Caroline Milf

Der reiche Onkel


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war ich seine heimliche Geliebte. Auch jetzt noch, als Ehefrau. Doch das ahnte niemand. Es war mein Tabu, mein Geheimnis.

      Ich glaube an eine großzügig verzeihende, übermenschlich verständnisvolle höhere Gewalt, von der die irdischen Geschicke gelenkt werden. Und deshalb konnten seit jeher die tausend Teufel in mir ruhig tanzen. Meinen Glauben konnten sie nicht erschüttern. Die allmächtige Güte würde mir auch meinen liebestollen Sündenfall mit Onkel Hugo verzeihen!

      3

      Von diesem Onkel war jetzt die Rede, und das war es, was mich so nervös machte.

      Hier, dieser hübsche Bungalow mit Garten und Privatstrand am See auf der einen Seite; auf der anderen Seite jenseits der Straße mit Werkstatthallen und Garagen mit zwanzig Sattelschleppern und ebenso viel mächtigen Anhängern - das alles, dieses umfangreiche und bisher sehr einträgliche Fuhrunternehmen, das die Fernlastzüge mit der pompösen Aufschrift: „Antonio Núñez, Spanien-Transporte“ in alle europäischen Länder rollen ließ, hatte der Fachmann Antonio nur schaffen können, weil mein Onkel, der in der nahegelegenen Großstadt ein florierendes Exportgeschäft besaß, das nötige Kapital dazu gegeben hatte.

      Und nun schlug mein Mann verärgert auf den Stapel Aufträge und schalt: „Montcada, Montcada, Montcada! Der ganze Fuhrpark nichts als Transporte für die Montcada-Werke - nach Madrid, Porto, Mailand - dabei Leerfahrten zurück - und Preise, Preise! Wenn wir dafür weiterfahren, sind wir in einem Jahr pleite! Und Onkel Hugo liegt inzwischen unten am Strand und aalt sich, als ob nichts wäre, anstatt uns das hier zu erklären!“

      Ich blieb stehen, ließ von rückwärts die Sonne zwischen meine Beine hindurch scheinen, genoss Miguels saugenden Blick und sagte: „Onkel Hugo hat Geld genug, um eine Pleite zu vermeiden!“

      Miguel löste den Blick von meinen Beinen, tat gelangweilt und gähnte. „Wirklich? Hat er das?“

      Mein Mann wandte sich mit einem Ruck seinem Bruder zu.

      „Das klingt ja, als hättest du Zweifel! Und wenn ein Bankmensch so etwas sagt... also heraus mit der Sprache: Was weißt du?“

      Miguels Jochbogen färbten sich rot. „Ich weiß gar nichts! Und wenn ich etwas wüsste, dürfte ich darüber nicht sprechen. Bankgeheimnis. Das ist doch klar. Ich kann nur sagen, was ich mir dabei denke: Vielleicht hat euer Onkel Hugo mit Montcada, mit dem er seit langem befreundet ist, andere Verbindlichkeiten, die er mit den Transportpreisen ausgleicht. Eine Hand wäscht die andere...“

      „Aber das ist doch dann sein Geschäft, nicht meins!“, fuhr Antonio auf.

      „Immerhin besitzt er achtzig Prozent aller Anteile deines Unternehmens!“, erinnerte Miguel. „Löse mindestens die Hälfte davon ab, dann kannst du so reden!“

      „Das kann ich nicht – noch nicht, solange die neuen Sattelschlepper nicht bezahlt sind!“

      „Na also!“ Miguel lehnte sich mit verschlossener Miene zu-rück. Das Thema schien für ihn erledigt.

      Ich nahm meine Wanderung vor den Spiegelscheiben von neuem auf. Keinen Blick mehr für Miguel, der wieder glupschte. Die andere Sache gab mir Denkrätsel auf, und ich fühlte mich plötzlich unbehaglich dabei. Antonios Bemerkung von der Pleite hatte mich aufgestört. Bisher hatte ich Onkel Hugo für unermesslich reich gehalten. Nie war mir auch nur ein Gedanke gekommen, das alles hier, dieses Wohlleben in fast luxuriöser Bequemlichkeit ohne Geldsorgen, könnte eines Tages aufhören. Bisher war die allgemeine Ansicht, Onkel Hugos Kapital in Antonios Geschäft sei meine Mitgift gewesen, wenn das auch nirgends schriftlich niedergelegt war.

      Mit einigem Recht fühlte ich mich daher zumindest als Mitinhaberin. Wenn Onkel Hugo das nun irgendwelcher dunkler Machenschaften mit Montcada wegen in Gefahr brachte... aber wieso eigentlich? Darüber müsste doch mehr zu erfahren sein, wenn es so war! Vielleicht ließ sich alles ganz harmlos erklären... doch wenn nicht? Klarstellen musste man es jedenfalls! Und wenn einer das konnte, dann Antonios Bruder Miguel!

      Meine Augen wanderten wieder zu ihm, der betont gleichgültig vor sich hinsah, jedoch seine Augen nicht beherrschen konnte, sobald ich vor die Sonne trat.

      Wenn ich ihn nur zu Informationen bewegen könnte! Mit der Bank, in der er Zweigstellenleiter war, arbeiteten sie doch alle... auch Montcada!

      4

      Ich kannte ihn gut, diesen unweit von uns auf einem prachtvollen Landsitz residierenden Herrn über ein Dutzend Industriebetriebe im In- und Ausland. Jaguar, Ferrari, eigenes Flugzeug — Dinge, die mich, seit ich ihm vor zwei Jahren in Onkel Hugos Gesellschaft begegnet war, nicht minder beeindruckten als seine starke Persönlichkeit. Lebemann nahe den Fünfzigern, hatte ich ihn gleich taxiert. Unverheiratet, gut gebaut, gesunder Mann von leichter Beweglichkeit und nonchalanten Manieren. Sicher hart und gediegen im Geschäft.

      Aber auch ein Charmeur mit genau der Dosis lange Umwege scheuender, herrischer Männlichkeit, die sinnliche Frauen anzog und ihre sittliche Widerstandskraft lähmte, sobald die grauen Röntgenaugen unverschämt ihre Hüllen durchdrangen, dabei zu glitzern begannen, während den breiten, wohlgeformten Mund unter der kurzen, geraden Nase ein Lächeln verhaltener Siegesgewissheit umspielte . Logisch, dass es einmal zwischen uns eine kleine Episode gegeben hatte — abrupt angefangen und ebenso abrupt beendet. Den Beziehungen hatte sie nicht geschadet. Ein paar Male waren wir, mein Mann, Onkel Hugo und ich, mit ihm ausgegangen.

      Er war es gewohnt, dass die Männer auf mich flogen wie die Motten ins Licht.

      Bloß bei Montcada... jenes Fluidum, das ich ausstrahlte, auch wenn ich es nicht wollte... bei ihm gelegentlich mit boshafter Freude vielleicht doch wirken ließ. Kurzum: eines Abends beim Tanz erzählte er von seiner Villa auf der Insel Ischia. Und ob ich mich nicht langweile, wenn mein Mann oft zwei Wochen auf Tour sei? Das Haus stünde zu meiner Verfügung. Auch sein Privatflugzeug... in allen Ehren natürlich.

      „Natürlich!“ hatte ich ironisch erwidert. „Und Sie würden ebenso natürlich dann nie dahin kommen!“

      Er antwortete eher vage: „Ich habe oft in Italien zu tun.“

      Ichmeinte: „Aha.“ Sonst nichts.

      Er: „Also?“

      Ich, hohnvoll: „Also - nein! Hab's schon erfasst und danke für die Blumen!“

      „Und warum so spröde, meine Hübsche?“

      Er war rasch von Begriff: „Spielt da die Kleinstadt eine Rolle?“

      Zögernd hatte ich ihn angesehen. Verlockend, so ein reicher, attraktiver Fünfziger! Mit Siebzehn hatte ich mit einem Sechzigjährigen zwei unvergessliche Nächte in dessen Wochenendhaus verbracht.

      Der Altersunterschied machte es also nicht. Montcada hatte Recht - die Leute in einer Provinzstadt - die notwendige Reputation einer verheirateten Frau - Überschrift: moralische Bedenken!

      Verdammter Mist, wütete ich innerlich. Wenigstens lügen wollte ich nicht! Denn bei Montcada bedurfte es keiner Umwege, das hatte ich längst erkannt. Er hatte mich richtig eingeschätzt. Wozu also dem Jäger Täubchen vorspielen, wenn man bereits als räuberischer Falke ausgemacht war?

      „Genau das ist es!“, erwiderte ich und zuckte resigniert mit den Schultern. „Sie wohnen mir zu nah - stehen zu sehr im Rampenlicht der hiesigen Öffentlichkeit!“

      „Ich verstehe!“ Er lächelte amüsiert. „Aber sonst? Würden Sie...?“

      Ich erklärte mit einem entwaffnendem Lächeln: „Komiker! Sie wissen es doch ohnehin! In diesem Kaff ist leider die Maske wichtiger als das Gesicht, daher keine Aussicht...“

      „Okay, okay“, gab er zurück. „Sollten Sie dennoch einmal die Maske lüften wollen, für die nötige Diskretion könnte ich sorgen. Inzwischen bleibe ich Ihr ergebener Freund! Sollten Sie mal etwas brauchen - den Weg kennen Sie ja!“

      Dabei war es dann geblieben. Auch bei dem herzlichen Einvernehmen,