Ana Dee

Soulless Places


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es ja wissen.“

      Im Gänsemarsch umrundeten sie die Villa. Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend blickte Sophie zu den Fenstern hinauf. Altertümliche Gardinen blockierten den Blick ins Innere des Hauses. Eine warnende Stimme schien Sophie zuzuflüstern: „Lauf!“

      Ihre feinen Nackenhärchen richteten sich auf und sie schluckte. War das eben real gewesen oder schon wieder eine Sinnestäuschung?

      „Hey, du Traumsuse, komm.“

      Nick lief leichtfüßig die Treppe hinunter und machte sich an der Hintertür zu schaffen.

      „Sieht nicht so prickelnd aus, was du hier fabrizierst“, rügte Jonas seinen Freund. „Lass mich mal ran.“ Innerhalb weniger Sekunden gab die alte Holztür ein Klicken von sich und schwang leise knarrend auf. „Tja, so geht das heute.“

      Zufrieden wagte Jonas den ersten Schritt über die Schwelle der alten Villa. Muffige Luft schlug ihnen entgegen, dem der Geruch von feuchten Wänden folgte.

      „Hier müsste dringend mal gelüftet werden“, rümpfte Maike die Nase.

      „Soweit ich weiß, sind wir nicht zum Lüften hergekommen. Lasst uns schnell abtauchen, bevor uns einer entdeckt.“ Nick zog Sophie sanft in das Innere des Kellers und verschloss die Tür. „So, jetzt können wir die Lampen benutzen und einen Weg ins obere Stockwerk suchen. Jonas, du gehst voran.“

      Die Lichtkegel der Taschenlampen glitten über unverputzte Steinwände, Spinnweben und jegliche Art von Gerümpel. Sophie bildete das Schlusslicht des Quartetts, immer darauf bedacht, den Anschluss nicht zu verlieren. Die stickige Luft des Kellers und die Dunkelheit machten ihr zu schaffen. Beinahe hätte sie Maike über den Haufen gerannt, die kurz stehen geblieben war, um ein altes Kinderbettchen zu betrachten. Dieses hässliche Metallding ähnelte einem Käfig und allein die Vorstellung, dass darin tatsächlich ein Kind gelegen haben könnte, jagte ihr einen Schauer über den Rücken.

      „Echt creepy“, wisperte Maike. „Aber ich stehe auf dieses Gänsehautfeeling, kein Horrorfilm könnte besser sein.“

      „Vielen Dank, dass du mich daran erinnerst“, beschwerte sich Sophie mit gespielter Entrüstung und Maike kicherte albern.

      „Mädels, habt ihrs jetzt? Ich will nach oben.“ Nicks Stimme triefte vor lauter Ungeduld.

      „Immer mit der Ruhe, wir sind schon unterwegs“, beruhigte ihn Maike.

      Über ihnen polterte etwas.

      „Shit, was war das?“

      Sophie griff ängstlich nach Maikes Rucksack, um sich daran festzuklammern.

      „Schhhhh …“ Nick legte seinen Zeigefinger auf die Lippen und deutete auf die Taschenlampen. Schlagartig wurde es dunkel.

      Panik machte sich breit und Sophie rang hektisch nach Luft. Die angespannte Situation war kaum zum Aushalten.

      „Ist das eine andere Gruppe oder der Besitzer?“, flüsterte Maike.

      „Weder das eine noch das andere“, verneinte Nick. „Das Auto des Besitzers steht immer vor dem Tor, wenn er seine Runde dreht. Alte Häuser haben ihre eigenen Geräusche und wir hätten mit Sicherheit Schritte über uns gehört. Wir sind allein in der Villa, daran gibt es nicht den geringsten Zweifel. Jetzt beruhigt euch und folgt mir.“

      Im nächsten Raum breitete sich ein schwacher Lichtschimmer aus und Sophie konnte die Konturen einer Treppe erkennen. Sie war froh, den dunklen Keller endlich hinter sich zu lassen, die ungewohnte Umgebung verunsicherte sie.

      Sie stiegen die knarzenden Stufen nach oben und standen vor einer weiteren Tür. Jonas drückte die Klinke herunter. „Verschlossen, wie sollte es auch anders sein.“ Er nestelte mit seinem Werkzeug am Schloss herum und die Tür sprang auf. „Genauso muss das laufen“, brummte er zufrieden.

      Vom hellen Sonnenlicht geblendet, schloss Sophie die Augen. Direkt über ihr befand sich eine kleine Kuppel aus Glas.

      „Das nenne ich mal ein Highlight, im wahrsten Sinne des Wortes.“ Maike schirmte mit ihrer Hand die Augen ab und blickte nach oben. „Der ehrenwerte Herr Fabrikant hat, wie es scheint, auf großem Fuße gelebt.“

      „Na, dann warte erst einmal ab, bis du die Inneneinrichtung siehst. Auf geht’s.“ Für Nick gab es kein Halten mehr, sein Entdeckergeist war geweckt.

      Der Läufer auf dem Flur dämpfte ihre Schritte, während sie auf zwei große Flügeltüren zuschritten.

      „Darf ich den Herrschaften den blauen Salon präsentieren?“

      Nick stieß schwungvoll die Türen auf und die anderen folgten ihm staunend. Sophie war beeindruckt und fühlte sich augenblicklich in ein anderes Jahrhundert zurückversetzt. Der Salon war mit eleganten Biedermeiermöbeln ausgestattet und schwere Samtvorhänge umrahmten die Fenster. Es hatte den Anschein, als ob die ehemaligen Besitzer gleich zurückkehren würden. Nur die dicke Staubschicht auf dem Mobiliar erinnerte an die Vergänglichkeit.

      „Unglaublich, so eine gut erhaltene Location habe ich noch nie betreten.“ Maike war hin und weg. Andächtig schritt sie durch den Salon und betrachtete die alten Gemälde. „Von außen sieht man der Villa gar nicht an, was für Schätze sich im Inneren verbergen. Das Haus ist in einem respektablen Zustand.“

      „Deshalb ist es so wichtig, diesen Ort geheim zu halten. Wenn die Leute erfahren, was es hier zu holen gibt, verliert die Villa ihren gesamten Charme“, erklärte Jonas.

      Nachdem Sophie das wertvolle Porzellan in der Vitrine bewundert hatte, drehte sie sich um. „Was machen wir als Nächstes?“, fragte sie ungeduldig.

      „Immer mit der Ruhe. Wir besichtigen zuerst die Räumlichkeiten und entscheiden dann, wo wir drehen. Du kannst ja ein paar Fotos schießen, wenn du magst.“ Nick kramte in der Seitentasche seines Rucksacks und reichte ihr die Kamera. „Du hast einen guten Blick dafür, deshalb habe ich dich mitgenommen.“

      Sie konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass Nick sie beschäftigen wollte, bevor sie weitere Fragen stellte. Trotzdem gab sie sich Mühe und versuchte gewissenhaft, das Flair vergangener Zeiten auf Bild zu bannen. Anschließend warf sie einen Blick in den verwilderten Garten, wo große, violett blühende Rhododendren die Sicht einschränkten. Dennoch entging ihr nicht die dunkel gekleidete Gestalt, die sich der Villa näherte.

      „Achtung Leute, da kommt jemand! Was machen wir denn nun?“ Wie ein aufgescheuchtes Huhn trommelte sie die anderen zusammen.

      Nick pirschte ans Fenster. „So ein Mist, der Besitzer schließt gleich die Tür auf. Packt den Kram zusammen und versteckt euch.“ Hastig griff er nach den Rucksäcken und öffnete eine schmale, mit Tapete bespannte Tür im hinteren Teil des Salons. „Los, rein da, schnell!“

      Er schob Sophie in die winzige Kammer, hechtete hinterher und zog die Tür zu. Ängstlich klammerte sich Sophie an Nick und hoffte, ihre hektische Atmung in den Griff zu bekommen. Hier drinnen war es zappenduster und nur das schmale Lichtband der Tür erinnerte an die Helligkeit des Tages.

      4

Villa

      Die schwere Eingangstür aus Eichenholz wurde kraftvoll aufgestoßen und das Parkett knarrte leise unter den Schritten. „Hallo? Jemand hier?“ Eine verärgerte Stimme grollte über den Flur.

      Sophie zitterte wie Espenlaub und krallte sich in Nicks Shirt. Die Luft in der Kammer war zum Zerschneiden dick. Es roch modrig und zu allem Überfluss spürte sie Spinnweben auf ihrem Gesicht. Sie ekelte sich fürchterlich vor diesem Getier und wäre am liebsten laut schreiend aus der Villa getürmt.

      Nick bemerkte ihre Unruhe. Er zog sie näher zu sich heran und legte seine Arme schützend um ihre Schultern. Sophie lehnte den Kopf an seine Brust und spürte deutlich seinen schnellen Herzschlag. Ängstlich lauschte sie den scharrenden Schritten, die sich der Kammer näherten. Als unvermittelt ein