Tom Sore

Sommer ´86


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Tatsächlich, die meinte mich, hielt meinen Blick fest und lächelte. Ich versuchte locker zu bleiben. Von einigen älteren Kollegen freudig begrüßt, machte man ihr bereitwillig Platz. Stolz aufgerichtet und ohne ihre Katzenaugen von mir zu wenden steuerte sie unaufhaltsam auf mich zu, bis sie vor mir stand.

       Drei Minuten bis Neun:

      Weitere Kollegen kamen, andere gingen.

      Für mich stand die Zeit still.

      „Darf ich?“ schnurrte sie sonor, ergriff meinen Arm, bückte sich und wechselte die Schuhe. Ihre Hand brannte sich durch den Ärmel.

      Wieder ging die Tür auf, eine Woge lief durch die Kollegen, sie verlor das Gleichgewicht und stieß mit der Schulter gegen meinen Unterleib.

      „Autsch! ´tschuldigung“, sie richtete sich mit meiner Hilfe auf, lächelte mich zuckersüß an „das tat weh“, sie kam auf Tuchfühlung und der Schmerz war wie weggeblasen.

      „Schon okay“, antwortete ich, ungewollt kühlt.

      „Komm schon, Tom, warum so förmlich“, ihre Finger pressten sich in meinen Arm.

      „Du kennst mich, Jenny?“

      „Wer kennt Euch nicht! Tom und Peter – groß, sportlich, arrogant. Wenn ihr zwei über die Brücke geht kriegen die Mädels der Buchhaltung feuchte Höschen.“

       Zwei Minuten bis Neun:

      Es wurde enger im Kabuff, sie drehte sich um, lehnte sich mit ihrer Schulter gegen meine Brust und ihr Scheitel schob sich unter meine Nase – ich nahm einen tiefen Zug - himmlisch.

      Der Duft ihrer Haare fand den direkten Weg zu den entferntesten Synapsen meines Hirns.

      „Du riechst verführerisch gut“, hauchte ich mehr zu mir selber.

      Animalische Instinkte stiegen in mir auf, ich hauchte ihr einen Kuss aufs Haar. Statt empört zu reagieren zog sie meinen Arm um ihre Taille und drückte meine Hand auf ihren Bauch. Ich spürte warme Haut unter dem Kostüm vibrieren, sie folgte willig meinem leisen Druck, ihr Po drückte gegen meinen Schenkel.

       Noch eine Minute!

      Unsere Körper schwankten im Trubel der kommenden und gehenden Kollegen. Sie drehte den Kopf, fixierte mich mit ihren grau-grünen Katzenaugen, schob, ohne mit der Wimper zu zucken, meine Hand tiefer:

      „Danke Kleiner“, sagte sie laut. Meine empfindsamen Fingerspitzen fühlten die feinen Kringel ihrer Schamhaare durch dünnen Stoff.

       Neun Uhr!

      Wir ergaben uns der allgemeinen Strömung, erst auf dem Stand ließ ich sie los…

      Menschen kamen und gingen, einige wollten alles wissen und einige uns erzählen wie’s besser geht. Unser Stand war einer der größten in der Halle, weltweit kamen die Anlagen- und Maschinenbauer nicht an uns vorbei. Entsprechend begehrt waren wir, die wir‘s von Berufswegen besser wissen sollten. Es war noch vor zehn Uhr, ein Jemand aus Irgendwo, sprach mich an:

      „par le vous francaise?“ – Ich fand so etwas wie „uno momento“, in meinem Schatz für Fremdsprachen, drehte mich um und schaute in Jennys unbeschreiblich süßes Lächeln:

      „uno momento?“, äffte sie mir nach „wirklich interessant!“.

      Ich hätte sie auf der Stelle küssend in den Boden stampfen können. Fremdsprachen sind halt nicht so mein Ding, sie aber konnte außer Chinesisch und Arabisch scheinbar jede. Wir mauserten uns zum Dreamteam, selten hatte ich so viel Spaß bei der Arbeit, die Zeit flog nur so dahin und ich war überrascht, als um die Mittagszeit einer unserer Oberbosse Jenny entführte. Man ging mit Kunden essen und benötigte ihre Dienste für eine standesgemäße Unterhaltung. Ich aß die berüchtigte Bockwurst, der billige Senf lag mir noch Stunden später im Magen. Ohne sie zog sich die Zeit wie Kaugummi. Nach einer längeren Beratung stand ich müde auf.

      „Du sollst nicht lügen“, hörte ich sie hinter mir witzeln, sofort war ich wieder hellwach.

      „Hallo schöne Frau, hab Dich vermisst“, gestand ich ungewollt und verführte sie zum ersten Mal: wenn auch nur zu einem Campari mit O-Saft. Unsere Knie berührten sich, sie zupfte an meiner Krawatte, ich schob mit einem Finger vorwitzige Haare aus ihrer Stirn. Ein Spielchen, das die liebe Hilde sichtlich ungerne unterbrach um uns auf einen Besucher aufmerksam zu machen, den wir gemeinsam zufrieden stellen konnten. Die letzten Stunden flogen nur so dahin.

      18 Uhr Der Abend

      In geordnetem Chaos leerten sich die Hallen. Jürgen ein Kollege den ich mit zum Hotel nehmen wollte, trieb mich an. Ich zeigte ihm die kalte Schulter. Ich hatte es nicht eilig, denn auch Jenny würde uns zum Hotel begleiten und nur das zählte. Die nächsten fünf Minuten erschienen mir wie eine kleine Ewigkeit. Lächelnd, um zehn Zentimeter gewachsen baute sie sich vor mir auf. Sie hatte die Schuhe ohne meine Hilfe wechseln müssen, wie ihr vorwurfsvoller Blick mir zu verstehen gab. Einen kleinen Koffer neben sich absetzend, sah sie Jürgen herausfordernd an:

      “Soll ich armes, gebrechliches Weib den etwa selber tragen? – Jürgen? Bitte!“, Jenny nahm meinen Arm und ich die Verantwortung.

      Unser Hotel lag Richtung Berlin, man konnte die DDR fast riechen. Wir hätten besser daheim übernachten können aber so schoben wir eine Blechlawine erst über die A7 und dann über die A2 vor uns her. Zwei Stunden für 100 km und ich war kein Stück sauer, denn Sie saß hinter mir und der Stau war mir (fast) egal. Irgendwann, als uns der Gesprächsstoff ausging, schob ich eine Cassette ins Radio, mein aktueller Favorit: Ostrock, Puhdys. Bei uns im Westen eher ein Geheimtipp aber Jenny kannte die auch, summte sogar mit und es kam was kommen musste:

      “Bleib heut bei mir, ich sehne mich heut Nacht nach dir, schlaf heut mit mir, zum ersten Mal heut Nacht mit mir …“, schepperte es aus den Lautsprechern. Sie quittierte es erst mit einem leisen Kichern und dann spürte ich ihre Finger ganz sanft über meinen Nacken gleiten, dass mir nicht nur die Nackenhaare abstanden. Das Teufelchen in mir flüsterte diesem göttlichen Wesen hinter mir zu: ‚Nicht aufhören, nur nicht aufhören, ich zahl’s Dir später heim‘.

      Spät, erreichten wir unser Hotel. Die meisten Kollegen verkrochen sich direkt auf die Zimmer oder in die Bar. Ich musste noch einchecken und verlor Jenny aus den Augen. Obwohl mir meiner Sache sicher, war ich unruhig - Lampenfieber vorm Date?

      Die verschwitzten Klamotten flogen aufs Bett. Den eiskalten Wasserstrahl der Dusche auf meinen erigierten Schwanz gerichtet rief ich ihn zur Raison. Der musste warten, auf was auch immer, besser als onanieren würde es allemal - bei diesem Gedanken musste ich grinsen und schon stand er wieder. Ich kletterte aus der Dusche, suchte einen frischen Slip, hauteng und aus feinstem Stöffsche. Ich bin bestimmt kein Wäschefetischist, doch spüre ich gerne weichen, seidigen Stoff auf meiner Haut. Kein zwickender Tanga, erst recht keine schlabbernden Boxershorts berührten je meinen Hintern. Im Geiste wanderte ich zu ihr und sah wie Jenny der Dusche entstieg, sich abtrocknet, sich nackt kritisch vorm Spiegel betrachtet, Wäsche wählt, galant in den Slip schlüpft, ihre Brüste im BH zurechtrückt, erst die linke dann die rechte Hand ins Körbchen, leicht anheben. Stellt sie sich vielleicht gerade vor, wie ich sie entblättere, ganz langsam bis auf BH und Höschen entkleide….

      Himmel, hatte ich die Zeit vertrödelt, die anderen warteten bestimmt schon, zu verführerisch waren die Gedanken, zu groß auf einmal die Angst, alles nur geträumt zu haben…

      Ihr Lächeln empfing mich. Ohne die verwunderten Blicke anwesender Kollegen zu beachten, ging ich freudig auf sie zu, fast hätte ich sie geküsst. Jenny war mir plötzlich so vertraut, als wären wir schon viele Jahre eng befreundet. Gemeinsam steuerten wir beschwingt dem Ausgang zu. In ihrer Nähe erschien alles viel bunter und freundlicher. Ich drückte sie fest an mich:

      „Was ist?“, fragte Jenny, aber auch sie hielt ihren Arm fest um mich.

      „Mir geht’s ganz einfach nur gut - sehr, sehr gut.“

      Ich hielt ihr die Tür hinterm Fahrersitz auf, bückte mich, schob ihre