diese Abende in vollen Zügen. Sie war auf kein Abenteuer aus, und suchte auch keine Urlaubsbekanntschaften, wie die anderen Mädchen in der Gruppe. Laura wollte nur Spaß und Unterhaltung. Nicht das es an Gelegenheiten fehlen würde. Die jungen Männer in ihrer Runde machten ihr regelmäßig Avancen und ließen keine Gelegenheit aus, sich ihr anzubiedern. Doch an Flirts dieser Art hatte sie im Moment kein Interesse. In Berlin hatte sie nur für ihre Arbeit gelebt und bis auf einige Kino,-und Theaterbesuche war ihr das Berliner Nachtleben bisher weitgehend verschlossen geblieben. Ihre Kollegen hatten es nach einigen Versuchen aufgegeben, sie zu Partys und Geburtstagsfeiern einzuladen. Schuld an ihrer Einstellung zur Männerwelt, war eine kurze Beziehung zu einem der Stationsärzte. Sie hatte sich vor ein paar Jahren unsterblich in diesen Mann verliebt, musste aber nach einigen Nächten erkennen, dass sie von ihm nur als Notlösung ausgenutzt wurde. Jochen Tesla, so hieß der Typ, war verlobt und hatte Laura diesen Umstand arglistig verschwiegen. Nach dieser Enttäuschung empfand Laura jede Schwärmerei für einen Mann als reine Zeitverschwendung. Ihr Exfreund, dieser fiese Dr. Tesla, hatte ihr auf schmerzhafte und demütigende Weise gezeigt, wie unmöglich es war, einem Mann das volle Vertrauen zu schenken. Nie wieder, das hatte sie sich geschworen, würde sie einem Mann die Gelegenheit geben, sie zu verletzen. Eine kühle Brise ließ sie frösteln, und während sie ihren schlechten Erinnerungen nachhing, war sie fast wie in Trance am Restaurant angekommen. Auf der Terrasse war schon mächtig was los und Laura wurde mit lautem Hallo begrüßt, als man sie bemerkte. Die Gruppe, mit der sie immer hier zusammen saß, bestand hauptsächlich aus Studenten, die von den Staaten herüber gekommen waren. Diese fünf junge Männer und drei Mädchen waren eine lustige Truppe, mit denen Laura schon einiges Unternommen hatte. Zuletzt waren sie mit einem gemieteten Van zu einem Rock Festival zum Domenikus Beach gefahren. Laura hatte nie vorher ein solches Spektakel erlebt. Diese Musik, dieser Traumhafte Strand und ihre Freunde, die sich alle rührend um sie kümmerten, hatten sie zutiefst beeindruckt. Laura, seitdem wie von einer schweren Last befreit, fühlte sich seit diesem Abend wie neu geboren. Sie sah sich wieder als die Frau, die sie nun mal war und trug wieder kurze Kleider und enge Blusen. In Berlin bestand ihre Garderobe aus Jeans, Sweatshirts und Turnschuhen. Hier trug sie Minikleidchen, bunte Tops und High Heels. In der vergangenen Woche war sie mit den Mädchen aus der Gruppe mehrfach zum Shoppen in La Roma gewesen und hatte sich eine vollkommen neue, und für sie ungewöhnliche Garderobe zugelegt. Jedenfalls hingen derartige Kleider nicht in ihrem Berliner Kleiderschrank. Sicherlich würde in Lichterfelde die Schule ausfallen, wenn sie so auf die Straße gehen würde. Aber hier fühlte sie sich pudelwohl in ihrem neuen Outfit. Sie tanzte ausgelassen, ließ sich so manchen Drink schmecken, und amüsierte sich köstlich. Es war ein sehr schöner Abend. Die Musik, vermischt mit dem Rauschen des Meeres und der Mond an einem dunkelblauen Himmel waren wie immer unbeschreiblich. Erst kurz nach Mitternacht verließ Laura die Party und lief beschwingt zurück zu ihrem Strandhaus. Bevor sie sich schlafen legte, nahm sie noch einmal das Foto aus der Mappe und stellte es so an die Lampe auf dem Nachtisch, dass sie es im liegen betrachten konnte. Was würde sie wohl vorfinden? In welcher Verfassung würde sich Mark Gordon präsentieren. Laura hatte schon viele schwierige Patienten gehabt. Patienten, die sich wegen ihrer Lage vollkommen von der Außenwelt abgekapselt hatten. Laura vermutete, dass es sich bei Mark Gordon ebenso verhielt. So aktiv, wie er vorher gelebt hatte, wird er in ein tiefes Loch gefallen sein. Sicher war ihm jetzt alles egal, und erst recht sein Leben. Mit diesen Gedanken im Kopf schlief Laura ein und wachte erst auf, als die Sonne schon ihre Nase kitzelte. Es war kurz vor 7.00 Uhr und Laura sprang aus dem Bett, um wie jeden Morgen am Strand zu joggen. Laura war keine verbissene Läuferin und zählte nicht die Kilometer. Wenn sie Müde war, schlenderte sie noch eine Weile am Strand entlang und ließ die auslaufenden Wellen über ihre Füße schwappen. Manchmal stand sie einfach nur so da, und beobachtete die großen Kreuzfahrtschiffe, die am Horizont vorbeizogen. Als sie wieder an ihrem Bungalow ankam, duschte sie und machte sich wie jeden Morgen einen starken Kaffee. Den trank sie, wie immer auf der Terrasse sitzend, und beobachtete die Möwen, die am Strand geschäftig hin und her liefen. Nicht selten kamen sie bis zur Terrasse und holten sich ein paar Stückchen Weißbrot, die sie ihnen zuwarf. Laura hatte eine Entscheidung getroffen, deshalb wollte sie auch keine Zeit verschwenden. Wenn Bob Dilani vor der Tür stand, wollte sie fertig sein. Sie nahm noch einen langen Schluck aus ihrer Tasse und ging zurück in den Bungalow. Was sollte sie sich anziehen?, dachte Laura. Sie wollte gleich von der ersten Sekunde an Eindruck machen auf ihren neuen Patienten. Also zog sie sich enge weiße Jeans an und zwängte sich in ein enges hellblaues Top. Farblich dazu passende Pumps rundeten alles hervorragend ab. Laura drehte sich vor dem Spiegel und fand, dass sie wieder einmal ganz passabel aussah. Sie sprühte sich noch ihren Lieblingsduft hinter die Ohren und atmete tief durch. Laura hatte gerade ihre wichtigsten Papiere in die Handtasche gepackt, als sie wieder dieses leise Klopfen an der Tür hörte. Bob Dilani stand vor der Tür und sah sie lächelnd an. Er war nicht einmal erstaunt, als er Laura mit der Tasche über der Schulter sah.
„Ich wusste, dass Sie mich nicht im Stich lassen“, lachte er. Laura zog ihre Augenbrauen hoch. „Sind Sie immer so selbstsicher, Doktor Dilani?“, antworte Laura und ein Lächeln umspielte ihre Lippen.
„Nennen Sie mich doch bitte Bob“, bat er.
„Aber nur wenn Sie mich Laura nennen..!“
„Sehr gerne,...Laura.“
„Auf gute Zusammenarbeit,..Bob“, lächelte Laura und reichte Bob die Hand. Laura schloss die Tür und ging mit Bob hinauf zum Parkplatz, der sich gleich neben dem Restaurant befand. Einige Leute saßen schon wieder auf der Terrasse und ließen sich die Drinks schmecken. Unter den Gästen war auch Richard mit seiner Freundin. Richard, ein Student aus New York, war einer der Jungs aus ihrer Gruppe. Erst gestern Abend hatte Laura noch mit ihm getanzt. Er sah sie ganz erstaunt an, als sie mit Bob an der Terrasse vorbei lief. Sicherlich zog er vollkommen falsche Schlüsse, als er sie mit Bob von ihrem Bungalow hochkommen sah. Laura zwinkerte Richard und seiner Freundin Diane zu und winkte zaghaft.
„Freunde von Ihnen?“, fragte Bob augenzwinkernd.
„Flüchtige“, antwortete Laura lächelnd und etwas verlegen.
Bob steuerte auf einen weißen, offenen Geländewagen zu und öffnete Laura die Tür zum Beifahrersitz.
„Haben wir eine weite Strecke zu fahren?“, fragte Laura.
„Nicht so weit, nur ein paar Kilometer“, antworte Bob während er einstieg. Auf der Fahrt zum Krankenhaus versuchte Laura so viel wie möglich über Mark Gordon zu erfahren. Was er liebte, was er hasste, überhaupt alles, was für eine Therapie wichtig war. Laura hatte die Erfahrung gemacht, dass gerade das Wissen über die Lebenshintergründe eines Patienten für eine erfolgreiche Therapie äußerst wichtig war. Bob gab über alles, was er über Mark Gordon wusste, bereitwillig Auskunft.
„Gordon ist,...war ein knallharter Geschäftsmann“, erklärte Bob. „Die einzige Frau in seinen Leben ist, so viel ich weiß, seine Schwester Sevina.“
„Warum betonen Sie das?“, fragte Laura. „Ist Gordon etwa schwul?“
„Nein, sicher nicht, aber in der ersten Woche nach seinem Unfall hegte und pflegte ihn seine Schwester sehr intensiv. Wenn sie da war, wich sie nicht eine Minute von seinem Krankenbett. Aber in dieser Woche habe ich sie noch nicht gesehen. Da bisher noch kein anderer Besuch aufgetaucht ist, gehe ich davon aus, dass er keine Freundin und auch keinen Freund hat. Seine Schwester wird nicht gerade erfreut sein, wenn Sie sich mit ihrem Bruder beschäftigen. Sie wird ihre Krallen zeigen, wenn Sie all seine Aufmerksamkeit auf sich ziehen.“
„Ich dulde aber keine Einmischung in meine Therapie.“
„Das verstehe ich Laura, und Prof. Reinhold hat mir von Ihren Erfolgen berichtet, und wie Sie dabei vorgehen. Aber ich wollte Sie nur vorwarnen, und Sie nicht ins offene Messer laufen lassen.“
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