„Erst wenn ich mit Prof. Reinhold gesprochen habe, werde ich mich entscheiden“, antwortete Laura und reichte Dilani die Hand.
„Ich lasse Ihnen gleich die Krankenakte bringen Miss Bates.“ Dilani schüttelte wieder lachend ihre Hand.
Eilig verließ er die Terrasse und verschwand zwischen den Palmen. Etwas verwirrt blieb Laura zurück und setzte sich wieder auf ihre Liege. Was sollte sie von dieser Offerte nur halten. Ein Gefühl sagte ihr, dass dies alles doch kein Zufall sein konnte. Hatte Reinhold sie mit voller Absicht hierher geschickt..? Nur um seinem Freund Dilani einen Gefallen zu tun..?
Laura musste sie in Berlin anrufen und die Sache mit Prof. Reinhold abklären. Schließlich musste sie sich ja absichern. Aber wie sie Reinhold kannte, würde er das Unschuldslamm spielen und jegliche Absicht weit von sich weisen. Also stellte sie ihren Drink auf den Tisch, ging in den Bungalow und kramte ihr Handy aus dem Koffer. In der ganzen Zeit hatte sie ihr geliebtes Handy nicht einmal in der Hand gehabt. In Berlin klingelte es alle zwei Minuten und ohne Handy ging es einfach nicht. Aber hier...
Drei Nachrichten waren auf dem Display. Zwei von Prof. Reinhold und eine von ihrer Mutter. Der Akku war fast leer und Laura hatte kein Ladekabel mitgenommen. Vielleicht konnte jemand im Restaurant helfen?, dachte sie sich und trat auf die Terrasse. Mit hängenden Armen sah sie wie die Sonne langsam im Meer versank. Wie oft hatte sie hier gestanden und gehofft, dass dieser Urlaub nie enden würde. Sie hatte sich gut erholt und sogar etwas zugenommen. Die karibische Sonne hatte auch ihrer Haut gut getan. An ihrem Körper gab es nicht eine weiße Stelle. Selbst ihre Brüste schienen straffer geworden zu sein. Auch ihre Beine waren fester geworden. Das lag wohl am täglichen Jogging. Jeden Morgen vor dem Frühstück lief Laura einige Kilometer am Strand entlang oder schwamm im Meer. Die Sonne und das Meer hatte ihre ohnehin schon blonden Haare fast weiß werden lassen. Ein herrlicher Kontrast zu ihrem nun fast bronzefarbenen Körper. Ja, hier könnte man es noch eine Zeit lang aushalten, dachte sie sich und sah wieder auf ihr Handy. Sie drückte auf das Display und ließ sich nun die Nachrichten vorspielen.
Erste Nachricht
„Hallo Laura, hier ist Reinhold, ich hoffe, Sie haben sich gut erholt. Ich habe gerade einen Anruf von meinem Kollegen Doktor Bob Dilani erhalten. Er braucht ihre Hilfe Laura und wird sich bei Ihnen melden. Hier ist alles schon geregelt. Sie können bleiben, so lange wie Sie es für nötig halten. Aber nur wenn Sie wollen. Die entsprechenden Unterlagen habe ich an Dilani gefaxt. Wenn es irgendwelche Fragen gibt, können Sie ja mich anrufen.“
Zweite Nachricht
„Hallo Laura, hier ist deine Mutter. Ich hoffe es geht dir gut. Wenn du kannst, melde dich. Erhole dich gut und genieße die Zeit. Dein Vater und Räuber lassen dich ganz lieb grüßen. Auch deine Freundin Lilly hat angerufen. Stell dir vor, sie hat schon wieder geheiratet.
Ach so....schick uns doch mal eine Karte...tschüss.“
Dritte Nachricht
„Reinhold noch mal, ich habe vergessen, Ihnen die besten Grüße der Kollegen auszurichten. Also viel Erfolg bei Ihrer Arbeit in der Karibik. Auch so....ich kann nicht verhehlen Laura, dass ich Sie beneide.“
Laura schaltet das Handy aus und merkte wie ihr die Tränen übers Gesicht liefen. Es waren Nachrichten aus der Heimat. Bisher hatte sie Berlin vollkommen ausgeklinkt. Aber nun spürte sie das erste Mal so etwas wie Heimweh. Alles hier in der Karibik war sehr schön. Genau so, wie sich es sich immer vorgestellt hatte. Aber es war nun mal nicht ihr Zuhause. Laura vermisste ihre Kollegen, ihre Patienten und ihre Familie. Sie atmete tief durch, ging zurück in den Bungalow und verstaute ihr Handy wieder im Koffer. Überall waren inzwischen die Lampions zwischen den Palmen angegangen und tauchten die Umgebung in buntes Licht. Vom Restaurant war leise Musik zu hören. Laura beschloss sich für den Abend schön zu machen. Heute wollte sie feiern und es sich gut gehen lassen. Sie hatte gerade ein Kleid aus dem Schrank genommen und aufs Bett gelegt, als ein zaghaftes Klopfen an der Eingangstür ihre Gedanken störte. Vorsichtig öffnete sie die Tür einen Spalt und schaute hinaus. Vor der Tür stand Bob Dilani und lächelte sie an. Er hatte seinen grauen Dreiteiler abgelegt und trug nun weiße Jeans und ein gelbes Hemd. Er sah richtig flott aus und Laura war äußerst beeindruckt. Er schien nun um Jahre jünger als in seinem grauen Anzug. Verlegen strich er sich durch die Haare, und hielt ihr eine Mappe entgegen.
„Ich wollte Ihnen nur die Krankenakte bringen, Miss Bates. Ich hoffe, ich habe Sie nicht gestört?“
„Nein, nein Doktor, wollen Sie nicht reinkommen?“
„Das halte ich für keine gute Idee, Miss Bates. Hier in der Karibik haben sogar die Palmen Auge. Meine Frau würde mir die Augen auskratzen, wenn ich um diese Zeit in das Haus eines so hübschen Mädchens gehen würde“, lachte er und sah sich um.
„Wenn Sie möchten, hole ich Sie morgen nach dem Frühstück ab und wir fahren zusammen in die Klinik. Ist Ihnen das recht?“
„Morgen um 9.00 Uhr“, lächelte Laura und sah Bob Dilani noch eine Weile nach.
Ein schöner Mann, dachte Laura und musste unwillkürlich lächeln. So einen würde sie nicht von der Bettkante stoßen, überlegte sie. Warum müssen die besten Männer immer schon vergeben sein?, dachte sie lächelnd. Sie seufzte, schloss die Tür und legte die Akte auf den Tisch neben dem Bett. Nachdem sie geduscht hatte, saß sie nur mit einem Handtuch bekleidet auf dem Bett und frottierte sich die Haare. Immer wieder sah sie zu der Mappe auf dem Tisch und entschloss sich schließlich sie zu öffnen. Laura zog die Krankenakte heraus und schlug sie auf. Auf dem Deckel war ein Foto mit einem streifen Tesafilm angebracht. Offensichtlich der Patient. Als sie sich das Foto genauer ansah, hielt sie inne und löste das Foto vom Klebestreifen. Das also war der Patient Mark Gordon. Das Foto zeigte einen äußerst attraktiven jungen Mann mit schwarzen strubbligen Haaren. Verblüfft blickte sie in ein Paar strahlend blauer Augen. Bob Dilani war ein richtiges Schlitzohr. Er hatte genau kalkuliert, dass eine Frau dem Charme des Mannes auf dem Foto kaum widerstehen konnte. Und er hatte sich nicht verkalkuliert. Dieser Mann hatte wirklich etwas besonderes in seinen Augen. Aber auch sein Körper war nicht zu verachten. Er trug nichts außer einer Jeans-Shorts. Sein Körper war wohlgeformt und muskulös. Seine Beine waren lang und kräftig. In seinem Blick war etwas verführerisches und sein Grinsen war geradezu ansteckend. Er stand auf den Bug eines Bootes und hatte eine Hochseeangel in der Hand. Im Hintergrund sah man das tiefe blau des Meeres. Offensichtlich ein Mann, der es verstand sein Leben zu leben. Wahrscheinlich würden seine Gespielinnen in Dreierreihen vor seinem Bett stehen und ihn bedauern. Eigentlich sollte sie den Job schon allen deswegen ablehnen, um Bob Dilani zu zeigen, dass sie nicht auf so durchsichtige Weise zu manipulieren war. Denn das Foto war unverkennbar nur zu diesem Zweck in die Akte geschmuggelt worden. Aber als Laura sich das Foto noch einmal ansah, wusste sie, dass sie Bob Dilani zusagen würde. Dieser Mann auf dem Foto weckte ihr Interesse auf eine ganz besondere Weise. Sie wollte es nicht wahrhaben, aber sie hatte sich auf Anhieb in das Foto dieses Mannes verliebt. Laura legte das Bild aufs Bett und sah sich nun die Röntgenbilder an. Eins nach dem anderen hielt sie gegen das Licht und erkannte sofort die gute Arbeit der Chirurgen. Der Bruch des Wirbels war mit zwei Metallplatten fixiert worden. Der Wirbelkanal wies jedoch keine sichtbaren Beschädigungen auf. Aber das hatte nichts zu bedeuten. Allein die Stauchung des Rückenmarks kann ein Lähmungssyndrom auslösen. Solche Lähmungen können recht schnell wieder verschwinden, aber auch lange Zeit anhalten, oder für immer bleiben. Den Aufzeichnungen von Bob Dilani zu Folge, konnte Mark Gordon nicht laufen und zeigte alle Symptome eine Querschnittslähmung. Dazu kamen noch sehr schwere Depressionen, die seinen Zustand weiter verschlechterten. Es würde also ein hartes Stück Arbeit auf Laura zukommen. Aber sie wollte die Herausforderung annehmen. Besonders gespannt war sie auf die Klinik, in der Mark untergebracht war. Eigentlich hatten die Krankenhäuser hier keinen guten Ruf. Nur in den sogenannten Clinicas soll der Standard recht hoch sein, hatte Laura gelesen. Nur sollen die Behandlungen in diesen Häusern auch recht teuer sein. Da Mark Gordon nach Aussage von Bob Dilani eine reicher Junge war, machte sich Laura über die Kosten keine Sorgen. Mit diesen Gedanken im Kopf zog Laura sich ihr Kleid an, kämmte