George William Warren

Bei Erwachen Mord


Скачать книгу

die vom Catering Service gestellt worden waren, schwirrten in hellgrauem Livree wie Motten um die Gäste zwischen den Blumenbeeten und servierten Kaviar mit Blinis, eiskalten Wodka und Champagner. Im Hintergrund spielte ein Orchester mit Oboen, Saxofonen, Bratschen und Trommeln. Rolf musste innerlich lächeln, als er feststellte, dass mehr Bedienstete als Gäste auf dem Rasen standen.

      An dem mit bunten Hors d’oeuvre und Salaten bedeckten Buffettisch, der vor den großen französischen Fenstern der Villa stand, unterhielten sich die Rogers. Bobby war wie immer wie aus dem Ei gepellt. Er trug einen cremefarbenen Zweireiher, und seine Haare waren sorgfältig nach hinten gekämmt. Neben ihm Monikas Freundin Molly, eine kalte und etwas fade Schönheit, die selten lächelte und die Unterhaltung meistens ihrem Mann überließ. Rolf hatte nie begriffen, wie Monika sich so gut mit ihr verstehen konnte. Sie waren grundverschieden.

      Bobby schien sich in der Gegenwart seiner Frau zu langweilen und ließ seine Augen unaufhörlich umherschweifen. Dann fing er ein Gespräch mit Johns Schwager Liam an. Rolf und Monika gesellten sich zu ihnen.

      „Jetzt ist der günstigste Moment zum Kaufen. Natürlich sollte man bei den augenblicklichen Kreditbedingungen nicht auf Banken angewiesen sein. Aber deshalb sind die Preise so interessant – viel interessanter als beispielsweise in Florida, wo kubanische Emigranten seit Castros Putsch die Immobilienpreise hochtreiben … Hallo ihr beiden!“ Bob gab Monika und Rolf die Hand. „Ich erkläre Liam gerade die negative Korrelation zwischen Zinsen und Hauspreisen …“

      Liam schien sich nicht sonderlich für die Korrelation zu interessieren, denn seine intelligenten, dunklen Augen schielten ständig an ihm vorbei. Er war ein schlanker, nervöser Mann, den man nie ohne eine Zigarette in der Hand antraf. „Bobby, verschwende deine Spucke lieber auf jemanden, der wirklich Kapital hat. Ich bin nur ein Psychiater mit durchschnittlichem Einkommen.“ Er lächelte Rogers nachsichtig an.

      Monika hatte sich einen zweiten Tom Co genommen und unterhielt sich mit Molly. Rolf musste innerlich lächeln. Wie schaffte sie es nur, diesen Eiswürfel zum Reden zu bringen? Aber Monika hatte eine besondere Gabe, das Zutrauen ihrer Mitmenschen zu gewinnen. Sie konnte besonders gut mit Kindern umgehen, und es war dann immer schwer, die Kleinen wieder von ihr zu trennen.

      Etwas abseits am oberen Ende des ovalen Schwimmbads standen Johns Schwester Kimberley und ein anderes Paar. Rolf erkannte die dunkle Schönheit, die sich am Donnerstag mit Bobby vor Johns Haus gestritten hatte. Groß und elegant stand sie neben einem jungen Mann, der auf eine Bemerkung von Johns Schwester hin in schallendes Gelächter ausbrach. Sie ließ sich aber nicht von der guten Laune ihres Begleiters anstecken und starrte unverwandt zu Bobby Rogers hinüber. Obwohl sie nicht viel sprach, wirkte sie nicht kalt. Es war eher ihre ungewöhnliche Schönheit, die einschüchternd wirkte.

      Liam sah Rolfs Blick nach und nickte.

      „Ja, Faith ist wirklich eine Wucht. Meine Frau hat sie im Reitclub kennengelernt. Wir haben sie ab und zu zum Essen eingeladen – aber eigentlich wissen wir wenig über sie.“

      „Und der neben ihr ist ihr Mann?“

      Der Psychiater schüttelte den Kopf. „Das wäre er gerne. Nein, Nik ist ein Junge, den sie oft mitschleppt, um nicht alleine auf Gesellschaften zu erscheinen – einer dieser Müßiggänger und Nichtsnutze.“

      Rolf musterte Faith eingehend. „Sie scheint wirklich gewagte Dekolletés zu mögen …“

      Liam lächelte ironisch. „Rolf, du solltest in deinem Alter inzwischen gelernt haben, dass keine Frau glaubt, sie sei für eine Party richtig angezogen, wenn sie sich nicht genug ausgezogen fühlt. Komm mit, ich mache euch bekannt ...“

      Rolf nahm sich ein zweites Glas und folgte Liam am Rande des Beckens entlang zu der kleinen Gruppe, die unter einer großen Trauerweide stand.

      „Hallo Faith, darf ich dir Rolf Bennett vorstellen. Er führt mit John das Architektenbüro und ist vor allem ein guter Freund. Rolf, das ist Faith Dommartin ...“

      Rolf reichte ihr die Hand und war erstaunt über ihren festen Griff. Obwohl Rolf sehr groß war, sahen ihre dunklen Augen ihn auf gleicher Höhe an. Ein unauffälliger Blick auf ihre Schuhe zeigte ihm, dass die hohen Absätze etwas dazu beitrugen.

      „Kimberley brauche ich dir ja nicht vorzustellen, und das ist Nik Heath, der äh … Golfspieler,“ fuhr Liam fort.

      Nik zog eine Grimasse. Er schien mit der Beschreibung seines Profils nicht ganz zufrieden zu sein.

      Rolf wandte sich wieder dem holografischen Bild zu. Anders konnte man Faith kaum bezeichnen. „Haben wir uns nicht schon einmal gesehen?“

      Sie schien den ironischen Unterton in seiner Stimme zu überhören und verzog keinen Muskel ihres Gesichtes. „Ich wüsste nicht wo. Aber natürlich – Sie erinnern mich total an meinen Urgroßvater in seinen letzten Jahren ...“

      „Faith – kannst du dich nicht ausnahmsweise benehmen?“ Kimberley sah ihre Freundin ärgerlich an.

      Das holografische Bild blickte zu Rolf. „Verzeihen Sie, Herr … Bennett. Eigentlich wurde ich gut erzogen. Keine Ahnung, was danach passiert ist. Sie arbeiten also mit John zusammen. Seltsam, ganz Kalifornien scheint von Architekten und Immobilienmaklern nur so zu wimmeln …“ Sie schaute wieder flüchtig zu Bobby runter. Ihr Blick hatte jetzt etwas Sehnsüchtiges, und leichte Grübchen bildeten sich auf ihren Wangen.

      Rolf wurde schlagartig klar, dass Faith den etwas schmierigen Rogers wirklich liebte. Das holografische Bild nahm menschliche Züge an. Was fand sie bloß an ihm?

      Rolf erhaschte Liams Blick und merkte, dass Bobby und er nicht die Einzigen waren, die von Faith beeindruckt waren. Liam starrte einige Sekunden auf sie – der Ausdruck seiner Augen hatte etwas Gieriges.

      Auch Bob sah gelegentlich zu ihr herauf. Aber er schien eher Angst vor einem Skandal zu haben, denn er drehte sich immer hastig weg, wenn sich ihre Blicke trafen. Rolf konnte sich gut in ihn hineinversetzten. Wahrscheinlich zählte Rogers die Minuten, bis die ganze Sache vorbei war, und er ungeschoren mit seiner Frau nach Hause gehen konnte.

      „Ihr Männer seid doch solche Feiglinge …“ Faith schien zu sich selbst zu sprechen. „Kein Wunder, dass Herzinfarkte meistens euch treffen …“

      Rolf wandte sich an Faith und lächelte. „Urteilen Sie nicht zu hart über die Männer. Im Grunde denken wir wie ihr Frauen, nur handeln wir manchmal impulsiver und unüberlegter, wenn es um … äh … zwischenmenschliche Beziehungen geht. Manchmal vergessen wir dann die Verpflichtungen, die wir eingegangen sind. Aber wir können sie deswegen nicht einfach ganz über Bord werfen.“

      „Das ist nett gesagt. Man könnte auch sagen, ihr Männer richtet mit eurer Gleichgültigkeit einen Scherbenhaufen an und versteckt euch dann hinter der Familie, die ihr betrogen habt. Andere müssen dann die Scherben wegräumen. Da – sehen Sie ihn sich an …“ Faith deutete mit dem Kopf zu Bobby. „Er weiß nicht, wohin er schauen soll, und versteckt sich wie ein Schuljunge hinter dem Büffet. Ich werde hier auf Johns Fest schon kein Skandal machen – so gut müsste er mich jetzt eigentlich kennen!“ Sie sah auf ihren Solitär, den sie schon die ganze Zeit während ihres Gesprächs um ihren Finger gedreht hatte. Es war bestimmt nicht Bobby gewesen, der ihr diesen Ring geschenkt hatte.

      „Er hat eben Ihre Worte am Donnerstagabend sehr ernst genommen …“

      „Sie haben also mitgehört?“ Faith sah Rolf spöttisch an.

      „Ich habe es nicht vermeiden können. Glauben Sie mir, es war unabsichtlich – die Geschichten der anderen interessieren mich keinen Penny.“

      „Schön, dass es auch Menschen wie Sie gibt – manche machen aus den Geschichten der anderen ihren Hauptbroterwerb. Ich konnte Spanner nie leiden. Sie haben etwas Schmutziges …“

      Er sah sie etwas erstaunt an. Ihr Vokabular passte so gar nicht zu ihrer eleganten Erscheinung.

      „Kennen Sie die Rogers eigentlich gut?“ Faith zog ein goldenes Zigarettenetui aus ihrer Handtasche.

      Rolf schüttelte den Kopf. „Meine