Monika Luginbühl

Eigenständig im Alltag unterwegs (E-Book)


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und aktiv gestaltet werden.

      Interkulturelle Begegnungen schaffen: Was essen wir bei uns – was esst ihr bei euch? Was gibt es am Traumreiseziel zu essen? Ist erst einmal die Neugier geweckt und werden kulturelle Begegnungen mit Kochen und Essen verbunden, wird Trennendes plötzlich zu Verbindendem und Grenzen sind leichter zu überwinden.

      Inklusion im Alltag leben: Hauswirtschaftliche Aufgaben lassen sich einfach oder komplex gestalten. Für jede Person ist etwas dabei, und gerade deshalb eignet sich Hauswirtschaft auch so gut für inklusive Projekte. Gemeinsam verschieden sein und etwas erschaffen oder Aufgaben bewältigen ist hier gefragt und einfach möglich.

      Umdenken, um weiterzukommen

      Sie sehen: An Argumenten für eine positive Sichtweise auf das Thema Hauswirtschaft fehlt es nicht. Kleine Kinder beteiligen sich meist noch ausserordentlich gerne an hauswirtschaftliche Tätigkeiten. Mit Inbrunst und einer hohen Selbstwirksamkeitsüberzeugung helfen sie beim Putzen, sammeln Müll ein oder rühren in der Teigschüssel, ja sogar spielerisches Aufräumen kann Spass machen. Woher kommt also die spätere Abneigung? Wir beobachten, dass Erwachsene dazu tendieren, die «minderwertige» Alltagsarbeit negativ zu bewerten, oder gar im pädagogischen Sinne operant negativ zu verstärken – das geschieht etwa dann, wenn zur Strafe die Küche gemacht werden muss. Ein solches Verhalten ist nicht nur schade, sondern schädlich, denn dadurch werden die hauswirtschaftlichen Tätigkeiten negativ aufgeladen. Als Folge davon bleibt das pädagogische Potenzial des Themas ungenutzt und Klient*innen werden um den Erwerb wichtiger Alltagskompetenzen gebracht. Vielfach wird durch negative Stigmata das Haushalten zudem zu einem konfliktiven Gebiet, auf dem sich Sanktionen und Machtkämpfe abspielen. Es ist daher zentral, dass Sie als Berufsfachperson positive Zugänge zu Haushaltsthemen schaffen und selbst einen kreativen Umgang damit vorleben.

      Auch eine lösungsorientierte Grundhaltung statt einer Problemfokussierung ist in der Begleitung der Klient*innen im Alltag zentral. Oder wie Steve de Shazer es ausgedrückt hat: «Problemtalk creates problems. Solutiontalk creates solutions.» Er und seine Partnerin Isoo Kim Berg haben in ihren Ausführungen wichtige Leitsätze formuliert, die bei der Förderung von alltagspraktischen Kompetenzen umgesetzt werden können. Drei Beispiele:

       «Nimm immer zuerst die Person in ihren Ressourcen wahr.» (Insoo Kim Berg) Alle Menschen haben ein Potenzial, sich zu entwickeln. Wenn die Ressourcen ausgelotet werden, können angepasste Lernschritte gefunden werden.

       «Wenn es funktioniert – mach mehr davon. Wenn das, was du tust, nicht funktioniert, dann mach etwas anderes.» (Steve de Shazer) In der Begleitung im Alltag ist immer wieder Kreativität und «out of the box»-Denken gefragt. Neue Wege zu finden und alte Strukturen infrage zu stellen gehören hier unbedingt dazu.

       «Ziele sind wie Lokomotiven, die Lösungen hinter sich herziehen.» (Steve de Shazer) Ziele implizieren ein geplantes Vorgehen. Der Alltag steckt voller Lernmöglichkeiten. Fachlich macht es Sinn, einige davon auch als explizite Lernchancen mit entsprechenden Zielen zu entwickeln und umzusetzen.

      Im institutionellen Praxisalltag werden Sie indes oft damit konfrontiert sein, dass Haushaltsarbeiten ausgelagert oder zentralisiert werden. Suchen Sie dennoch Nischen im Alltag und gestalten Sie diese. Und geben Sie den Alltagsthemen, insbesondere den hauswirtschaftlichen Themen, einen Wert. Denn die «Normalität» ist ja nicht so, dass einem das Essen gebracht und die Wäsche gemacht wird. «Normal» ist, sich um den Alltag mit all seinen Anforderungen zu kümmern. Erfolge soll man unbedingt geniessen, es gehört aber auch dazu, sich mal zu überwinden und etwas zu erledigen, was auf der Vergnügungsskala nicht an erster Stelle steht. Die Befriedigung, die sich gerade nach Momenten der Selbstüberwindung einstellt, ist eine wichtige Lernerfahrung.

      2. Unser Bildungsverständnis

      Wir orientieren uns in unserem Bildungsverständnis im Wesentlichen am Lehrplan 21 sowie an den interdisziplinären Konzepten der Bildung für Nachhaltige Entwicklung und des lebenslangen Lernens. In dem Sinne haben wir ein breites Bildungsverständnis, das sich an Kompetenzen orientiert, globale Wirtschafts-, Umwelt- und Gesellschaftszusammenhänge integriert und Menschen ihr Leben lang fördern und in ihrer Entwicklung unterstützen will. Wir sind zudem überzeugt, dass Alltagskompetenzen eine wesentliche Grundlage bilden für ein möglichst selbstbestimmtes Leben und die gesellschaftliche Teilhabe – beides sind Kernziele der sozialpädagogisch-agogischen Arbeit. Für das bessere Verständnis unserer Herangehensweise möchten wir in diesem Kapitel zentrale Begriffe und Konzepte erklären.

      Kompetenzorientierung und Lehrplan 21

      Mit dem Lehrplan 21 (LP21) fand ein wesentliches Umdenken in der Bildung statt. Der starke Fokus auf den Erwerb und die Erweiterung von Kompetenzen bedingt, dass Lehrinhalte anders gelehrt und anders bewertet werden, als dies bei der reinen Wissensvermittlung der Fall ist. Der LP21 äussert sich zur Kompetenzorientierung so: «Durch die Beschreibung von Lernzielen in Form von Kompetenzen werden Kulturinhalte mit daran zu erwerbenden fachlichen und überfachlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten verbunden; Wissen und Können, fachliche und personale, soziale und methodische Kompetenzen werden miteinander verknüpft. In den Fokus rücken damit auch die für den Kompetenzerwerb notwendigen Aneignungs-, Lern- und Problemlöseprozesse.»[1]

      Der LP21 gilt so weit als möglich auch für Schüler*innen (SuS) mit Lerneinschränkungen. Können die im LP21 vorgesehenen Kompetenzen nicht erreicht werden, kommt die Ergänzung «Anwendung des LP21 für SuS mit komplexen Behinderungen» zum Tragen.[2] Die Aspekte Elementarisierung (Fokus auf Grundsätzliches, Basales), Befähigungsbezug (individuelle Förderung im Sinne des Bildungsauftrags) und Erfahrungsbezug (Anknüpfung an die Lern- und Lebenskontexte) stehen dort im Zentrum.

      Der LP21 liefert mehrere konkrete Ziele[3] zu den Themenfeldern des vorliegenden Buches. Dazu gehören:

      Die Lernenden

       «können einen verantwortungsvollen Umgang mit Geld entwickeln»,[4]

       «können unterschiedliche Einflüsse auf die Gestaltung des Konsumalltages erkennen und benennen sowie deren Bedeutung für das eigene Konsumieren reflektieren (z.B. Marktangebot, finanzielle Ressourcen, Medien, soziales Umfeld)»,[5]

       «können sich bei Miet- und Kaufverträgen über vertragliche Bedingungen informieren und rechtliche sowie finanzielle Verpflichtungen einschätzen (z.B. Wohnungsmiete, Online-Shopping, Kleinkredite, Leasing, Reparaturen, Abonnements, Reisen)»,[6]

       «können an exemplarischen Gütern das Zusammenspiel von Produktion und Handel beschreiben (z.B. globale Arbeitsteilung bei Kleidern, Lebensmitteln: Produktionsorte, Handelswege, personelle Ressourcen)»,[7]

       «können ökonomische, ökologische und soziale Überlegungen in der Güterproduktion bzw. der Bereitstellung von Dienstleistungen aus Sicht des Produzenten bzw. Anbieters beschreiben und Interessens- und Zielkonflikte erklären»,[8]

       «können kriterien- und situationsorientierte Konsumentscheidungen finden»,[9]

       «können Informationen aus Lebensmittelkennzeichnungen erschliessen und das Angebot hinsichtlich unterschiedlicher Aspekte beurteilen (z.B. Gesundheit, Haltbarkeit, Lagerung, Herkunft, Produktion, Ökologie, Zertifizierung)»,[10]

       «können alltägliche Arbeiten organisiert und effizient ausführen (z.B. Arbeitsverteilung und -koordination im Team, Geräteeinsatz bei der Nahrungszubereitung)»,[11]

       «können Medien und Medienbeiträge entschlüsseln, reflektieren und nutzen»,[12]

       «können Medien interaktiv nutzen sowie mit anderen kommunizieren und kooperieren.»[13]

      Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE)

      Gemäss LP21 bezweckt Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE), dass sich die Lernenden «mit der Komplexität der Welt und deren ökonomischen, ökologischen