Thomas Hoffmann

Gorloin


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      Thomas Hoffmann

      Gorloin

      Roman

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       1.

       2.

       3.

       4.

       5.

       6.

       7.

       8.

       9.

       10.

       11.

       12.

       13.

       14.

       15.

       16.

       17.

       18.

       19.

       20.

       21.

       22.

       23.

       24.

       Quellenverzeichnis

       Impressum neobooks

      1.

      Sonnenlicht glänzte auf der verschneiten Ebene zwischen dem nebelverhangenen Moor im Westen und der steil aufragenden Hochebene im Osten. Im schräg einfallenden Nachmittagslicht ragten die Tafelfelsen im Norden schwarz und abweisend aus der Ebene auf. Den Tafelfelsen entgegen stapften vier Flüchtende durch den gleißenden Schnee. Sie führten einen Packesel mit sich.

      Abenteurer hatten wir sein wollen. Wir hatten geglaubt, als Auftragsleute des Burgherrn von Dwarfencast zu Reichtum und Wohlstand kommen zu können. Doch all unsere Unternehmungen hatten uns nichts eingebracht, als Entbehrungen und Todesgefahr. Wir konnten froh sein, dass wir noch am Leben waren nach den Höllenfahrten, die hinter uns lagen. Und der Auftrag, zu dem Zosimo Trismegisto uns diesmal ausgesandt hatte, war ein Sternenfahrtskommando, wie nur ein Wahnsinniger es sich ausdenken konnte.

      Meine Stiefel knirschten im Schnee. In den Schneemassen, die der Sturm vor einer Woche über das Land gebracht hatte, kamen wir nur mühsam voran. Unruhig blickte ich den noch zwei, drei Wegstunden entfernten Tafelfelsen entgegen. Zwischen den Felstürmen würden wir außer Sichtweite des Moors sein.

      Das Moor. Wenn ich zu den treibenden Nebelfeldern hinüberblickte, die sich im Westen zu weiten Nebelbänken verdichteten, beschlich mich Angst. Dort war ihr Reich. Dort lag die Hütte im Moor, in der Ligeia mich in blutigen Ritualen in die schwarze Magie initiiert hatte, in der sie Nächte im dunklen Liebesrausch mit mir verbracht hatte. Dort hatte ich ihr schwören müssen, ihr die archaischen Zaubersprüche aus Kurmuk Dakar zu bringen, der Stätte des brennenden Auges hoch im Norden.

      Ihre Stimme klang mir im Ohr: Was auch immer geschieht, Leif, kehre auf jeden Fall zu mir zurück!

      Nicht weit von hier lag die Stelle, an der Ligeia uns bei der Rückkehr von unserer ersten Fahrt abgefangen und um ein Haar im Moor ertränkt hätte zur Strafe dafür, dass ich mich nicht an ihre Befehle gehalten hatte. Sie wusste, dass wir auf der Flucht waren. Auf der Flucht vor ihr und den wahnsinnigen Forderungen unseres Dienstherrn, der ebenfalls verlangte, dass wir ihm die uralten Gralszaubersprüche aus Kurmuk Dakar beschafften. Aber obwohl wir nur Gerüchte kannten über die Stätte Gorloins, des brennenden Auges, hatten wir genug über diesen Schreckensort erfahren, um ihn um nichts in der Welt jemals betreten zu wollen. Ligeia wusste, dass wir uns davonmachen wollten. Und doch hatte sie mich ziehen lassen, ohne ein Wort des Widerspruchs, ohne jede Mahnung, ihren Anweisungen zu gehorchen.

      Wir waren auf der Flucht, schon immer, seit Svens und meiner Flucht aus dem Piratendorf Brögesand und dem abgestumpften Dasein als Totschläger nichtsahnender Handelsmatrosen. Seither verfolgten mich die erschlagenen Seeleute Nacht für Nacht in meinen Träumen und forderten ihr Leben von mir zurück.

      Lyana kam an meine Seite und nahm mich an der Hand. In ihren hohen Stiefeln lief die siebzehnjährige Waldläuferin mühelos durch den Schnee. Sie trug lederne Hosen und ein hellbraunes Lederwams mit Fransen an den Ärmeln. Ihr schulterlanges dunkelblondes Haar wurde von einem ledernen Stirnband gehalten. Von ihrer Hüfte baumelte ein glänzendes Schwert. Den Bogen trug sie abgespannt in der Hand. Den Köcher und eine große Umhängetasche hatte sie sich über die Schulter gehängt.

      „Wenn der Weg nach Kingerhag zu gefährlich ist, können wir auch einen anderen einschlagen,“ meinte sie in Erwiderung auf meine quälenden Gedanken.

      Ich hatte mich an den Umstand gewöhnt, dass sie meine Gedanken lesen konnte. Mittlerweile kam es mir wie selbstverständlich vor, wenn sie auf einen bloßen Gedanken von mir antwortete.

      „Wir können über die Berge nach Greifenhorst gehen.“

      Es wäre tatsächlich eine Möglichkeit, unsere Flucht hinauszuzögern, die Marschroute in die toten Berge und zum hohen Schneeberg länger einzuhalten. Wir hatten überlegt, nach Kingerhag im Nordwesten zu gehen. Aber selbst Sven, dem König Ertelred den vierten Teil seines Königreichs und die Hand seiner Tochter Hildegard versprochen hatte, war vor unserem Aufbruch unsicher geworden, als wir in der Turmschmiede Dwarfencasts über die Prophezeiung von der Rückkehr Gorloins aus den toten Bergen sprachen.

      Ich nickte nachdenklich. Dann sah ich sie verwundert an.

      „Gibt es da nicht jemanden in Kingerhag, den du liebst?“

      Lyana wurde rot. „Ach, auf Dauer wäre daraus ja doch nichts geworden.“

      Sie ließ meine