zu sagen – ja, sogar zu denken.
Nur einmal erlitten wir einen Rückschlag, doch das war vor meiner Zeit. Wäre ich bereits dort gewesen, hätte es eventuell ein anderes Ende genommen.
Eine weitere Person betrat den Raum. Sie stand noch in der Tür, hinter mir.
Die Regeln waren streng. Ich durfte auf die Personen vor mir im Halbkreis schauen, aber den Blick nicht zur Seite richten.
Trotzdem war mir der Mensch hinter meinem Rücken bekannt. Sehr sogar.
Dessen Schatten wurde auf das mit Kreide gezeichnete Bild auf dem Holzboden geworfen.
Wie oft ich hier gewesen war!
Zur Besprechung des Planes. Nichts durfte schief gehen und das würde es gleich auch nicht. In wenigen Momenten war ein erfolgreicher Ausgang so gut wie garantiert.
Der Schatten wurde größer, schließlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter, welche mich sanft zu Boden drückte. Ich kniete mich nieder, was aufgrund meines braunen Gewands nicht allzu leicht war.
Nun ist es soweit, dachte ich aufgeregt.
Die Kerzen flackerten, mein Atem wurde flacher. Der Halbkreis begann leise damit, uralte Formeln zu beschwören.
Heiß und kalt zugleich durchfuhr es mich, als der Mensch hinter mir langsam mein Gewand auszog.
Wie oft hatte die Person das getan! Wie so oft hatte ich danach mit ihr geschlafen. Es war keine Liebe im Spiel, nur Macht und pures Verlangen. Es war leidenschaftlich, ja, aber Gefühle hatte ich für eine andere Person. Trotzdem ließ ich es mit mir machen und durfte es ab und zu auch selbst. Andere wären vielleicht davon angewidert gewesen, aber es war nun mal meine gegenwärtige Situation. Die körperliche Zuneigung tat mir gut. Es hatte zwar nicht wirklich etwas mit dem Plan zu tun, aber mir nutzte es unheimlich viel und meinem Gegenüber auch.
Meine Gedanken an die andere Person, deren meine wahren Gefühle galten, blendete ich jedes Mal aus. Es funktionierte gut und mit ihr trieb ich es danach genau so. Nie würde ich mir anmaßen zu beurteilen wer mich am meisten befriedigte. Es hielt sich stets die Waage, trotz großer Unterschiede der einzelnen Persönlichkeiten.
Während die eine immer mächtiger wurde und den Plan eines großen Ganzen verfolgte, war die andere völlig ahnungslos, aber sexuell anziehend und übte eine starke Faszination auf mich aus.
Zu der einen Hand gesellte sich ihr Gegenstück. Langsam begannen sie meine Schulter zu massieren. Wieder stieg dieses prickelnde Gefühl in mir auf, welches ich jedes Mal in der Gegenwart der Person spürte. Vorsichtig, fast zaghaft, glitten die Hände meinen Rücken hinunter zu meinem Gesäß.
Hier vor allen anderen werden wir es nicht tun, war mein Gedanke. Noch nicht.
Doch wenn es dazu gekommen wäre, hätte ich nicht Nein gesagt.
Die Hände fuhren sanft zurück zu meinen Schultern.
Ob die Menschen vor uns, in den braunen Gewändern, es auch so erfahren hatten?, überlegte ich.
Mein Körper wurde losgelassen. Ich schloss meine Augen.
Ein kalter Gegenstand wurde auf meine rechte Schulter gelegt. Ich wagte einen kurzen Blick: Die Köpfe der Personen im Halbkreis hoben sich.
Sie warten auf dein Zeichen, los gib´ es ihnen.
Dann wurden die Stimmen lauter. Es gab kein Zurück.
Die Temperatur des Gegenstands passte sich gemächlich meiner Körpertemperatur an. Behutsam schnitt die Person hinter mir in meine Haut.
Ja!, rief ich voller Ekstase in mich hinein.
Mein warmes Blut lief meinen Rücken entlang, während der Dolch in aller Ruhe zu meiner linken Schulter gezogen wurde. Immer darauf bedacht, die Klinge nicht abzusetzen. Dann wäre es nicht vollständig gewesen. Wie ein Geschlechtsakt, an dem nur einer seinen Spaß hatte. Ich wollte es aber richtig durchführen und der Mensch hinter mir wollte dies auch.
Immer mehr Blut floss meinen Rücken entlang. Ich stöhnte in meinem Inneren vor Erregung.
Dann verstummten die Stimmen vor uns. Der Halbkreis löste sich auf und schritt geordnet hinter mir. Die Personen setzten sich in eine Reihe, während die eine mit dem Dolch in der Hand sich vor mich stellte. Diese Position hatte ich oft inne, natürlich sonst ohne die Waffe.
Ich sah in die Augen meines Gegenübers, welches den Dolch mit der Spitze auf meinen Mund richtete. Es war nicht viel Blut, welches an ihm klebte. Zu tief durfte der Schnitt nicht sein, um im Alltag nicht aufzufallen.
Meine Zunge leckte vorsichtig das Blut ab. An meinem Rücken machten sich die anderen Personen zu schaffen. Sie teilten sich mein Blut, jeder bekam etwas davon.
Danach kniete sich mein Gegenüber vor mich und ich küsste es – zum Teil aus Dank, zum Teil aus Lust.
Nun war ich aufgenommen und musste die Regeln befolgen.
Kapitel 1: Eine glückliche Ehe
Zwei Jahre waren vergangen.
Mein Freund Noah und ich hatten die schrecklichen Erlebnisse hinter uns gelassen. Damals war unsere gemeinsame Freundin Linda ermordet worden. Von meiner Lehrerin. Aus dem Fenster der Junior High gestoßen. Furchtbar!
Brenda, ihre Partnerin, war damals vollkommen fertig. Gemeinsam hatten wir den Tod unserer Eltern am 31. Juli 2000 aufgeklärt. Sie wurden von einem Hexenorden namens Omega ausgelöscht. Die damalige Anführerin war Miss Kaminsky, welche vor einigen Jahren von John Jones – einem Detective und inzwischen guten Freund – erschossen wurde, als sie versucht hatte, Noah zu erwürgen.
Mrs. Combe wollte die Nachfolge der Ordensführerin übernehmen, intrigierte wohl auch gegen sie. Jedenfalls veranlassten die beiden den Mord an unseren Eltern. Ausgeführt hatte die Tat unter anderem Mr. Carl – ein ehemaliger Mitarbeiter des Stadtarchivs – welcher momentan schwer krank im Gefängnis seine Strafe verbüßte.
Der Cryptal´s Express – die Zeitung unserer amerikanischen Stadt – berichtete damals groß über die Ereignisse, sogar der Polizeivorstand musste komplett wechseln. Daraufhin wurde John zum Leiter des Police Office gewählt. Selbst einen Assistenten gewährte ihm die Stadt.
Jones kam, genau wie sein Assistent, ursprünglich aus Grave´s Garden, der nächstgrößeren Nachbarstadt von Cryptal City. Man musste acht Meilen auf einer Verbindungsstraße, der Broker Road, fahren um sie zu erreichen.
Broker Road.
Auf dieser Strecke, vier Meilen vor unserer Nachbarstadt, hatte mein Freund auf einem Feld Cecilia Combe getötet, nachdem sie mit anderen Omega – Anhängern versucht hatte uns gegeneinander aufzubringen und auf die Seite ihres Ordens zu ziehen.
Schreckliche Lügen hatte sie erzählt...
„Babe, was schaust du mich so an?“ fragte Noah.
Tatsächlich starrte ich ihn an, bewunderte seine mittellangen, rotbraunen Haare und sein hübsches Gesicht. Langsam schaute ich auf seinen nackten, trainierten Körper. Noah ging ab und zu ins Fitnessstudio, hatte aber bereits davor definierte Oberarme und einen muskulösen Bauch, der zum niederknien war.
Wir lagen nackt im Bett.
Mein Mann und ich.
Noah war inzwischen zwanzig, ich war neunzehn, aber bereits vor zwei Jahren hatten wir geheiratet. Es war eine kleine Feier mit Brenda und John. Für uns beide war es die erste Beziehung. Noah hatte mir damals seine Gefühle (die er seit dem Kindergarten für mich hegte) gestanden und irgendwann war ich so verliebt in ihn gewesen, dass wir zusammen kamen.
Wir lebten zusammen in seinem Haus. Unsere Eltern hatten alle vor ihrem Tod eine hohe Lebensversicherung abgeschlossen und die Stadt war so nett, nachdem wir aus dem Heim kamen und langsam erwachsen wurden, uns in die Elternhäuser zurückkehren zu lassen. Brenda wohnte auch noch in ihrem Haus.
„Hey? Alles in Ordnung?“