Bianca Wörter

Wandlerin zwischen den Welten


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gewesen war. Klar, dass ich auch seinen Rücken einrieb. Das war das Schöne am Sommer und am Baggersee. Man kam sich ohne Peinlichkeiten recht nahe und niemanden störte es. Ich legte mich nach getaner Arbeit auf den Bauch, Yan saß mit angewinkelten Beinen mir zugewandt und wir unterhielten uns weiter. Nachdem uns irgendwann das Gesprächsthema einmal ausgegangen war, drehte ich mich langsam, ganz langsam auf den Rücken. Yan träumte vor sich hin, starrte dabei ins Wasser, also schloss ich die Augen und lauschte dem typischen Strandlärm: Kinderspielen, Schreien, Weinen, Wasser platschen, Müttergezeter, Knabenkraftausdrücke, Vogelgezwitscher, Schnakengesumme, Libellengesirre und das Rauschen des Blutes in meinen Ohren, in denen sich noch etwas Wasser befand.

      Nachdem das Schweigen zu lang wurde, legte mich auf die Seite, stützte meinen Kopf auf die rechte Hand und erzählte ihm meine Pläne für diesem Sommer: "Ich hab nichts vor, will nur entspannen, gute Bücher lesen, Fahrrad fahren, braun werden, wandern, ein wenig unter die Leute gehen, mich richtig treiben lassen."

      Yan hatte aufmerksam zugehört: "Ich hab diesen Sommer auch nichts geplant. Ich wollte nur raus in die Natur und mich selbst ein wenig verwöhnen."

      Der Tag ging so weiter, wie wir ihn angefangen hatten. Wir schwammen, ließen uns in der Sonne trocknen, gingen spazieren, lagen einfach nur da, dösten und dann war es langsam Zeit zum Aufbrechen. Der Strand hatte sich fast geleert, die Schnaken wurden unerträglich, weil sie in Scharen auftraten und stachen und es waren nur noch vereinzelte Gestalten, wie wir, die die Stellung hielten. Es war kühler geworden, aber ich ließ mir mit dem Anziehen und Einpacken viel Zeit, bis mich die Schnaken mit ihrer verstärkten Streitmacht zum Wahnsinn trieben. Ich sprintete zu meinem Auto, riss die Türen sowie den Kofferraum auf, da sich die Tageshitze noch darin gespeichert hielt. Yan hatte mich bis zum Auto begleitet, er selbst war mit dem Fahrrad da.

      "Sehen wir uns morgen wieder?", fragte er.

      "Warum nicht heute noch, oder hast du schon etwas anderes vor?", fragte ich zurück.

      Er grinste: "Gern. Wo?"

      "Ich würde gern ein Eis essen gehen. Ich lade dich dazu ein. Okay? Um acht Uhr bei Campolino?"

      "Einverstanden."

      Zuhause unter der Dusche überlegte ich doch wirklich die ganze Zeit, was ich anziehen sollte! War ich etwa verliebt? Die Zeit der Schmetterlingsflügel ist die schönste und dieses Gefühl wollte ich so lange wie möglich auskosten. Endlich hatte ich mich für ein kurzes, leichtes Sommerkleid entschieden, das von oben bis unten durchgeknöpft war und mir wegen seiner Lachsfarbe so sehr gefallen hatte. Ich kämmte mein Haar, das durch die verbliebene Hitze des Tages schon beinah getrocknet war und gefiel mir ausnahmsweise einmal von Kopf bis Fuß.

      Ich stand pünktlich um acht vor der Eisdiele und sah ihn auch schon herbeilaufen. Er sah einfach klasse aus, er trug eine lange, leichte, blaue Hose und ein weißes, kurzärmeliges Hemd darüber. Ich musste dennoch etwas über seine Kleidung lächeln, denn es passte irgendwie nicht richtig zu ihm. Ich konnte ihn mir eher in Khakihosen vorstellen, vielleicht noch mit braunem Hut, wie Indiana Jones.

      Die beginnende laue Sommernacht hatte die Menschen aus allen Häusern getrieben und die Eisdiele war hoffnungslos überfüllt. Wir beschlossen, dass wir uns zwei Eistüten besorgen und an den Springbrunnen setzen wollten. Es war zwar auch dort kaum Platz, aber wir konnten uns noch irgendwo dazwischen drängen und genossen die italienisch anmutende Atmosphäre.

      "Ich bekomm schon Frostbeulen auf der Zunge!", jammerte ich.

      "Du konntest ja nicht genug bekommen!", konterte Yan.

      Gespielt beschämt schaute ich zu Boden und grinste innerlich: "Das Angebot ist so umfangreich, dass ich es durchprobieren musste, um beim nächsten Mal die Sorten wählen zu können, die mir am besten schmecken!"

      Es war immer das Gleiche mit mir. Wenn ich vor der riesigen Auswahl stand, dann klang eine Sorte besser als die andere und ich konnte mich einfach nicht entscheiden. Ich kam nie unter vier bis fünf Kugeln aus. Aber ich überlebte es auch diesmal ohne Frostbeulen und fühlte mich so richtig „Eis-satt".

      Wir liefen langsam durch die Stadt und genossen die mollige Wärme, die noch in den Straßen und Gebäuden gespeichert war und in die laue Sommernacht abstrahlte. Dann wurde es Zeit, dass ich nach Hause ging. Es stellte sich heraus, dass Yan auch am Wasserturm wie ich geparkt hatte. Er hatte mein Auto erkannt und direkt daneben abgestellt. Natürlich konnten wir uns noch nicht trennen und begannen während einer Abschiedszigarette zu erzählen. Aus der Abschiedszigarette wurden drei. Die Sterne waren längst aufgegangen, da fasste ich mir endlich ein Herz und schloss mein Auto auf, als kleiner Hinweis, dass ich fahren würde. Yan erwies sich leider mehr als Gentleman, als ich gedacht hätte, denn er wünschte mir eine gute Nacht und wartete, bis ich davon gefahren war. Ein wenig enttäuscht war ich schon, dass er mich nicht geküsst hatte. Ich hatte es mir gewünscht. Daran dachte ich noch, als ich zuhause sehnsuchtsvoll in meinem Bett lag. Schon lange hatte ich keine Zärtlichkeiten mehr gespürt, sodass ich ganz ausgehungert danach war. Auf den nächsten Tag freute ich mich sehr. Mit einem Lächeln auf den Lippen und süßen Vorstellungen, wie der folgende Tag verlaufen würde, schlief ich ein.

      Auch der nächste Tag versprach wieder heiß zu werden. Im doppelten Sinne, denn der Wetterbericht sprach von 30°C und ich würde Yan wieder sehen!

      Diesmal fuhr ich mit dem Fahrrad, packte in eine Kühltasche Joghurt, Wasser, Äpfel und Müsliriegel ein und radelte los. Ich brauchte nur eine halbe Stunde, weil ich sehr flott fuhr, da ich mich nach einem Wiedersehen mit Yan richtiggehend sehnte.

      An meinem "Stammplatz" befand sich ein Handtuch und mein Herz schlug schneller - es war das Handtuch von Yan. Er tummelte sich schon im Wasser. Ich zog meinen schwarzen, kurzen Hosenanzug aus, unter dem ich schon meinen Bikini trug, richtete schnell das Oberteil her, das sich immer irgendwie verschob, rannte über den Kieselstrand und versuchte mit den Zehen das Wasser zu fühlen, wie kalt es war! Brrr. Zum Baden musste ich mich erst überwinden. Die flotte Radtour hatte meinen Körper so sehr erhitzt, dass mir das Wasser eisig vorkam.

      "Traust du dich nicht?", spöttelte gutmütig die Stimme von Yan, der etwa fünfzig Meter weit im Wasser schwamm.

      Ich streckte wieder den großen Zeh hinein und jammerte: "Das ist so bitterkalt!"

      Yan legte die Strecke zwischen sich und mir so schnell zurück, dass ich kaum mit den Augen folgen konnte.

      "Nicht spritzen!", mahnte ich, aber ich konnte den schalkhaften Ausdruck in Yans Augen wahrnehmen und wusste, dass meine Warnung nichts helfen würde.

      Ich biss mir auf die Innenseiten meiner Wangen und rannte ins Wasser hinein, legte einen Kopfsprung hin und erschrak durch den Schock, den das kühle Wasser meinem Körper antat. Ich tauchte in Yans Richtung, sah seine Beine, die Wasser traten, tauchte kurz vor ihm auf und schnappte nach Luft.

      "Gehst du immer so ins Wasser?", fragte mich Yan amüsiert.

      „Aber ja, bevor ich mich nass spritzen lasse..."

      Er strich mir kurz über die Schulter: "Schön, dass du da bist."

      Ich lächelte und schwamm wieder in Richtung Ufer.

      "Willst du schon wieder raus?", fragte Yan ungläubig.

      "Ja, ich hab heute noch nichts gegessen, mir ist ganz flau im Magen."

      Yan begleitete mich. Ich aß mich durch meine Vorräte. Yan wollte nur einen Apfel, als ich ihm etwas von meinen anbot. Er knabberte nachdenklich darauf herum und fragte dann, ob ich Vegetarier sei.

      Ich lachte: "Nein, aber bei diesem heißen Wetter mag ich am liebsten solche Sachen."

      Danach dösten wir beide vor uns hin. Der Tag verlief ruhig und friedlich. Zum Glück befanden sich nicht so viele Menschen am See, weil eine enorme Hitze herrschte. Deswegen gingen wir auch nicht so oft zum Wasser, sondern saßen lieber etwas faul im Schatten. Das Wasser im See kam uns, je öfter wir am Ufer waren, immer wärmer vor, aber es war immer noch besser als gar keine Abkühlung.

      Am Abend wollte mich Yan zu meinem Auto bringen, aber ich überraschte ihn damit, dass ich mit dem Fahrrad da war. Wir gingen