Rebecca Ramon

Ben, ich und all die anderen


Скачать книгу

in den Frühjahrsferien zusammen Federball gespielt hatten. Sie hatte angekündigt, im Sommer verreist zu sein - was ihm einen Stich versetzt hatte -, aber dann hatte er von der Tante gehört, dass Elisabeths Eltern die Urlaubsreise wegen einer Erkrankung des Vaters ausfallen lassen würden. Aufgeregt dachte Ben im Zug an ihre blonden Zöpfe, an ihr Lachen und die Blicke, die sie ihm zugeworfen hatte.

      Elisabeth musste auf ihn gewartet haben. Kurz nach seiner Ankunft kam sie in den Garten, um ihn zu begrüßen. Von da an spielten sie zusammen.

      Der August war sehr heiß, und wenn sie von der Sonne genug hatten, zogen sie sich in die kühle, dunkle Garage am Rande des Gartens zurück, in der es nach Kunstleder, Benzin und Gummi roch. Sie nahmen auf der Sitzbank der alten Isetta Platz, die dort seit dem Tod des Onkels unbenutzt vor sich hin alterte, und aßen Beeren oder ein paar Kirschen, die sie aus dem Garten mitgebracht und zwischen sich ausgebreitet hatten.

      Elisabeth erzählte schlüpfrige Geschichten von ihrer Klassenreise, von Mädchen, die nachts kein Höschen unter dem Nachthemd trugen oder sich gemeinsam ins Bett legten, um zu sehen, welche von ihnen es „da unten, zwischen den Beinen“ am schnellsten zum Zucken bringen konnte.

      Ihre aufgeregt gewisperten Berichte ließen eine Beule in seiner Lederhose wachsen, die er verlegen zu verbergen suchte, aber er verstand weder, was in seiner Hose geschah, noch warum Elisabeth ihm diese Dinge erzählte. Stattdessen versuchte er, sie für die bevorstehende Mondlandung zu interessieren, ein Thema, das Elisabeth langweilig zu finden schien. Die einzigen Fragen, die sie stellte, handelten davon, wie die Männer sich dort oben wohl ausziehen, waschen und auf die Toilette gehen könnten.

      Bei Pfänderspielen stellte sie immer wieder die Frage, ob „mit oder ohne Küssen“ gespielt werden solle. Ben versicherte jedes Mal, dass es ohne Küssen sein sollte und fühlte sich ritterlich, aber Elisabeth verlor dann sehr schnell das Interesse. Ihm blieb das Ganze ein Rätsel, ganz im Gegensatz zu seiner kleinen Schwester, die der Tante petzte, dass Elisabeth andauernd ihren Bruder küssen wolle. „Irgendwann muss er das ja mal lernen“, hatte die Tante lakonisch erwidert.

      Aber er wollte nicht küssen lernen, nicht in diesem Sommer. Als er im nächsten Jahr wieder zur Tante fuhr - diesmal mit der festen Absicht, den Küssen von Elisabeth nicht mehr aus dem Weg zu gehen - war die schöne Nachbarstochter nicht länger interessiert. Sie hatte nur noch Augen für ihren Freund, der sie mit einem Motorroller abholte, um mit ihr in die Eisdiele zu fahren. Das Jahr ging ohne Kuss zu Ende.

      Danach sah er Elisabeth nur noch sporadisch und von weitem, und auch als er nach dem Abitur als Student ein Zimmer bei seiner Tante bezogen hatte, änderte sich daran nichts: Elisabeth war aus ihrem Elternhaus ausgezogen.

      In seinem zweiten Studienjahr jedoch, wieder war es August, stand sie plötzlich neben ihm, als er vor der Garage unter der alten Isetta lag, um sie wieder in Gang zu bringen. Er brauchte einen fahrbaren Untersatz, und das kleine Auto war sparsam und genügte seinen Ansprüchen vollkommen.

      „Was soll das denn werden?“, fragte sie spöttisch. Er erkannte ihre spröde, etwas heisere Stimme sofort wieder, obwohl sie etwas dunkler geworden war.

      Ben schob seinen Kopf unter dem Wagen hervor. Sein Blick fiel auf ihre schlanken Fesseln und glatten Schenkel. „Eine Wiederbelebung.“ Für einen Moment konnte er sehen, dass sie nichts unter ihrem luftigen Sommerkleid trug. Sie trat einen Schritt zurück, und als er in ihr Gesicht sehen konnte, schaute sie ihn an, als ob sie fragen wollte „na, hat es Dir gefallen?“

      „Es fehlt nur noch ein kleiner Funken“, setzte er hinzu, „dann kommt alles wieder in Gang.“

      „Da bin ich aber gespannt.“ Eine leichte Röte zog über ihr Gesicht. Sie sah ihn versonnen an. „Meinst Du das ernst?“, setzte sie schließlich hinzu.

      „Natürlich.“ Er klopfte gegen das Blech. „Ich hatte fast vergessen, wie beständig die alten Dinge sind. Außerdem mag ich den Geruch. Er weckt Erinnerungen.“

      Ihre Augen wurden schmaler und wanderten über seinen Körper. „Na dann träum schön“, sagte sie und wandte sich zum Gehen. Er sah ihr nach. Ihr wiegender Gang und ihre braungebrannten Beine erregten ihn. Bevor sie die Haustür schloss, warf sie noch einen kurzen Blick zu Ben hinüber. Er hob rasch die Hand und winkte.

      Ein paar Tage später - das Wetter hatte sich nach einem Sommergewitter plötzlich abgekühlt - bat ihn seine Tante, Elisabeths Eltern ein Paket zu bringen, das die Post bei ihr abgegeben hatte. Auf sein Klingeln öffnete Elisabeth die Tür. Sie trug einen langen dunkelbraunen Rock und einen weißen, flauschigen Rollkragenpullover. Ihre blonden Haare hatte sie zu einem Zopf geflochten. Sie wirkte streng und züchtig wie eine Klosterschülerin, aber nur auf den ersten Blick, denn der zweite offenbarte ihre großen, festen Brüste und zwei Brustwarzen, die sich deutlich durch den Pulli abzeichneten. Ben zwang sich, in Elisabeths Gesicht zu schauen, auf ihre schön geschwungenen, vollen Lippen und schließlich in ihre klaren braunen Augen. „Hallo“, sagte er mit belegter Stimme und schluckte. Elisabeth sagte nichts, aber sie erwiderte seinen Blick, während sie ihre Lippen ein wenig öffnete. Dann wanderten ihre Augen abwärts und konzentrierten sich auf seine Lippen. Ihre Nasenflügel zitterten leicht.

      „Post für euch“, setzte er an, „meine Tante...“ Er brach den Satz ab, trat einen Schritt auf sie zu und küsste sie. Sie erwiderte seinen Kuss mit einer Heftigkeit, die er nicht erwartet hatte, und als er seinen Arm um ihre Taille legte, schmiegte sie sich an ihn. Sie roch nach Heu und nach etwas anderem, das fremd und zugleich vertraut schien, aber noch während er versuchte, es zu fassen, war das Geräusch einer Tür zu hören. „Elisabeth?“, fragte eine Stimme. „Wer ist da an der Tür?“

      Sie fuhren auseinander. „Ein Paket für Dich, Mutter“, sagte Elisabeth laut.

      Stumm reichte er ihr den Karton. Sie nahm ihn an und mit einer raschen Bewegung ihrer linken Hand ergriff sie seine noch ausgestreckte Rechte, führte sie an ihre Lippen und biss leicht in seinen Zeigefinger. Für drei, vier Sekunden schloss sie ihre Lippen um den Finger, sog an ihm und berührte ihn dabei leicht mit ihrer Zunge. Dabei schaute sie ihm unverwandt in die Augen. Dann gab sie ihn frei. „Wir sehen uns“, sagte sie halblaut.

      Erregt von Kuss und Biss ließ er, einem Impuls folgend, seinen feucht gewordenen Finger sacht an ihrem Hals entlang fahren, führte ihn langsam den Pullover hinunter über ihre rechte Brust, streifte ihre Brustwarze und ließ den Finger für einen Moment dort kreisen. Elisabeth hielt still, den Kopf leicht nach hinten geneigt.

      Er zog seine Hand zurück. „Wann?“

      Sie lachte leise. „Du hast hinzugelernt, scheint mir.“

      Am nächsten Tag trat er immer wieder ans Fenster, in der Hoffnung, sie zu sehen und zu einer Probefahrt mit der Isetta einladen zu können. Aber im Nachbarhaus schien niemand zu Hause zu sein. Fenster und Türen blieben den ganzen Tag geschlossen, und am Abend war kein Licht zu sehen.

      Mitten in der Nacht drang ein Geräusch von der Tür in seine Träume. Sicher der Wind, dachte er im Halbschlaf und dreht sich auf die andere Seite, aber dann war ein scharfes Zischen zu hören und ein Streichholz flammte auf. Er öffnete die Augen und richtete sich auf. Im flackernden Licht sah er Elisabeth neben seinem Bett stehen. „Wie bist Du hier hereingekommen?“

      „Shhh“, flüsterte sie, „die Tante schläft! Meine Mutter bewahrt ihren Ersatzschlüssel auf. Für Notfälle.“ „Ist das ein Notfall?“ „Du hast Dich wirklich verändert“, sagte sie. „Das gefällt mir!“ Sie zündete eine mitgebrachte Kerze an, stellte sie neben sein Bett und begann, sich aufreizend langsam ihren Pulli über den Kopf zu ziehen. Ihr flacher Bauch glänzte im Kerzenschein. Sie ließ den Saum des Pullis immer höher gleiten, bis er den Ansatz ihrer Brüste freigab. Er streckte seine Hände aus, um sie zu berühren, aber sie wich zurück. „Langsam“, sagte sie, und es klang sehr bestimmt. „Ihr Männer seid immer so schnell.“

      Sie ließ den Pulli wieder sinken und streifte den Rock ab. Ihr Slip war sehr knapp und schien nur aus Spitze zu bestehen. Sie zog die Decke beiseite, setzte sich auf sein Becken und knöpfte seinen Pyjama auf, den sie zum Schluss mit einem Ruck öffnete und über seine Schulter streifte. Noch immer