Charlotte Maus

Kryptonit


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Lait in der Hand, wie sie ins Schlafzimmer schaute und mich anlächelte. Ich lag noch im Bett und hatte einen Zeichenblock auf dem Schoß. Ich arbeitete an einer Bilderreihe über die Schlucht, in der ich die Gefahr der Natur betonen wollte und zeichnete Skizzen.

      „Habt ihr euch die Kapelle oben angeschaut. Sie ist aus dem zwölften Jahrhundert. Könnt ihr euch das vorstellen? Das ist einfach mal scheiß achttausend Jahre her.“

      „Wir sind einfach in den Gassen versackt.“ antwortete Pia, lächelte Chris aber anerkennend für sein Wissen an.

      „Sagt mal, habt ihr heute noch was vor?“ fragte Chris uns beide und schaute gespannt zwischen uns hin uns her. Wir sahen uns an und zuckten mit den Schultern.

      „Ne.“ antworteten wir beide im Chor.

      „Wieso?“ wollte Pia wissen.

      „Naja, ich dachte wir könnten ja eine sehr anspruchsvolle Wanderung den Hügel hinunter machen und diese atemberaubende Sehenswürdigkeit, namens Lac de St. Croix, vom Ufer aus betrachten. Oder sogar hinein steigen. Völlig ohne Schutzausrüstung. Wir sind ja schließlich im Aktivurlaub.“

      „Strandtag?“ fragte ich sicherheitshalber.

      Chris lachte und nickte inbrünstig. Pia stimmte auch nickend ein und schon fanden wir uns im Zelt wieder, wie wir eine Strandtasche packten. Also eigentlich packte Pia eine Strandtasche und ich versuchte mir im Liegen meine Badehose über meinen verschwitzten Körper zu ziehen. Als ich mich aufsetzte, beschloss ich, dass ich jetzt lange genug auf meine Antwort gewartet hatte.

      „Pia?“ fragte ich zurückhaltend.

      Sie sah mich nicht an und sagte nur „Hm?“, während sie weiter Sachen in die große Tasche stopfte. Ich legte meine Hand auf ihren Arm und drückte ihn leicht. Sie sah mich nun an.

      „Ich habe dir vorhin gesagt, dass ich dich liebe. Das ist mir nicht so raus gerutscht. Ich fühle das so. Schon länger. Also sage ich es jetzt nochmal und hoffe, dass wir mehr als zwei Sekunden haben, bevor jemand deine Antwort unterbricht. Ich liebe dich, Pia.“

      Es war raus und ich fühlte mich so selbstbewusst und ehrlich. Ich schaute sie erwartungsvoll an und sie lächelte wieder. Ich konnte ein Funkeln in ihren Augen erkennen. Trotzdem platzte ich fast vor Spannung.

      „Obie, das ist so schön, dass du das empfindest und ich bin unendlich dankbar, dass du das mit mit teilst. Ich fühle mich geehrt, dass ich die Frau bin, die bei dir solche starken Gefühle auslöst.“

      Sie machte eine Pause und ich war jetzt schon völlig desillusioniert. Das hörte sich nicht an, als ob darauf ein ‚Ich liebe dich auch‘ folgen würde. Mein Blick wandte sich traurig von ihr ab und ich zog die Augenbrauen zusammen. Pia legte eine Hand auf meine Wange und schob meinen Kopf wieder nach oben, damit ich sie ansah. Sie sah glücklich aus und sah mich aufmunternd an.

      „Es tut mir leid, dass ich dir nicht das antworten kann, was du hören willst. Ich liebe nicht so einfach. Ich habe auch sehr starke Gefühle für dich. Ob es Liebe ist? Das kann ich noch nicht sagen. Aber ich bin mir sicher, dass es das Stärkste ist, was ich jemals für jemanden empfunden habe, Obie.“

      Mein Baum kribbelte. Ich wusste, dass das alles war, was sie mir geben konnte. Und ich beschloss es dankbar anzunehmen.

      „Du wirst mich schon noch lieben lernen.“ sagte ich neckisch zu ihr und nahm sie fest in meinen Arm. Sie schmiegte sich perfekt in meine Arme und wir lächelten beide. Ich konnte das akzeptieren.

      Wir gingen zum Strand und richteten uns unsere Liegeplätze ein. Ich wühlte in unserer Tasche und fand einen Wasserball. Ich pustete ihn auf und sah Pia und Chris herausfordernd an.

      „Leute, wie gut seid ihr so in Wasserball? Weil… Ich bin ziemlich gut. Mein Schlag ist hart und ich kann mit einer Hand fangen.“

      Chris Blick verdunkelte sich und er sah mich mit gesenktem Kopf an, wie ein Stier, der zum Angriff überging.

      „Challenge accepted, Loser.“ sagte er trocken und stapfte Richtung Wasser.

      Pia und ich sahen uns überrascht an. In Windeseile zogen wir unsere Klamotten über der Badekleidung aus und folgten ihm ehrfürchtig und schulterzuckend. Chris war ohne eine Mine zu verziehen einfach in den See gelaufen, als wäre es nichts. Ich versuchte das gleiche, aber ich musste mir eingestehen: Es war scheiß kalt. Pia schrie mehrmals kurz laut auf, aber ging rein. Auch ich war schließlich bis zu den Beiden vorgedrungen. Wir begonnen unser knallhartes Match jeder gegen jeden. Diverse Wasserbälle flogen gegen Köpfe und jeder von uns ging unzählige Male unter und kam laut lachend wieder hoch. Wir hatten unglaublichen Spaß. Wir lachten unfassbar viel und mein Bauch tat schon weh, bis wir endlich entschieden hatten, dass es keinen Gewinner gab, sondern jeder von uns sich damit abfinden musste, von zwei absoluten Pros im Wasserball geschlagen worden zu sein. Ich wusste, dass eigentlich ich gewonnen hatte. Ich meine… Ich konnte mit einer Hand fangen! Also ließ ich den anderen beiden den Triumph. Wir gingen zurück zum Strand und lagen in der Sonne. Nach einer viertel Stunde kamen Sarah und Alex auch am Strand an und schlugen ihre Lager ein paar Meter von uns entfernt auf. Ich war geschafft vom Wasserball spielen und legte mich, diesmal eingecremt, auf mein Handtuch. Der Wind wehte mir um die Ohren. Es war so angenehm, nass auf dem Handtuch zu liegen und den kühlen Wind auf der Haut zu spüren. Es dauerte keine zwei Minuten, bis ich eingeschlafen war.

      Als ich aufwachte, schnappte ich Wortfetzen eines Streits auf und meine Welt begann, sich langsam zu verändern.

      „Was mein Problem ist? Dass du auf meinen Freund…“

      Ich hörte Pias Stimme, wie sie jemanden anschrie. Ich wachte auf und versuchte etwas wahrzunehmen.

      „Na, und? Was weißt du schon über uns…“

      Immer wieder brachen die Stimmen ab und der Wind wehte stattdessen in meinem Ohr. Ich hörte jetzt auch Sarahs Stimme. Stritten Pia und Sarah sich?

      „Verbindet?… Er würde dich niemals…“ Wind.

      „Ach ja? Das sah vor ein paar Jahren aber noch anders aus! Was er dir nie erzählt hat…“ Wind.

      Ich setzte mich auf und versuchte die Richtung auszumachen, aus der der Streit kam. Ich sah mich um und erblickte Sarah und Pia, die sich ein paar Meter entfernt am Strand wie Rivalen gegenüber standen.

      „Das ist ja lächerlich… Wann soll das denn gewesen…“ Wind.

      Ich musste näher heran, um etwas zu verstehen. Ich stand auf.

      „Ich kenne ihn länger… Er war mal… Du würdest dich wundern…“

      Ging es bei dieser Unterhaltung um mich? Ich näherte mich den beiden langsam und konnte immer mehr ihrer Wortre verstehen.

      „Das ist doch Wunschdenken! Als ob er was mit dir anfangen würde.“

      „Nicht würde! Wir haben…“ Wind.

      Verdammt. Ich musste noch näher ran. Ich stand jetzt nur noch ein paar Meter von beiden entfernt und wunderte mich, dass mich keiner bemerkte. Pia lachte hämisch.

      „Und warum hat er mir das nie erzählt?“

      „Damit du nicht eifersüchtig wirst.“

      „Auf dich?“ Pia lachte noch lauter.

      Sie drehte sich um, um zu gehen. Dann stolperte sie fast über mich. Ich stand fassungslos neben den beiden und verstand die Welt nicht mehr.

      „Obie! Hast du das gehört?“

      Sarah sah erschrocken auf und versuchte die Fassung zu bewahren.

      „Tobias…“

      „Was ist hier los?“ fragte ich endlich.

      Beide sahen mich mit großen Augen an. Sarah erlangte schließlich ein paar Sekunden später ihre Fassung zurück und antwortete.

      „Erzähl ihr, was damals passiert ist!“ verlangte sie.

      Ich hatte keine Ahnung wovon sie