Sara Jacob

Das Sex-Phantom


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flau im Magen, und ich zwang mich, woanders hinzusehen. Ich konnte ja nicht einmal die Augen schließen, da meine Lider ebenfalls unsichtbar, also durchsichtig waren.

      Ich zog den Korken aus der Flasche und stillte meine Lust auf Alkohol, die längst den Kater vertrieben hatte, der noch am Morgen mein Lebensretter gewesen war. Ohne ihn hätte ich schließlich nie die Toilette aufgesucht und wäre wie die Wissenschaftler verbrannt.

      Der Alkohol auf nüchternen Magen zeigte Wirkung. Bald war ich heftig beschwipst, aber leicht, luftig, wie nur ein Rausch mit kühlem Rosé sein kann.

      Ich aß die letzte Scheibe Brot, ließ mir Schinken und Käse auf der Zunge zergehen und durchsuchte das Schlafzimmer. Neben einem überdimensionierten Flachbildfernseher stand eine Videokamera. Ich schaltete sie an, spielte den letzten Clip ab und war rasch gelangweilt von einem nichtssagenden Urlaubsfilm an irgendeinem weißen Strand.

      Als die Flasche geleert und die Köstlichkeiten aufgegessen waren, suchte ich das Badezimmer auf, das mit Regendusche, Whirlpool und Doppelwaschbecken wie der Rest des Hauses beneidenswert überdimensioniert war. Schwankend schlug ich mein unsichtbares Wasser in das Luxusklo ab und hüpfte leichtfüßig die Treppe hinab.

      Ich stellte die leere Flasche in den Kühlschrank.

      Im Wohnzimmer war es deutlich wärmer als oben, was an der weit geöffneten Terrassentür lag. Draußen jedoch schlug mir die Hitze wie die heiße Luft aus einem Backofen entgegen. Nackt wie ich war stellte ich mich in die Tür und sondierte die Lage.

      Die beiden Frauen saßen noch immer auf der Terrasse, inzwischen hatten sie sich allerdings unter den Sonnenschirm verkrochen.

      Sie kicherten und lachten. Auf dem Tisch stand eine leere Proseccoflaschen, eine zweite war fast zur Hälfte geleert. Gerade goss Tine ihrer Freundin, die mit schwerer Zunge vergeblich ablehnte, noch ein Glas ein

      »Oh Gott, hör auf, ich bin schon total betrunken. Ich muss noch fahren.«

      »Quatsch, Laura, du kannst dir doch ein Taxi nehmen. Oder hier übernachten.«

      »Und Ben? Der hasst es doch, wenn ich hier übernachte.«

      »Der kommt heute ganz sicher nicht zurück. Prost.«

      Sie stießen an. Kicherten. Tranken. Tine trug noch immer ihren knappen Bikini, Laura ihr Sommerkleid mit dünnen Trägern. Ich trat ganz nah an sie heran, so dass ich ihr Parfum riechen konnte, das tapfer gegen die Hitze ankämpfte.

      Laura wirkte weitaus natürlicher, selbst wenn ihre Haare ebenfalls nicht mehr die ursprüngliche Farbe hatten. Mit ihrem feinen, glatten Gesicht hätte sie gut auf einen Laufsteg gepasst. Wie Tine schätzte ich sie auf etwa Ende zwanzig.

      Unter ihrem einfarbigen Kleid schien sie weder Top noch BH zu tragen, denn ihre Brustwarzen bohrten sich deutlich durch den Stoff. Im Schritt jedoch, wo sich das Kleid eng an ihre runden Hüften schmiegte und das Venusdelta andeutete, hoben sich die Nähte eines knappen Slips hervor.

      Ich ging leise um die beiden angetrunkenen, kichernden, schwatzenden Frauen herum, immer darauf bedacht, dass meine nackten Füße nicht laut auf die Steine klatschten. Zum Glück hinterließ ich auch keine Schweißflecken auf den Steinen.

      Was jetzt? Warten, bis ihre Freundin ging, bis sich beide zum Sonnen noch einmal auszogen, oder doch weiter, zum nächsten Haus? Was fing ich an mit meiner Unsichtbarkeit? Was sollte ich tun?

      »Ben arbeitet viel zu viel. Im Bett läuft gar nichts mehr. Ich bin so ausgehungert, ich habe mir vorhin im Halbschlaf beim Sonnen schon vorgestellt, er würde mich lecken. Es war so realistisch.«

      Laura nippte Prosecco.

      »Warum suchst du dir nicht einen Freund?«

      »Ich liebe ihn ja, ich will ihn nicht mit einem anderen Mann betrügen.«

      »Du sollst ihn ja auch nicht mit einem Mann betrügen.«

      »Soll ich eine platonische Freundschaft mit meinem Friseur schließen?«

      Die Brünette schüttelte den Kopf. »Die Betonung lag nicht auf betrügen, sondern auf Mann.«

      Oha. Schweigen. Laura nahm einen hastigen Schluck aus ihrem Glas, als wollte sie herunterspülen, was sie gerade gesagt hatte.

      »Entschuldigung«, murmelte sie.

      Die beiden Frauen starrten sekundenlang vor sich hin. Tine stellte ihr Sektglas ab.

      »Wie kommst du darauf, ich könnte auf Frauen stehen?«

      Laura räusperte sich. »Ich glaube, das war wohl eher Wunschdenken.«

      Irgendwo im Garten zeterte eine Elster. Über den nahen See dröhnte ein Bootsmotor. Mir lief der Schweiß den Körper hinab.

      Tine nahm einen großen Schluck Prosecco. Laura knipste nervös mit den Fingernägeln. Wer stand als erste auf? Würde Tine ihre Freundin empört zur Rede stellen, rauswerfen, nie wieder anrufen? Die eigene Freundin anbaggern, das taten Mädchen doch nur als Teenager, wenn sie noch nicht wussten, auf welche Seite sie gehörten.

      Aber kannte ich die beiden? Wusste ich, wie lange sie schon Freundinnen waren, was sie voneinander wussten? Nicht jeder war so oberflächlich wie du.

      Tine blieb verdammt ruhig. Ich sah genauer hin. Auf ihrem Sektglas bildeten sich kleine konzentrische Kreise. Ihre Hand zitterte. Ich ging noch näher an Tine heran. Tatsächlich. Ihre Nippel bohrten sich deutlich durch den Bikini.

      Tines Stimme war hart, härter als erwartet.

      »Also, ich glaube, du musst dich mal abkühlen. Du hast wohl einen Sonnenstich. Oder ist das der Prosecco?«

      Laura stand auf. Der Stuhl schabte laut über die Steine. »Entschuldigung. Ich glaube, ich geh besser.«

      Sie beugte sich vor, hob schwankend ihre Sandalen vom Boden auf und nahm das Handy vom Tisch.

      Tine erhob sich ebenfalls unsicher aus ihrem Stuhl, während Laura bereits auf halbem Weg nach drinnen war.

      »Na los«, sagte Tine. »Ich hol dir ein Handtuch. Du kennst dich ja hier aus.«

      An der Terrassentür blieb Laura stehen, die Miene versteinert.

      »Du willst nicht, dass ich gehe?«

      Tine schluckte, und jetzt konnte zumindest ich erkennen, wie nervös sie war. »Doch, und zwar in die Dusche.«

      Noch immer schien Laura nicht zu verstehen oder nicht verstehen zu wollen. »Hier? In eure Dusche?«

      »Mein Gott, bist du heute schwer von Begriff. Geh schon mal vor, ich bring dir ein Handtuch.«

      Laura blieb noch eine Sekunde regungslos an der Tür stehen. Tine scheuchte sie mit den Händen ins Haus, kicherte plötzlich. »Los, los.«

      Was tat sie da? Welch seltsame Reaktion auf ein so eindeutiges Angebot. War sie von diesen Avancen so überrascht, dass sie nicht wusste, ob sie darauf wütend oder erfreut reagieren sollte? Wollte sie sich Zeit kaufen? Geh duschen.

      »Du bist mir eine Nudel«, kicherte Laura. Ich ging vor und sie folgte mir.

      Ich wusste ja, wo das Bad war.

       4.

      Auf dem Weg nach oben blieb Laura stehen, sah sich um, irritiert. Ich bewunderte den Hintern unter dem Sommerkleid.

      Tine kam nicht nach. Ich hörte eine Tür knallen, vermutlich die Terrassentür, das Klingeln von Gläsern. Laura nahm die letzten Stufen und ging durch den Flur ins Bad. Ich ließ sie vorbei, musste langsam gehen, weil meine Füße zu laut auf das Parkett klatschten.

      Bevor Laura die Tür zum Bad schließen konnte, schlüpfte ich hinter ihr hinein, doch Laura hatte gar nicht die Absicht. Die Tür schwang auf und blieb so. Laura streifte die Träger von den Schultern und bewies meine Vermutung, dass sie keinen BH trug.

      Perfekt, dachte ich, einfach perfekt. Groß, schwer, rund und mit dunklen Höfen. Und auch die Hüften unter einer schmalen Taille passten ins