Mira Schwarz

SEX & other DRUGS - Novembertau


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Arbeitsplatz, betreibt sie dabei nur zum Spaß und Zeitvertreib.

      »Du hast ja recht«, murmele ich schließlich und fahre mir über die Narben an meinen Knöcheln. Wo ich die wohl herhabe?

      »Dann solltest du es wirklich auch anpacken.« Carmen streckt die Hand in die Höhe und gibt mir einen kleinen Stups, damit ich in seine Richtung torkele. »Mr. Hedfield, Miss Ashcroft möchte Sie gerne sprechen.« Sie ruft die Worte absichtlich laut, damit es für mich keine Möglichkeit gibt, aus der Situation herauszukommen.

      Automatisch werfe ich ihr einen bösen Blick zu und bin ihr in der nächsten Sekunde bereits dankbar für ihre Hilfe.

      »Sie wollten mich sprechen?«

      Mr. Hedfield lächelt mich an und nippt an seinem Tee. Da er dieses versucht, gleichzeitig zu tun, entbehrt es nicht einer gewissen Komik, dass ein paar Tropfen auf seinem Jackett landen. Er ist in der Bar der Einzige, der noch eine Krawatte trägt oder Tee bestellt, und er macht nicht den Eindruck, als dass er dies in nächster Zeit ändern will.

      »Ja, Sir. Es geht um meine Stelle bei der First Pacific Bank. Sie haben meine Position noch nicht neu besetzt, nehme ich an?«

      Er nickt verstehend, erhebt sich vom Hocker und sieht mich mit gutmütigen Augen an. Dabei muss er hochgucken, um mir ins Gesicht zu sehen. »Jasmin, Sie wissen, dass ich immer ein Fan von Ihrer Arbeit war. In den letzten drei Monaten konnten wir uns noch mit Mitarbeitern von anderen Filialen über Wasser halten. Aber nun wird es langsam eng.«

      Ich muss schlucken, kein gutes Zeichen. »Das kann ich verstehen, Sir. Deshalb würde ich gerne auch wieder anfangen. Montag bereits, wenn es Ihnen recht ist.«

      Das Frettchen überlegt eine Weile, lächelt dann wieder und trinkt erneut. »Mir wäre es nur wichtig, dass Sie wieder ganz die Alte sind und natürlich wäre das auch im Interesse unserer Kunden. Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir dies mit einer Leistungsprüfung am Montag untermauern?«

      »Natürlich nicht«, schießt es aus mir hervor und erst Herzschläge später bemerke ich, dass dies jeder am Tisch mitbekommen hat. Alle Augenpaare sind auf mich gerichtet.

      »Sollten Sie diese allerdings nicht bestehen …«

      Den Satz muss er nicht beenden. Hedfield dreht sich zufrieden weg. Höre ich da ein kurzes Kichern?

      Mit offenem Mund stehe ich da und weiß nicht so recht, was ich sagen soll. Ist das wirklich ein Test, um zu sehen, ob ich meinen Job behalten darf? Was zum Teufel ist hier gerade passiert? Ich fühle mich in die Schule zurückversetzt und spüre sofort, dass sich eine nicht gekannte Wut in meinem Körper entzündet. Meine Nachbarn verziehen peinlich berührt ihre Gesichter. Einige Kolleginnen können sich einen abfälligen Blick in meine Richtung nicht verkneifen. Doch sie alle eint, dass jeder wissen möchte, wie ich jetzt reagiere.

      Ich atme einmal tief ein, fixiere Mr. Hedfield. Plötzlich fällt es mir schwer, meine Gefühle zu unterdrücken. Obwohl sie in mir rumoren, bleibe ich ganz ruhig. Ich habe sogar das Gefühl, als würde mein Puls sich senken. Alles um mich herum scheint langsamer zu laufen. Es wäre so einfach …

      Er ist kleiner als ich, will gerade aus seiner Teetasse trinken. Ein Schlag mit dem Handballen gegen die untere Kante des Porzellans würde ihn erschrecken und an den Lippen schwer verletzen. Aufgrund dessen würde er sich in eine Schutzhaltung begeben und den Kopf in den Nacken ziehen. Mit einer schnellen Bewegung könnte ich ihn greifen und seine Stirn auf die Tischplatte schlagen. Er wäre so perplex, dass er nicht bemerken würde, wie ich mit einem kräftigen Tritt gegen sein rechtes Knie ihn aus dem Gleichgewicht bringen würde. Ein Schlag mit der flachen Hand gegen seinen Kehlkopf würde die Sache besiegeln.

      Moment, Stopp!

      Was zum Teufel mache ich hier? Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken und ich muss meine Arme um mich schlagen, damit ich zumindest einigermaßen Halt finde. Mir wird schwindelig, die Welt um mich herum beginnt sich viel zu schnell zu drehen.

      »Vielen Dank, Mr. Hedfield«, stammle ich gerade noch so. »Ich werde versuchen, Sie nicht zu enttäuschen.«

      Er nickt, beäugt mich mit kritischem Blick und hält starr seine Teetasse in der Hand. Kein guter Einstand für einen Leistungstest, der darüber entscheiden soll, ob ich noch einen Job habe.

      Ich könnte mich selbst ohrfeigen, bin erschrocken und angewidert von mir und meinen Gedanken und muss mich am Tisch abstützen. Weit entfernt höre ich Ryans Stimme. Er versucht, die Situation aufzulockern, erzählt einen blöden Witz oder so etwas in der Art und will die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Ich bin ihm dankbar, kann mich sammeln und finde gerade so den Weg auf die Toilette.

      Vielleicht hätte ich es mit dem Alkohol ein wenig ruhiger angehen lassen sollen? Immerhin habe ich Monate nicht getrunken. Ein pochender Schmerz zieht sich meinen Kopf hoch. Gerade so kann ich mich am Becken abstützen und das Wasser laufen lasse. Wenigstens bin ich allein.

      Schwer atmend lasse ich das Wasser über meine Handgelenke sprudeln.

      Einatmen.

      Ausatmen.

      Anhalten.

      Ganz einfach, nichts Schweres, Jessy.

      Moment. Wie habe ich mich gerade selbst genannt? Ich sehe in den Spiegel und erkenne mich für einen Moment nicht wieder. Was zum Teufel ist los mit mir? Wieso um alles in der Welt denke ich daran, meinen Chef bewusstlos zu schlagen, und warum kann ich das? Zumindest theoretisch.

      Erst als die Wut ein wenig verflogen ist, stelle ich das Wasser aus. Vielleicht bin ich einfach noch nicht bereit.

      Egal, was das gerade war, ich sollte es schnellstmöglich unter Kontrolle bekommen.

      ***

      »Hey, Darling. Wie geht es dir?«

      Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft Ryan diese Frage in den letzten Tagen schon gestellt hat.

      »Es ging mir schon einmal besser«, gebe ich unverhohlen zu. »Und dir?«

      Er muss lachen, streichelt meinen Rücken und stellt sich neben mich. Wir blicken gemeinsam in den Spiegel.

      Allein durch seine Anwesenheit fühle ich mich wohler. »Du weißt, dass du auf der Damentoilette bist?«

      »Jep«, bestätigte er und schmiegt sich näher an mich heran. »Meine innere Göttin finden, du weißt schon.« Mit einem kleinen Kuss auf meine Wange holt er mich wieder auf den Boden der Tatsachen. »Vielleicht war das alles ein wenig früh. Wir hätten zu Hause bleiben sollen. Das war meine Schuld.«

      »War es nicht«, protestiere ich sofort. »Ich musste raus aus meinem kleinen Kokon von Glückseligkeit und Fragen, auf die es keine Antwort gibt.«

      »Was meinst du denn damit?« Ryan streichelt meinen Rücken nun heftiger. Ich beobachte sein Gesicht, seine Figur und erahne die Muskeln, welche unter dem dunklen Rollkragenpullover spielen müssen. Er sieht mich einfach nur an, als ob er wüsste, welche Wirkung er auf mich hat. Wieder ziehe ich sein herbes Parfüm in meine Nase und genieße für einen Moment, wie es meine Sinne betäubt.

      Erneut flackert ein unstillbares Verlangen in mir auf. Nur diesmal ist es anders. Keine Wut, keine Aggression, sondern pure Lust und lodernde Leidenschaft. Etwas in meinem Unterleib scheint Feuer zu fangen. Ich muss meine Beine aneinanderpressen, um nicht vollends abzugleiten.

      Ryans Hände wandern zu meinem Hals. In langen Zügen streicheln seine Fingerkuppen über die empfindliche Haut. Er spielt mit den feinen Härchen, während er mich von hinten umarmt und kühle Luft auf meinen Nacken pustet.

      »Jasmin?«

      »Mh?«

      »Ich fragte, was du damit meinst?« Er küsst meinen Nacken, reibt mit dem glatt rasierten Kinn über meine Haut.

      »Womit?«, will ich wissen. Dabei habe ich Mühe, dass meine Stimme noch einigermaßen den Ton findet. Weiß er, wie sehr ich gerade leide? Was er in diesem Moment in mir auslöst?

      »Fragen,