seine Hand die meine immer noch umfängt.
In diskretem Abstand folgt uns sein Bodyguard und setzt sich zwei Tische von uns entfernt hin. Die Umgebung stets im Blick.
Kaum sitzen wir an unserem Tisch, kommt schon der Kellner mit einer Flasche Rotwein und füllt unsere Gläser damit auf.
„Mögen Sie Rotwein?“ fragt mich der Mann, der mich immer noch unverhohlen mustert.
„Eigentlich schon. Aber...“
„Er passt hervorragend zu unserem Essen.“ fällt er mir ins Wort.
„Zu unserem Essen?“
„Ich habe mir die Freiheit genommen, schon etwas zu bestellen.“ und lächelt mich charmant an.
„Sie haben doch gar keine Ahnung, was ich gerne esse und bis vor wenigen Minuten wussten Sie nicht einmal, ob ich mit Ihnen speisen würde.“
„Letzteres habe ich gehofft und was Ihre Vorlieben anbelangen, so hoffe ich doch, diese noch genauer kennenlernen zu dürfen.“
Ein wohliger und gleichzeitig kühler Schauer überlauft mich. „Warum bin ich hier? Sie wollen gar nicht über Ihre Mutter sprechen, erst recht nicht ein Treffen mit Ihr planen, stimmt's?“
„Sie sind clever. Das habe ich vom ersten Moment an bemerkt. Sie haben recht. Ich möchte nicht mit Ihnen über meine Mutter sprechen. Alles was ich zu diesem Thema zu sagen habe, wissen Sie bereits. Sie sind hier, weil ich Sie besser kennenlernen möchte.“
Mein Herz setzt einen Herzschlag aus. Habe ich ihn recht verstanden? Er will mich besser kennenlernen? Auf einer Seite bin ich froh, dass er nicht über seine Mutter sprechen möchte, denn ich wusste bis zu diesem Moment nicht, wie ich mich gegenüber ihm verhalten werde, wenn er nach ihr fragen würde. Ob ich ihm anvertrauen würde, dass ich seine Kindheit, die er bei seinen Eltern verbracht hat, bis ins kleinste Detail kenne oder ob ich es vor ihm verschweigen würde. Aber auf der anderen Seite empfinde ich Mitleid mit meiner Kundin. Ihr grösster Wunsch ist es, noch einmal ihren Sohn zu sehen und ihn um Verzeihung zu bitten, bevor sie nicht mehr in der Lage dazu sein wird.
„Es tut mir leid, Herr Falk. Wir können das nicht tun.“
„Was? Uns unterhalten?“
„Ihre Mutter ist meine Kundin. Meine Aufgabe ist es, sie zueinander zu führen und da Sie Ihren Standpunkt zu diesem Thema klipp und klar dargelegt haben, darf ich nicht hier sein. Es ist falsch....“
„Falsch?“ fällt er mir erzürnt ins Wort. „Ich möchte nur mit Ihnen zu Mittagessen. Sonst nichts.“ Er streckt seine Hand über den Tisch und legt sie auf meine. „Lassen Sie uns dieses Mahl gemeinsam zu uns nehmen. Danach lasse ich Sie gehen.“
Seine Wärme, die sich auf meiner Hand ausbreitet, gefällt mir. Seine Finger fühlen sich geschmeidig und stark an. Ich bin hin- und hergerissen von meinen Gefühlen. „Ich weiss nicht, ob ich mir das erlauben kann.“
„Es gibt kein Zurück mehr. Unser Essen ist bereits auf dem Weg zu uns.“ Er nimmt seine Hand von meiner, setzt sich gerade hin und lächelt mich mit einem stillen, spitzbübischen Lächeln an.
„Ein gemischter Salat als Vorspeise.“ lässt der Kellner neben mir verlauten. Stellt die Teller vor uns hin und verschwindet so lautlos, wie er gekommen ist, wieder in der Küche.
Das Essen schmeckte ausgezeichnet und mein Tischnachbar hätte ich gerne zum Dessert verzerrt, wenn er nicht der Sohn von einer meiner Kunden wäre und nicht Oliver Falk heissen würde.
Ich hätte nie gedacht, dass der weltbekannte Fussballer so ausgelassen und fröhlich sein kann, wenn man seine Vergangenheit bedenkt.
Wir unterhielten uns über alles Mögliche, ohne dass er etwas über die Jahre bei seinen Eltern, oder über das Leben in den Kinderheimen verlor. Obwohl ich mehr als einmal versucht habe, ihm etwas zu entlocken, lenkte er geschickt ab.
Es ist jetzt bereits später Nachmittag, als ich endlich ins Büro zurückkehre. Tina wird sicherlich nicht erfreut sein, dass ich so lange weg war und mich nicht gemeldet habe.
Eigentlich hätte ich gleich in meine Wohnung gehen können, die sich nur wenige Meter vom Hotel entfernt befindet, statt mich von Mitchell nach Wil zurück chauffieren zu lassen. Aber ich wollte nicht, dass Oliver erfährt, wo ich wohne.
„Danke fürs bringen.“
„Keine Ursache.“ erwidert der Bodyguard, nachdem er mir die Wagentür geöffnet hat und ich auf mein Büro zugehe.
Kaum betrete ich das Gebäude, kommt mir schon meine Schwester entgegen.
„Wo hast du gesteckt? Ich habe mir schon langsam Sorgen gemacht.“
„Hast du gedacht, ich würde irgendwo im Strassengraben liegen?“
„Hör auf mit diesen makaberen Witzen.“
„Sorry.“
„Na sag schon, wo hast du so lange gesteckt?“
„Ich war mit Oliver Falk essen.“
Sie sieht mich verwirrt und zugleich erfreut an. „Das war aber ein langes Essen. Und wann trifft er seine Mutter?“
„Er möchte sie nicht sehen.“ Ich muss meinen Blick abwenden, um meine Schwester nicht ansehen zu müssen.“
„Ich kann dir nicht folgen. Warum warst du dann so lange weg und warum siehst du zur Seite?“
„Er wollte nie über seine Mutter sprechen, sondern mich besser kennenlernen.“ flüstere ich beinahe.
„Wow, das ist ja der Hammer.“
„Ja, nicht wahr?“
„Endlich ist da wieder jemand, der dich berührt. Der dich aus deiner umzingelten Mauer, die du um dich herum aufgerichtet hast, reisst.“ Sie strahlt mich bis über beide Ohren an und klatscht in die Hände.
„Nein Tina, nein.“ Ich schüttle den Kopf und sehe sie resigniert an. „Es ist nicht so, wie du denkst.“
„Ach nein?“ Sie hebt eine Augenbraue. „Das sehe ich ganz anders. Denn meine Schwester steht vor mir und ihre Augen glänzen vor freudiger Erregung. Ihr Mund zuckt, sobald sie von diesem Fussballer mit seinem bestechend sexy Körper spricht. Diesen Ausdruck auf deinem Gesicht sah ich schon seit...“ Sie hält kurz inne. „seit drei Jahren nicht mehr.“
„Das stimmt nicht.“
„Du kannst versuchen es abzustreiten, aber es wird dir nicht gelingen, mich zu täuschen und schon gar nicht dich selbst in die Irre zu führen.“
„Tina, es wird nie etwas zwischen Oliver und mir geschehen. Er ist der Sohn von einer meiner Kunden. Du weisst ganz genau, was das bedeutet.“
„Ach, weiss ich das?“ Sie sieht mich fragend an.
„Es war nur ein Essen.“ Ich lasse meine Schwester mitten im Raum stehen und gehe auf mein Büro zu.
„Ihr seid also schon beim Du angelangt.“ ruft sie mir nach, während ich in der Tür verschwinde und ihr andauerndes Schmunzeln im Rücken spüren kann.
Der heutige Nachmittag verlief nicht so produktiv, wie ich es geplant hatte. Oliver hat mich vollkommen aus dem Konzept gebracht. Ich konnte mich nicht auf meine Arbeit konzentrieren. Ständig schweiften meine Gedanken zu diesem faszinierenden Mann ab, mit dem ich zu Mittag gegessen habe. Irgendwann gab ich es auf, packte meinen Laptop ein und fuhr nach Hause.
Vielleicht kann ich noch irgendwas in meinen eigenen vier Wänden erreichen, obwohl ich das mittlerweile bezweifle, denn dauernd erscheinen die schönsten Augen, die ich je in meinem Leben gesehen habe, vor mir. Dieses tiefe Ozeanblau lässt mich einfach nicht mehr los und lässt sogar noch jetzt meine Knie weich werden.
Er strahlt eine Männlichkeit aus, aber auch eine Verletztheit, die man ihm gar nicht zutrauen würde. Liebend gerne hätte ich mit meinen Händen über seine Wange gestrichen,