den ich vorhin auf der Seite des Spielfeldes schon gesehen habe. Irgendwie kommt er mir bekannt vor, nur kann ich ihn momentan nicht zuordnen. Auch wenn ich mich noch so sehr bemühe, die hinterste Ecke meines Gehirns zu durchkämmen, fällt mir nicht ein, mit wem ich es hier zu tun habe.
„Darf ich fragen, wer Sie sind?“
„Ich bin sein Manager. Und Sie?.“
Jens Gudet. Mit einem Mal fällt mir der Groschen, woher ich diesen Mann kenne. Er weicht kaum von Olivers Seite und verteidigt den Fussballer, wo er nur kann.
„Ich habe etwas Privates mit ihm zu besprechen.“ sage ich schlicht.
„Und das wäre?“
„Darüber kann ich nur mit Herr Falk sprechen. Können Sie ihm bitte mitteilen, dass ich auf ihn warte? Es ist wirklich sehr wichtig.“
„Es tut mir leid, aber ich kann Sie nicht zu ihm lassen.“
So komme ich nicht weiter. Ich fingere in meiner Handtasche herum und nehme eine von meinen Visitenkarten hervor. „Könnten Sie ihm wenigstens diese hier geben?“ und strecke ihm die Karte hin.
„Personensuchdienst, Verena Rapone.“ liest Olivers Manager leise vor, so dass es niemand hören kann und verengt dabei seine Augen. „Was soll das bedeuten?“
„Ich kann Ihnen leider nicht mehr verraten. Geben Sie ihm die Karte? Er soll mich anrufen. Es ist wichtig.“ beteuere ich ein zweites Mal. „Ich werde noch bis Morgen Mittag im Hotel Seesicht sein.“
„Ich werde es ihm ausrichten. Aber ich kann Ihnen nichts versprechen.“
„Danke.“
Der hochgewachsene Mann, Mitte vierzig, nickt mir kurz zu und geht ebenfalls auf den Tunnel zu, in dem Oliver zuvor verschwand.
Enttäuscht erhebe ich mich und verlasse die Hotelbar. Es ist bereits nach zehn Uhr und dunkel draussen, als ich mich entschliesse auf mein Zimmer zu gehen und mir einräumen muss, dass er nicht daran interessiert ist, zu wissen, was ich ihm zu sagen habe und dass er nicht kommen wird.
In meinem Zimmer mache ich es mir auf meinem Doppelbett bequem und nehme die Unterlagen, die ich über Oliver Falk gesammelt habe, zur Hand, um sie zum wiederholten Mal durchzulesen, obwohl ich alle Details auswendig weiss.
Viel mehr, als mich auf meine Akte zu konzentrieren, überlege ich mir, wie ich ihn dazu bringen kann, mich anzuhören. Es muss doch irgendeinen Weg geben, um ihn genug neugierig zu machen, so dass er Kontakt zu mir aufnimmt?
Nach langem grübeln, nehme ich ein Stück Papier in die Hand und kritzle ein paar Stichworte darauf. Nur so viel, dass er erahnen kann, über was ich mit ihm reden möchte, aber dass es für einen Aussenstehenden keinen Sinn ergibt.
Bis morgen Mittag werde ich in der Hotellobby auf ihn warten. Falls er bis zu jenem Zeitpunkt nicht erscheint, werde ich noch einen einzigen Versuch starten, um ihn zu einem Gespräch zu bewegen. Andernfalls muss ich mich geschlagen geben.
Jetzt werde ich mich erst einmal unter die Dusche begeben und danach ein paar Stunden Schlaf gönnen.
Ich sitze nun schon seit über zwei Stunden in der Lobby und warte wahrscheinlich vergeblich auf den gut aussehenden, schwarzhaarigen Fussballer, den ich ständig vor meinen Augen sehe, wie er über das Spielfeld sprintet. Er ist wirklich unverschämt attraktiv, was mich etwas aus der Bahn zu werfen droht.
Ich höre wie die Schiebetür des Hoteleingangs aufgeht und drehe automatisch meinen Kopf dahin, um im nächsten Augenblick deprimiert den Blick abzuwenden und lustlos in der Zeitschrift, die ich in meinen Händen halte, weiterzublättern.
Obwohl ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben habe, dass er noch erscheinen wird, ist mir schon seit dem frühen Morgengrauen bewusst, dass er meiner Bitte nicht nachkommen wird.
Ich entscheide mich noch eine halbe Stunde zu bleiben, danach werde ich im Restaurant nebenan eine Kleinigkeit zu mir nehmen. Wenn er sich bis dann nicht zeigt, werde ich nach ihm suchen gehen.
Jedes Mal, wenn die Tür aufgeht, drehe ich mich zu ihr um, aber nicht der Mann, den ich gerne sehen würde, tritt ein.
Die halbe Stunde und mein Essen sind vorüber. Ich packe meine Sachen und verlasse das Hotel, in dem ich übernachtet habe, um mit einer grossen Entschlossenheit abermals zur Fussballarena zu fahren. Nur habe ich nicht damit gerechnet, niemanden hier anzutreffen.
Wieder steige ich in mein Auto und suche die Adresse von ihm heraus, gebe sie ins Navigationsgerät ein und mache mich auf den Weg.
Mein TomTom führt mich über die Hauptstrasse in eine der nächsten Nachbargemeinden. Nach etlichem abbiegen, halte ich vor einem eisernen Tor, das ein riesiges Anwesen dahinter erahnen lässt. Ich steige aus und trete an die Einfahrt, um einen Blick auf sein zu Hause zu erhaschen. In dem Moment, in dem ich meine Hand um die Eisenstäbe lege, kommt ein stämmiger Mann auf mich zu und brüllt mich mit kräftiger, angsteinflössender Stimme an.
„Was tun Sie hier? Verschwinden Sie auf der Stelle!“ und kommt näher.
„Entschuldigen Sie. Ich wollte nicht unhöflich sein. Ist er da? Ich muss unbedingt mit Herr Falk sprechen. Es ist äusserst wichtig.“
„Er möchte niemanden sehen. Und für Stalkerinnen hat er sowieso keine Zeit.“
„Ich bin keine Stalkerin. Hier.“ Ich strecke ihm eine Visitenkarte hin.
„Das hat überhaupt nichts zu bedeuten. So eine Karte kann jedermann machen.“ Der Bodyguard gibt die Karte durch die Eisenstäbe zurück und betrachtet mich mit einer grimmigen Miene. „Wenn Sie nicht in einer Minute verschwunden sind, werde ich die Polizei rufen.“
Mir wird schnell klar, dass es keinen Sinn macht, mit diesem Mann weiter zu diskutieren. „Okay, Sie haben gewonnen. Aber bevor ich gehe, geben Sie ihm bitte diesen Umschlag. Ich nehme den Briefumschlag heraus, den ich letzte Nacht vorbereitet habe und reiche es ihm.
Der Leibwächter auf der anderen Seite des Tors nimmt es widerwillig an sich. „Und jetzt machen Sie, dass Sie wegkommen.“
„Versprechen Sie mir, dass Sie es ihm geben.“
„Werde ich.“
3.
Ich öffne das Fenster, um die stickige Luft aus meinem Büro herauszubekommen. Wo ich kurz stehen bleibe und die herrlichen Sonnenstrahlen betrachte , die sich durch die Wolken kämpfen. Nach einem verregneten Wochenende sollte es heute, laut Wetterprognose, einen äusserst heissen und sonnigen Tag werden.
Es sind nun bereits vier Tage vergangen, seit ich in Weggis und vor Oliver Falks Anwesen war. Ich habe gehofft, dass er sich bei mir meldet, sobald er meine Nachricht erhalten hat. Nun denke ich, ist es an der Zeit den Fall zu den Akten zu legen. Ich sollte mich bei seiner Mutter melden, um ihr mitzuteilen, dass ich alles versucht habe, um ihn zu einem Treffen zu überreden. Dabei ist es mir nicht einmal gelungen, mit ihm zu sprechen. Es wird mir schwer fallen, ihr in die Augen zu sehen, während ich ihr meinen Misserfolg eingestehen muss.
Ein plötzlicher Luftzug lässt mich zur Tür drehen. Meine Schwester steht im Türrahmen.
„Hast du Zeit?“
„Sehe ich so aus, als wäre ich beschäftigt?“ gebe ich etwas zu barsch zurück.
„Du brauchst mich nicht anzufunkeln.“ erwidert sie leise.
„Entschuldigung. Das wollte ich nicht. Ich war nur gerade zu sehr in Gedanken versunken.“
„Ich weiss etwas, was dich gleich aufheitern wird.“ Tina lächelt mich an und ihre Augen nehmen einen bestimmten Glanz der Erregung an.
„Wie soll ich das verstehen?“
„Ich habe einen ganz ungewöhnlichen Gast hier draussen.“ Sie dreht sich um und verlässt mein Büro. Ich folge ihr in den Flur hinaus und bleibe abrupt stehen, als ich