über den Sumpf der banalen Belanglosigkeiten. Wie weit sich der Sumpf erstreckte, konnte keiner sehen, aber er schien riesig.
Gespickt von unzähligen Metallmasten zog sich grauer Schlamm, so weit der Blick reichte. Zuerst konnte man die Figuren kaum erkennen, da sie genauso grau waren wie der Sumpf. Doch als sich die Nebel weiter lichteten, schrie Eulalia: „Das sind Menschen, die ziellos durch den Sumpf waten!“
„Ja, Menschen, die dabei sind, im Sumpf ihres Gebrabbels allmählich zu versinken“, flüsterte Elester.
Alle starrten mit Entsetzen nach unten. Unzählige Menschen wateten durch den Sumpf und redeten. Die Hände waren ihnen an den Rücken gebunden und bald war zu erkennen, dass sie in ein Schnurlostelefon sprachen, das um ihren Hals hing. Mit jedem Wort, das sie brabbelten, tropfte grauer Schleim aus dem Telefon und ließ den Sumpf ansteigen. Manchen stand der Sumpfschleim schon bis zum Hals, aber sie redeten und redeten, bis ihnen der Schleim in den Mund drang. Nur noch Nasen und Augen überragten die Oberfläche der grauen Schlacke. Augenpaare lugten aus der schlammigen Masse und sahen anderen Menschen beim Versinken zu. Eulalia fiel in Ohnmacht. Selbst Sucky schien der Appetit vergangen zu sein, während Fischa von Pats Schulter zurück in den Wald gesprungen war.
„Ah, mir tut alles weh… mein Gott, diese Masten, das sind ja Mobilfunkmasten“, rief Penny Lo.
„Ja, tausende! Dieses Ziehen in unserem Körper, diese Schmerzen – das sind Auswirkungen akustischer Umweltverschmutzung!“
Sucky übergab sich und spie grauen Schleim.
„Wir müssen uns konzentrieren, noch ein paar Minuten. Wo sind die Tiere? Draculetta, Tarantilli, Posi…!“
Elester keuchte. Ein vernünftiges Wort schien ihm an diesem Ort kaum über die Lippen zu kommen. Er war der einzige, der noch nahe am Abgrund stand.
Draculetta flatterte verschlafen auf Elesters Schulter. „Mann, ist das laut hier!“
„Flieg, so schnell du kannst, über den Sumpf, aber pass auf mit den Masten…“
„Unmöglich, Elester, bei dem Lärm verlier ich die Orientierung!“
„Dann nimm Tarantilli mit. Sie wird dich durch den Mastenwald lotsen. Ihr wisst, was ihr zu tun habt! Helft Posi auf seiner Mission. Posi, es…, es ist so weit.“
„Gut, Elester, ich bin bereit!“ „Dann such …diese… Le…, diese Fr… eule! Du weißt schon, wen ich… meine…“ Elester konnte kaum mehr klar denken und brach schließlich zusammen. Pat und Penny Lo zogen ihn rasch vom Abgrund weg und torkelten zurück in den schützenden Wald. „Ach, natürlich, schon wieder diese Halbgöttin! Wäre ja nicht das erste Mal, dass ich nach ihr suche!“, piepste Posi und erhob sich in die Lüfte – gemeinsam mit einer Fledermaus, auf der eine Flohspinne saß. Da es Tag und Draculetta natürlich ganz duselig und unausgeschlafen war, übernahm Tarantilli sofort das Kommando.
Kapitel 11 Die Sonne hat ein Gesicht
Nachdem der Strand wieder sauber war, saßen Kat, Lerry und Maracella am Meer. Sie blickten hinaus auf den Horizont, zu dem Feuerball, der langsam im Meer versank.
„Es sieht ja wirklich so aus, als wenn der Himmel und das Meer eins werden, da draußen!“, sagte Maracella und dachte an ihre verbrannte Geschichte. Kat und Lerry schwiegen. Auch sie dachten nach.
„Sag, Lerry, wovon handelt unsere Geschichte eigentlich? Ich war ja die ganze Zeit hier, die Haupthandlung hab ich irgendwie nicht mitbekommen.“
„Hmm“, brummte Lerry und malte ein Ei in den Sand.
„Na, sag schon!“, drängte Kat.
„Na ja, also, es ging um… so was wie einen Göttervogel oder eine Göttin, der genaue Unterschied war mir nie wirklich klar.“
„Und?“, wollte jetzt auch Maracella wissen.
„Naja, dieser Göttervogel legte sein Ei in ein Nobelinternat, so ähnlich wie Eton, was aber vorerst niemand bemerkte.“
„Cool!“, meinte Maracella, „aber warum tat der Vogel das?“
Lerry zuckte mit den Schultern.
„Ich weiß nicht. Wahrscheinlich hatte er so etwas wie einen göttlichen Auftrag. Es war allerdings ein ziemliches Chaos, denn plötzlich tauchte eine neue Lehrerin auf, angeblich ohne jede Lehrbefugnis, aber mit sehr viel ‚Know how’.“
„Und alle Figuren, die Lisa erschuf, schlüpften die… aus dem Ei?“, wollte Maracella wissen.
„Ja, so in etwa. Und die Lehrerin entpuppte sich als Halbgöttin!“
„Und? Was geschah dann?“, fragte Kat bestimmt, dem Geschichten schnell zu kompliziert werden konnten.
Doch Lerry zeigte nur auf das verglühende Rot. „Jetzt hat die Sonne ein Gesicht, könnt ihr es sehen?“ Seine Stimme klang ernst. Und wirklich, als Lerry und Maracella konzentriert auf den Horizont blickten, sahen sie, wie weit draußen Schiffe Muster in den sinkenden Feuerball zeichneten. Der Anblick war Kat Antwort genug. Bald darauf funkelten Sterne am Nachthimmel. Lange saßen die drei noch da und schwiegen.
„Glaubt ihr, dass es nur einen Gott gibt, oder glaubt ihr, es gibt viele Götter?“, durchbrach die Stimme der seit achtundreißig Jahren Achtjährigen nach geraumer Zeit die dunkle Stille.
Lerry zuckte wieder mit der Schulter, was aber niemand mehr bemerken konnte. Dann meinte er nachdenklich, „So etwas fragen sich die Menschen schon ewig, aber vielleicht ist der eine Gott in vielen Göttern enthalten und umgekehrt…“
„Glaubt ihr, dass Gott die Menschen erschaffen hat, oder dass die Menschen Gott erschaffen haben?“, bohrte Maracella weiter.
„Auch das ist eine uralte Streitfrage“, warf Kat ein. „Wie mit der Henne und dem Ei…“
„Ja, aber das ist doch auch nur ein Problem für die Menschen mit ihrer atemberaubenden Logik! Vielleicht ist es im Grunde gar kein Widerspruch“, rätselte Lerry. „Oder glaubt ihr, die Tiere oder die Pflanzen denken über so etwas nach?“
„Na ja, ich möchte eingentlich nur wissen, wer uns erschaffen hat“, meinte Maracella leise.
„Lisa natürlich!“
„Und wer ist Lisa.“
„Lisa ist eindeutig ein Mensch!“
„Und wer sind wir?“
„Romanfiguren!“
„Aber warum können wir dann hier am Strand von Hawaii sitzen ohne unsere Geschichte?“
„Tja, das ist allerdings in der Tat komisch“, antworte Lerry dem Mädchen. „Aber vielleicht sind wir mehr als wir glauben. Im Grunde sind wir ja Romanfiguren und Menschen“, fügte er ernst hinzu.
„Wahrscheinlich sind wir Romanfiguren, Menschen und Götter! Na kommt, gehen wir, mir wird schon langsam kalt!“, meinte Kat und stand auf.
Hinter den Dünen fauchte eine Hawaiieule.
Kapitel 12 Lisa weiß nicht weiter
Das erste, was Lisa hörte, war der Schrei einer Seemöwe. Verschlafen drehte sie sich auf die andere Seite. Eine Göttin zwinkerte, nachdem Lisa noch einmal ins Land der Träume gesunken und ein Vogel dort mit ihr über Wüstensand geflogen war.
Am Frühstückstisch stellte Alwin wieder einmal die Frage: „Und jetzt?“
„Wir mieten ein Boot, um an der Küste entlang zu fahren oder vielleicht auch auf eine nahe Insel!“
„Suchst du etwas Bestimmtes?“
„Nein, nur das Meer, die Landschaft und die Tiere “, meinte Lisa lächelnd.
Alwin gab sich mit dieser Antwort zufrieden. Er hatte