.

      „Du riechst auch nicht wesentlich besser mit dem verschwitzten Fetzen da“, rümpfte der Luis die Nase.

      „Hat’s für mich auch einen Kaffee?”, fragte Bertl und ließ sich dann mit einen schweren Seufzer auf die Eckbank plumpsen.

      Während sich der Prag-Luis erneut widerwillig an seiner Maschine zu schaffen machte, blickten sich Frasther und Bertl gegenseitig in die trüben Augen und begannen zu lachen.

      „Du schaust ja drein wie ein frisch geficktes Kaninchen, Bertl!”, dröhnte Frasther. „Kannst du dich dran erinnern, wie wir gestern Nacht noch hierher gekommen sind?”

      „Nä, keine Ahnung, aber mit dir geh' ich nicht mehr saufen. Das ist einfach zuviel des Guten für einen Mann wie mich, der seine besten Jahre schon hinter sich hat!”, gab Bertl zurück. Der Restalkohol begann langsam, seine Wirkung zu entfalten und brachte sie wieder ordentlich in Fahrt.

      „Hackedicht seid ihr angekommen und habt einen Riesen-Radau veranstaltet! Das Autoradio war voll aufgedreht und beide habt ihr „Zipfl eini, Zipfl aussi“ gesungen. Überall in der Nachbarschaft gingen die Lichter an, die verdammten Hundsviecher haben losgekläfft und dann mussten wir noch dich mit deinem Gipsbein ins Haus rein bringen – das war vielleicht ein Theater!”, frischte der Luis ihre Erinnerungen ein wenig auf.

      Dann stellte er dem Bertl seinen Kaffee hin und steckte sich gleich eine Kippe zur Beruhigung an.

      „Hm, jetzt wo du’s sagst, ich kann mich dunkel an dein Gefluche und Gemeckere erinnern”, sagte Bertl und kramte ebenfalls seine Tschicks hervor.

      „Ich glaube, er wollte sogar, dass du im Auto schläfst…“, erinnerte Frasther sich dunkel.

      „Klar, das wär' auch viel einfacher gewesen!”, explodierte der Luis wieder. “Aber nein, der Herr Bertl muss unbedingt noch ins Haus, um seinen Vollrausch auszuschlafen; so bewusstlos gesoffen war er dann auch noch wieder nicht, um deswegen nicht noch groß rumzukrakeelen!”

      Frasther lachte wieder laut auf: „Genau, jetzt kommt's mir auch wieder langsam hoch: Du hast was herumgebrüllt von wegen du seist kein Zwanzigjähriger, der nach der Disco im Auto abliegt, sondern ein Bsuff von Format, der es allemal noch ins Haus schafft oder so…”

      „Na, eh klar, was denkst du denn? Ein richtiger Mann schläft entweder gleich am Tresen ein oder schafft es in irgendeine Hapfn, aber im Freien und im Auto wird ab einem gewissen Alter nicht mehr abgelegen – es sei denn, du bist ein Sandler*!”, legte der Bertl seine Prinzipien dar.

      „Also, Luis, warum hast du mich überhaupt gestern Abend noch angerufen?“, wechselte Frasther das Thema. „Ich kann mich nur noch erinnern, dass es irgendwie dringend geklungen hat, aber was es genau war, das weiß ich nicht mehr…”

      Der Luis blickte unsicher von Frasther zu Bertl und zurück.

      „Ach, mach dir doch wegen dem Bertl keinen Kopf…”

      „Immerhin bin ich sogar angeschossen worden wegen deiner kleinen Privatfehde, also, was willst du vor mir noch groß verheimlichen?”, bekräftigte Bertl Frasthers Beschwichtigung.

      „Also gut, mir egal!”, resignierte der Luis. „Ich war gestern ein bisschen geschäftlich unterwegs, hab' mit dem Renato und dem Schlawinski geredet. Es ist genauso, wie ich’s mir erwartet hatte: Keinen interessiert’s, dass mir irgendwelche Typen in den Revieren herumwildern…“

      „Das war ja klar, dass diese Luschen keinen Finger rühren, das hätt’ ich dir auch gleich sagen können, Luis…”, brummelte Bertl und nippte an seinem Kaffee.

      „Das hab' ich auch gewusst, aber Frasther hat ja gemeint, ich soll mit den Kerlen mal reden…”

      „Na, mich wundert das aber schon ein bisschen, wenn die Typen schlau wären, würden sie dir zumindest ein paar Leute zur Verfügung stellen – immerhin können sie davon ausgehen, dass diese Russen auch ihnen Schwierigkeiten machen werden, wenn sie dich erstmal aus dem Weg geräumt haben”, verteidigte sich Frasther.

      „Darüber machen die sich erst 'n Kopf, wenn es soweit ist, schau sie dir doch mal an: Schlawinski ist ein Kartentippler, der seine Weiber nur stehen hat, um sich seine Spielsucht zu finanzieren, der Renato ist ein Hollodri, der seine Weiber hauptsächlich selber fickt…“

      „Du hättest sowieso mit dem Joe reden sollen, der wäre eher der Mann…“, warf Frasther ein.

      „Der Joe hat seine besten Jahre auch schon hinter sich“, lamentierte der Luis. „Vor allem