Madlen Schaffhauser

Damian - Vertrauen


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in den Augen an.

      Erst jetzt bemerke ich, dass ich die kleine Schachtel in meinen Händen halte. „Oh, entschuldige.“ und lege sie schnell wieder zurück.

      „Er liegt schon seit einer halben Woche da drin. Ich sollte ihn machen, damit ich endlich Gewissheit habe. Nur fürchte ich mich vor dem Ergebnis.“

      „Willst du denn schwanger sein?“

      „Nein!... Ja!“ Sie wirft beide Hände in die Höhe. „Ach, ich weiss nicht. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es noch zu früh wäre. Ich möchte noch etwas mein Leben geniessen. Ausgehen, Partys machen. Einfach das, worauf ich gerade Lust habe. Andererseits könnte ich mir nichts Schöneres vorstellen, als mit Alan ein Kind zu haben.“

      Ich versuche den Schmerz zu ignorieren, der sich um meine Brust wickelt. Dabei bemühe ich mich ein fröhliches Gesicht aufzusetzen.

      „Aber warum bringt dich ein Schwangerschaftstest so aus der Fassung?“ stoppt mich Mira auf dem Weg zu meinem Tisch.

      „Wie?“ Ich habe ihre Frage verstanden, nur was soll ich darauf antworten? Vielleicht ist es an der Zeit, ihr meine ganze Vergangenheit anzuvertrauen. Vor ein paar Wochen habe ich ihr zwar von Michael erzählt, dass er mich geschlagen und tyrannisiert hatte und er der Grund war, warum ich nach England kam. Doch das Schlimmste habe ich damals geschickt ausgelassen.

      „Warum bringt dich ein Schwangerschaftstest so aus der Fassung?

      „Ich war auch mal schwanger.“ antworte ich leise und hoffe, dass sie nicht weiterstochert.

      „Was? Du hast nie etwas davon gesagt.“

      „Es gab auch nie einen Grund dafür.“

      Sie sieht mich skeptisch an, dann wirft sie einen Blick auf die Uhr. „Ich muss zum Meeting. Aber wir werden später darüber reden.“

      9.

      Eigentlich glaubte ich, dass ich an diesem Morgen im Glück schweben würde, mit einem riesigen Smile auf dem Gesicht, weil ich Rose und Mira von meinem Umzug erzählen wollte. Aber bis jetzt kam alles ganz anders. Nachdem ich von Miras eventuellen Schwangerschaft erfahren habe, rief mich Aila an. Ich bemerkte durch den Hörer hindurch, wie sie es genoss mich in Bakers Büro zu zitieren.

      Seit den letzten fünf Minuten versuche ich herauszufinden, warum ich zu Baker beordert wurde. Gerne würde ich denken, dass er mich wenigstens einmal wegen meiner Arbeit rühmen oder mir eine neue Aufgabe zuteilen würde, doch ich weiss es besser. Er hatte noch nie ein gutes Wort für mich übrig. Er liebt es geradezu mich zu schikanieren. Also wird es auch dieses Mal sicher nicht anders. Aber was könnte ich angestellt haben? Ich erledige doch alles genau so, wie er es mir aufgetragen hat?

      „Du kannst gleich weiter. Er wartet bereits. Wird bestimmt amüsant.“ erklärt Aila schadenfroh.

      Liebend gern würde ich ihr, ihr selbstgefälliges Grinsen aus dem Gesicht wischen, stattdessen gehe ich wie die Ruhe in Person an ihr vorbei, obwohl meine Beine bei jedem Schritt immer schwächer werden.

      Aber ganz so klein gebe ich dann doch nicht nach. „Ganz bestimmt. Vor allem dann, wenn ich Baker verrate, dass er nicht der Einzige ist, den du hier vögelst.“

      „Fick dich.“ antwortet sie. Wir haben schon seit langem aufgehört, falsche Freundlichkeit auszutauschen.

      Ich klopfe an und trete ein, nachdem mich mein Vorgesetzter dazu aufgefordert hat.

      „Nehmen Sie Platz.“

      Ich setze mich vor seinen riesigen Schreibtisch aus Mahagoni und warte geduldig ab, was er mir zu sagen hat.

      „Manchmal frage ich mich, ob Sie mich absichtlich zum Narren halten möchten.“ Er klingt ziemlich wütend, worauf ich mich kerzengerade aufrichte und auf seinen Rüffel warte. „Ich würde gerne wissen, wie Sie zu Ihrem letzten Job als Teamleiterin kamen. Wahrscheinlich haben Sie Ihrem Chef eins ge....“

      „Wagen Sie es ja nicht, so mit mir zu reden.“ stoppe ich ihn, bevor mir bewusst wird, vor wem ich sitze. Aber die Worte sind schon raus. Ausserdem habe ich jedes Recht, mich zu verteidigen. Egal wer er ist. Ich brauche mir so etwas nicht anzuhören. Nicht von meinen Freunden und schon gar nicht von meinem Vorgesetzten. „Wenn Sie nur mit falschen Anschuldigungen kommen wollen, dann werde ich jetzt aufstehen und gehen.“

      Er sieht mich mit zusammengekniffenen Augen an, sein rechter Mundwinkel ist zu einem linkischen Grinsen hochgezogen. „Dieser ganze Haufen“ Baker legt eine Hand auf einen Berg Akten vor sich. „haben Sie falsch verbucht. Wir haben etliche Mahnungen erhalten, weil die Firmen ihre Zahlungen nicht bekommen haben.“

      Mit offenem Mund starre ich ihn an und versuche seinen Worten zu folgen, sie zu begreifen. Aber es gelingt mir nicht, weil es nicht stimmen kann, was er mir an den Kopf wirft.

      „Das kann nicht sein. Ich gehe immer alles zweimal durch.“

      „Dann müssen Sie noch unfähiger sein, als ich dachte. Die Mahnschreiben und meine Nachprüfungen haben gezeigt, dass Sie falsche Zahlen oder Namen eingegeben haben. Etliche Überweisungen mussten eruiert werden, was viel Zeit in Anspruch nahm und ausserdem überflüssig war. Und alles nur, weil Sie Ihre Aufgabe nicht richtig machen können!“ Er sieht mich an, wobei er mit seinem Zeigefinger auf meine Brust deutet. Und obwohl Bakers Finger noch über einen Meter von mir entfernt ist, habe ich das Gefühl, als bohre er sich unaufhaltsam in mein Fleisch. Sein wütender Blick und seine grimmigen Gesichtszüge lassen mich nervös und meine Hände feucht werden. Liebend gern würde ich jetzt aufstehen und dieses Büro verlassen, das mir jedes Mal kälter erscheint. Denn zu sehr graut es mich vor dem, was er als nächstes sagen wird. „Mir bleibt nichts anderes übrig, als Mr. Meyer über ihre Inkompetenz zu informieren. Ich glaube nicht, dass wir eine solche Mitarbeiterin länger dulden können.“

      „Aber...“ Ich sollte mich verteidigen, denn das was er mir unterstellt, ist einfach nicht möglich. Auch wenn er es mir schriftlich belegen kann. Doch mir fällt nichts mehr ein. Denn ich komme nicht gegen meinen Vorgesetzten an. Ich kann nur hoffen, dass sich Damian auf meine Seite stellt und mir eine Chance gibt mich zu beweisen.

      Als ich nichts weiter sage, holt mich Baker aus meinen trüben Gedanken. „Wollten Sie noch etwas sagen?“ fragt er mich mit einem sarkastischen Ton, gut darauf bedacht, dass er mir nicht verborgen bleibt.

      „Wenn das jetzt alles ist, würde ich gerne gehen.“ bringe ich mit so fester Stimme hervor, wie es mir in diesem Moment nur möglich ist.

      „Gehen Sie zurück an Ihre Arbeit und sehen Sie zu, dass Sie keine Fehler mehr machen. Ich werde Ihnen bald mitteilen, wie es weitergeht.“

      „Gut.“ Ich erhebe mich aus dem Stuhl und recke das Kinn in die Höhe, um mir ja nicht meine Niederlage anmerken zu lassen.

      Nachdem ich das Büro von Baker verlassen und seine Assistentin hinter mir gelassen habe, kann ich die Tränen kaum noch zurückhalten, die in meinen Augen brennen. Tausend Fragen gehen mir durch den Kopf, aber auf keine habe ich eine Antwort.

      Seit ich hier angefangen habe, versucht mir Baker die Arbeit schwer zu machen. Ich habe keine Ahnung warum er mir immer wieder Steine in den Weg legt und mich absichtlich kränkt. Schliesslich habe ich nichts getan, um ihn gegen mich aufzubringen.

      Doch mit jedem Schritt, mit dem ich mich auf mein Büro zubewege, verstärkt sich immer mehr ein erdrückender Gedanke. Baker möchte mich loswerden, auf jeden Fall. Davon bin ich zunehmend überzeugt. Aber warum? Und kann es sein, dass er die Buchungen manipuliert hat?

      Ich bin sicher über eine halbe Stunde vor dem bodentiefen Fenster gestanden und habe auf die Londoner Metropole gestarrt ohne wirklich etwas wahrzunehmen. Immer wieder versuchte ich eine Erklärung für Bakers Antipathie gegenüber mir zu finden. Jedoch ohne Erfolg. Schliesslich empfinde ich gegenüber ihm nicht anders. Er hat irgendwas an sich, was mir unheimlich ist. Leider kann ich mir nicht erklären, woher dieses Gefühl kommt, aber es ist da und wird immer stärker. Manchmal würde