Lori Moore

Was Mörder nicht wissen ...


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rechts sind die Haare mit Blut verkrustet, was darunter ist, kann im Moment nicht gesagt werden. Besteht hier ein Zusammenhang mit dem Messer oder war es stumpfe Gewalt mit einer der Flaschen? Die Schusswunde und Suizid sind ein Thema, da müssen wir den endgültigen Beweis abwarten. Es wurde keine Waffe vor Ort gefunden. Wir haben festgestellt, dass das Opfer 11 bis 14 Stunden vor unserem Eintreffen am Tatort gestorben ist.“

      Die Leiche wurde inzwischen gesäubert und kommt in das dreidimensionale Röntgengerät. Dieses Gerät ermöglicht den Blick ins Innere und liefert Informationen zur Todesursache. Das Opfer wird nun Zentimeter um Zentimeter in Tranchen gescannt. Das 3D-Gerät hilft den Medizinern, die Daten am Computer 1:1 zu rekonstruieren, das ist Hightech in der Forensik. Es dauert, bis das Einscannen abgeschlossen ist.

      Die beiden Kriminalisten, die Rechtsmedizinerin Linda Medi und ein Kollege gehen in den Kühlraum und öffnen ein Kühlfach, in welchem ein Toter im Leichensack eingepackt liegt. Linda schaut kurz die Etiketten an mit der Beschriftung, Datum und Name an, denn später folgt eine klassische Obduktion. Norwin fragt die Gerichtsmedizinerin: „Macht dir dieser Gestank nichts aus?“

      „Angenehm ist es sicher nicht, es ist ein Teil unserer Arbeit, man gewöhnt sich daran.“

      „Ist das nicht zu eintönig?“

      „Nein, wir beschäftigen uns nicht nur mit Toten.“

      Hinter der nächsten Türe erfahren sie, wie wahr diese Aussage ist. Im Nebenraum wird ein Leichnam von Assistenten der Gerichtsmedizin schön hergerichtet und aufgebahrt. Die Angehörigen haben von außen Zugang zu diesem Abschiedsraum. Für sie ist der tatsächliche Tod meistens eine schreckliche Angelegenheit. Obwohl der Tod nicht immer überraschend und plötzlich eintritt, befinden sich viele Angehörige bei der Besichtigung in einem Schockzustand. Die Gerichtsmediziner zeigen viel Empathie. Sie erleben die ganze Bandbreite der menschlichen Emotionen. Angehörige, die ihre Kinder identifizieren müssen, Geschwister, die sich schon jahrelang nicht mehr gesehen haben, unter denen es vor langer Zeit Streit gab (das wird dann eher nüchtern, kühl, erledigt). Die Gemütsbewegungen der Zurückgebliebenen gehen ab und zu auch einem erfahrenen Gerichtsmediziner unter die Haut. Manchmal ist so eine Situation sehr taff. Die Gerichtsmedizinerin sagt ganz cool: „Es ist die Vielseitigkeit, die mich begeistert.“

      Kriminaltechnischer Dienst

      Das Spurensicherungsteam ist in diesen Mordfall ganz vertieft. Auch im Labor müssen die Kommissare Moon und Light wegen der Hygiene den Schutzanzug, Mundschutz und Gummihandschuhe anziehen. Die zu untersuchenden Spuren dürfen auf keinen Fall kontaminiert werden. Das Messer vom Tatort wird untersucht. Auf den ersten Blick haben die Ermittler keine Spuren gesehen, aber das heißt noch nichts! Es braucht nur ein paar Zellen oder Hautschuppen, die genügen für ein DNA-Profil. Beim Messer ist nicht erkennbar, ob damit zugestochen wurde. Man sieht kein Blut. Es gibt kleine dunkle Spuren an der Messerspitze.

      Moon ist voll dabei: „Wir müssen Klarheit haben, wer das Messer in der Hand hatte.“ Der Forensiker verkneift sich ein Lächeln. Er macht den Test mit destilliertem Wasser. Ist es Blut, reagiert der Teststreifen schnell. Es ist Blut. Nach jedem Test müssen neue Gummihandschuhe angezogen werden. Damit sich das Blut für die DNA-Probe gut vom Messer löst, wird die Spitze mit einem Wattestäbchen und destilliertem Wasser betupft. Der Forensiker hofft, dass die Auswertung sie weiterbringt.

      Ein wichtiges Beweisstück ist das Handy. Hier ist die Chance groß, eine gute DNA zu erhalten. Es werden Abstriche am Home Button gemacht.

      Die Weinflasche vom Tisch und ein Glas könnten gute Beweismittel sein. Es ist anzunehmen, dass daraus nicht nur getrunken wurde. An der Flasche sind Blut und Haare sichtbar. Das Opfer hat eine Kopfwunde. Der Verdacht liegt nahe, dass die Tote mit der Flasche geschlagen wurde. Ob der Schlag tödlich war und wie es passierte, das wird jetzt weiter geklärt.

      Das Labor verfügt über ein modernes Gerät für ein spezielles Verfahren, mit dem Fingerabdrücke sichtbar werden. Die Beweismittel Weinflasche, Messer und Glas werden in diese Maschine gelegt. Der Forensiker sagt zu Moon: „Mit diesem Gerät wird Sekundenkleberleim eingespritzt, der verdampft wird. Das Geniale daran ist, dass die Leimpartikel in der Luft an den vielen Fingerabdrücken haften bleiben.“

      Norwin meint: „Bin gespannt, was da zum Vorschein kommt.“

      Nach einer Stunde haben sich die Partikel abgesetzt und sie können das Ergebnis betrachten. Die Kommissare Moon und Light staunen. Irritiert fragt Moon: „Die Weinflasche sieht total verstaubt aus!“ „Das sind alles Fingerabdrücke, die mit dieser modernen Technik sichtbar gemacht werden. Das bedeutet für uns viel Arbeit“, gibt ihm der Techniker zur Antwort.

      Nebenan im Fotolabor werden die guten Abdrücke fotografiert, erklärt der Forensiker. Der „genetische Fingerabdruck“ erfordert von den Kriminaltechnikern viel Gespür. Für die Ermittlung sollte ein Fingerabdruck so groß wie möglich sein. Das ist eine Wissenschaft für sich. Die Kommissare fragen sich, ob sie das in diesem Mordfall weiterbringt? Von den vielen Fingerprints werden für den DNA-Abgleich Vergleichsabdrücke erstellt, um so zu erkennen, welche vom Opfer sind und welche anderen Personen zugeteilt werden können. Das ist reine Routinearbeit bei einem Mordfall. Die vorliegenden Abdrücke werden durch die Fingerabdruck-Datenbank laufen gelassen. Es dauert recht lange, bis die Meldung kommt: kein Treffer. Nils versucht es mit Humor: „Das wäre doch super, wenn wie in den TV-Krimis nach ein paar Sekunden ein Treffer vorliegen würde.“

      In der realen Mordermittlung passiert das praktisch nie.

      Linda bleibt im Institut der Rechtsmedizin, die beiden Ermittler verabschieden sich und fahren retour in ihr Polizeirevier. Dort besprechen und analysieren sie den aktuellen Stand in diesem Mordfall.

      „Kling“, tönt es auf dem PC, Moon erhält eine E-Mail mit einer wichtigen Information aus dem DNA-Labor. Es gibt Übereinstimmungen mit einer Person A und Person B und dem Opfer. Diese Nachricht muss er zweimal lesen. Rechtsmedizinerin Linda Medi hat am Anfang der Mordermittlung gesagt, die Spuren könnten auf einen Seitensprung hindeuten. Ob ihre Vorhersage zutrifft, müssen die Ermittler herausfinden.

      Norwin studiert die Handlung und den möglichen Ablauf. Er versucht, einen „roten Faden“ zu finden, was irgendwie nicht gelingen will.

      Was war für die Frau tödlich?

      War es der Schlag auf den Kopf oder die Schussverletzung?

      Die Blutspur auf dem Messer könnte dahin führen, dass sich das Opfer wehren wollte und deshalb den Täter verletzte, somit müsste Blut an der Messerspitze und vielleicht auch am Fingerabdruck erkennbar sein.

      Der Täter könnte Person A sein. Wer ist er/sie, was wissen wir darüber?

      Dann eine weitere E-Mail vom Forensiker: Wieder kein Treffer in der DNA-Datenbank! Die Täter sind meistens im unmittelbaren Umfeld der Opfer zu finden. Ist B oder A der Mörder? Ist einer der beiden der Freund vom Opfer?

      Hat der Unbekannte sie in flagranti erwischt und getötet?

      Hat es einen Streit gegeben, der eskalierte, und der Täter ist geflohen – aber wohin? So ein Tötungsdelikt bedeutet, einen Berg von Fragen abzuarbeiten, und dazu braucht es viel Zeit.

      Moon und Light erstellen eine Zusammenfassung der vorliegenden Beweismittel.

Beweismittel mit DNA-SpurenBeweisCorine L. OpferPersonAPersonB
SmartphoneNr. 4X
BlutspurSchuhabdruckBoden, TeppichNr. 5XX
WeinglasNr. 6XX
WeinflascheNr. 7XXX
BlutspurenBadezimmerNr. 8X
ZigarettenstummelNr. 9XX
Blutspur an der WandNr. 10
Patronenhülse vom Boden (Laboratory Imaging)Nr. 11
SpermaspurenNr. 13X
3 Spermaspurenim SchlafzimmerNr. 14X
Blut am KüchenmesserNr. 15XX
Projektil 9 mmLuger (BallScan)Gefunden in derBadewanneNr. 17X
Pistole