David Poppen

Im Clan der Perversionen


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      „Trotz der fetten Wampe?“

      „Es gibt Schlimmeres“, antwortete Carmen und winkte lässig ab.

      Sie gossen sich Drinks nach, saßen herum und räkelten sich. Unter der abgeschirmten Leuchtstoffröhre lag die Bar-Theke im harten Licht. Jeder Schweißtropfen an Nicoles Bauchnabel zeichnete sich glitzernd auf ihrer Haut ab, ehe er in Richtung Scham herabrann.

      Gregor knetete unentwegt Nicoles Brüste, deren blassrote Nippel immer wieder zwischen seinen Fingern hervorlugten.

      Carmen blickte sich in dem niedrigen Raum um, an dessen roh strukturierten Betonwänden Originale moderner Maler hingen.

      Nicoles geiles Seufzen quoll aus Gregors Rachen, aus dem die Zunge schwer zwischen ihren Zähnen hing. Immer wieder musste sie das Gemisch aus ihrer beider Spucke wegschlucken, dünn und pfeifend sog sie den Atem durch die Nase.

      Gleichzeitig schien sich Simon zwischen den nackten, haarlosen Schenkeln der Achtzehnjährigen festgesaugt zu haben, wie eine halbverhungerte Ratte.

      „Ah... ohhhh...“

      „Hoffentlich platzt sie bald“, sagte Carmen.

      Sie kamen und gingen und langweilten sich. Ihre erste Begierde war gestillt, an das Spiel auf der Theke kamen sie nicht heran. Überhaupt: man kannte sich, jeder hatte mit jedem längst gevögelt.

      Außer mit Nicole, denn die hatten Gregor und Simon mit Beschlag belegt. Und mit Sabine Eulenfeld, die bis heute nur mit...

      Sabine?

      „Wo steckt denn Sabine?“, fragte Miran

      „Wollte sie nicht auf die Toilette gehen?“, fragte Timo.

      „Quatsch. Sie schwimmt doch schon längst wieder.“ Carmen kratzte sich unter dem Haar. „Im Becken drüben.“

      „Nehmen wir sie uns vor?“, fragte Timo.

      „Sabine? Du weißt doch, wie sie ist“, sagte Miran.

      „Eben drum. Wir zwingen sie. Du und ich. Und Carmen hilft uns. Tust du das, Carmen?“

      „Gute Idee.“

      „Wir vergewaltigen sie. Erst du, dann ich.“ Timo trank sein Glas leer. „Wird Zeit, dass sie drankommt.“ Er stand auf. „Die machen wir fertig.“

      „Ich weiß nicht“, meinte Miran.

      Trotzdem durchquerte er den Durchgang mit den anderen und stieg die vier gekachelten Stufen zum Schwimmbecken hinab. Sabine Eulenfeld trieb am anderen Ende des Bassins auf dem Rücken, das Haar wie ein braunblondes Bündel dünner Schlingpflanzen über dem Gesicht. Manchmal tauchte ihr nackter Körper unter, dann stieg er wieder hoch.

      „Sabine!“

      Die drei standen wie erstarrt.

      „Zum Teufel. Sabine!“ Timos Stimmer zitterte.

      Dann rannten sie los, um das Becken herum bis vor die Bohlentür, die zur Sauna führte. Sabines Gesicht schwamm heran, die Haarsträhnen teilten sich über ihren Augen. Groß und wie erstarrt blickten sie durch das lindgrüne Wasser zur grauen Betondecke hoch, die plötzlich dunkel und schwer über dem Becken zu lasten schien.

      „Aber... oh, Gott“, flüsterte Carmen.

      Timo Harras und Miran Drašković starrten sich an.

      Dann schrie Carmen los. Sie schrie und schrie, das Gesicht verzerrte und die Hände gegen die Schläfen gestemmt.

      2

      Ich saß an meinem Schreibtisch in meinem Münchner Büro am Gärtnerplatz und betrachtete ihr Bild. Sie lächelte in die Kamera, das dunkelblonde Haar in langen Strähnen über den Schultern und die Zunge aufreizend zwischen den Zähnen. Damals, als das Foto gemacht wurde, hatte sie noch gelebt. Und so wie es aussah, kaum allzu keusch und als Kind der Traurigkeit...

      „Und?“, fragte ich.

      Leon Hagenau, mein Assistent, saß mir gegenüber an einem zweiten, gegen den meinen gestellten Schreibtisch, und rieb sich den Nacken. Sein schmales, sonnenbraunes Jungengesicht wirkte beklommen, in seinen Augen nistete Besorgnis. Er nahm die Hand vom Genick und betrachtete die Fingernägel.

      „Unfall“, sagte er, aber es klang skeptisch. „Abgesoffen und ertrunken.“

      Das merkte selbst ich, Amelie Freifrau von Abensberg, auf den ersten Blick. Ich war selbständige Ermittlerin, mit einer eigenen Privatdetektei. Mein kleines Unternehmen bestand aus der Sekretärin Anna Thun und meinem Assistent Leon Hagenau. Unser Dreierteam leistete seit über sechs Jahre erfolgreiche Arbeit, so dass wir einen sehr guten Ruf genossen. Aus dem Vorzimmer konnten wir die laute Stimme von Anna hören, die ein Telefonat führte. Außer diesen beiden Räumen gab es noch ein Besprechungszimmer, eine Teeküche und eine Toilette.

      „Ach ja?“

      „Bei einer Party in Grünwald.“

      „Das kann schon vorkommen“, meinte ich und legte das Foto auf den Schreibtisch zurück. „Schwimmen sollte man schon können.“

      „Konnte sie ja“, erwiderte Leon.

      Das klang schon schlechter.

      „Was sie bei uns versichert?“ Oder besser: bei der Munich Life AG, der drittgrößten Versicherung in Bayern mit dem Hauptsitz in Schwabing. Das Unternehmen war mein größter Auftraggeber, es bildete die Grundlage meiner beruflichen Existenz.

      „Ja, war sie“, erwiderte Leon. „Der Fall stinkt.“

      „Wäre nicht das erste Mal.“

      Ich lehnte mich zurück und blickte zur Decke, deren gedämpftes Gelb prächtig zu meiner anthrazit farbigen Büroeinrichtung passte.

      „Du meinst, die Kleine wurde ermordet?“

      Leon reckte betreten den Hals.

      „Na?“

      Er zuckte die Achseln.

      „Was ist denn Leon?“ Allmählich wurde ich ungeduldig. „Wo hakt denn die Sache?“

      „Tja. Hm.“ Leon nahm einen dünnen Leitz-Ordner hoch und starrte finster darauf nieder. „Sabine Eulenfeld ertrank in Ferdinand, Graf von Barbys Swimmingpool.“ Er hob den Blick und musterte mich bedeutungsvoll. „Während seiner Abwesenheit!“

      Ich begriff immer noch nicht.

      „Offiziell hat die Munich Life die Forderung natürlich anerkannt. Fünfhunderttausend Euro für die trauernden Hinterbliebenen. Bis zu diesem Betrag haftet sie aufgrund der Versicherung von Barby. Aber...“ Er ließ den Leitz-Ordner wieder fallen.

      „Trotzdem will sie nicht zahlen?“, erkundigte ich mich.

      „Nicht ohne nähere Untersuchung.“

      „Na also“, meinte ich. „Ist doch auch logisch bei dieser Schadenssumme.“

      „Soweit schon“, meinte Leon und grinste schief. „Wenn nur dieser Graf von Barby kein so verteufelt großes Tier wäre. Keiner überschaut sein Firmenimperium, nicht einmal das Finanzamt. Sein Arm reicht bis in die höchsten politischen Kreise. Wenn etwas von unseren Ermittlungen durchsickert, sind wir dran!“

      „Du meinst sicher die Munich Life?“, ergänzte ich.

      Er schüttelte heftig den Kopf. „Wir!“, sagte er.

      „Wieso das denn?“, fragte ich und beugte mich über den Schreibtisch. „Entweder es ist ein Auftrag oder es ist keiner. Wir sind doch nur kleine Ermittler, nur die Erfüllungsgehilfen der Versicherung.“

      „Diesmal nicht, Amelie. Leider.“

      „Wieso?“

      „Die Munich Life kann es sich nicht leisten, uns in aller