Martin R. Schulz

Compliance Management im Unternehmen


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– Geschäftsführung, Mitarbeiter, Geschäftspartner – auch verbindlich ist. Ausnahmen mögen für reine „Mission Statements“ gelten, die eher auf die öffentliche Wahrnehmung als auf die eigene Belegschaft abzielen.

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      Soll der Verhaltenskodex in der eigenen Belegschaft eingeführt werden, bieten sich grundsätzlich zwei Möglichkeiten an. Der Arbeitgeber kann sein Regelwerk entweder auf der einzelvertraglichen Ebene umsetzen oder eine entsprechende Betriebsvereinbarung abschließen. Teilweise müssen auch beide Wege parallel beschritten werden: Eine Betriebsvereinbarung entfaltet keine Wirkung für leitende Angestellte oder Geschäftsführer; in diesen Fällen muss eine individualvertragliche Regelung erfolgen. Umgekehrt genügen einzelvertragliche Lösungen dort nicht, wo betriebsverfassungsrechtliche Mitwirkungsrechte bestehen und der Betriebsrat zwingend zu beteiligen ist.

       1. Individualvertragliche Umsetzung

       a) Weisungsrecht des Arbeitgebers

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      Der Arbeitgeber wird zunächst prüfen, ob er die gewünschten Verhaltensregeln durch schlichte arbeitsrechtliche Weisung in das Anstellungsverhältnis einführen kann. Nach § 106 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleitung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht bereits durch höherrangiges Recht festgelegt sind.

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      Dies gilt selbstverständlich für alle Weisungen, die sich auf die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung beziehen. Solche tätigkeitsbezogenen Weisungen, die beispielsweise den richtigen Umgang mit Gefahren am Arbeitsplatz oder mit personenbezogenen Daten betreffen, sind zumeist unproblematisch. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats kommt ebenfalls nicht in Betracht, solange es nur um das sogenannte Arbeitsverhalten geht.

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      Für ein breites Spektrum compliance-relevanter Vorgaben, die üblicherweise den Kern vieler Verhaltenskodizes ausmachen, müssen aber meist keine neuen Pflichten begründet werden.

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      Zum anderen wird jedes Anstellungsverhältnis nachhaltig durch die besonderen persönlichen Bindungen der Vertragspartner geprägt. Daraus resultieren Nebenpflichten, deren praktische Bedeutung teilweise deutlich weiter reicht als in anderen Schuldverhältnissen:

       – Vertragliche Wettbewerbsverbote,

       – Schutz von (geistigem) Eigentum des Arbeitgebers,

       – Schutz von Geschäftsgeheimnissen,

       – Wahrung der betrieblichen Ordnung.

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      Auch in diesen Fällen bedarf es keiner ausdrücklichen Vereinbarung; die entsprechenden Pflichten verstehen sich grundsätzlich von selbst.

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      Schließlich enthalten viele Anstellungsverträge üblicherweise eine Reihe von Vorschriften, die unmittelbar darauf abzielen, ein gesetzeskonformes Verhalten der Mitarbeiter sicherzustellen. Dazu zählen Vorgaben zum Umgang mit Interessenkonflikten und Geschenken, zu (persönlichen) Äußerungen in der Öffentlichkeit, zur Nutzung von E-Mail und Internet oder zum Umgang mit personenbezogenen Daten. Typische Beispiele sind auch Vereinbarungen, mit denen bestimmte Arbeitgeberpflichten (z.B. für Arbeitssicherheit) vertraglich auf einen Arbeitnehmer übertragen werden. Die Regelungsdichte nimmt tendenziell zu, je höher der Vertragsinhaber in der Unternehmenshierarchie angesiedelt ist. Besonders ausgeprägt sind solche Vorschriften in der Finanzbranche; teilweise setzen die Anstellungsverträge zwingende Vorgaben des Kreditwesengesetzes oder der Institutsvergütungsverordnung unmittelbar um (z.B. das Verbot einer privaten Absicherung gegen die Risiken eines Selbstbehalts bei einer D&O-Versicherung oder gegen den Verlust einer aufgeschobenen variablen Vergütung). Auch hier kann der Arbeitgeber vertraglich bereits begründete Pflichten im Rahmen seines Weisungsrechts einseitig weiter konkretisieren und ausgestalten.

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      Vor diesem Hintergrund wird ein Unternehmen seinen Verhaltenskodex vor allem dann mittels Weisung einführen, wenn es „nur“ darum geht, bereits bestehende Pflichten zu wiederholen bzw. zu konkretisieren, die Grenzen des „billigen Ermessen“ sicher gewahrt werden und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nicht einschlägig sind. Der Arbeitgeber veröffentlicht den „Code of Conduct“ regelmäßig im Intranet und stellt ihn den Mitarbeitern auch per E-Mail oder als Broschüre zur Verfügung. Ratsam sind individuelle Empfangs- und Lesebestätigungen. Die Vorzüge dieser Vorgehensweise liegen auf der Hand: Der Arbeitgeber kann einen „Code of Conduct“ ohne großen Aufwand einführen und auch kurzfristig wieder ändern. Diese Flexibilität kann sich als großer Vorteil erweisen; die internen und externen Anforderungen an den Verhaltenskodex ändern sich erfahrungsgemäß rasch.

       b) Vertragliche Vereinbarung

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      Der Arbeitgeber kann einen Verhaltenskodex auch mittels einzelvertraglicher Vereinbarungen im Unternehmen einführen. Diese Option kommt in Betracht, wenn das arbeitsrechtliche Direktionsrecht alleine nicht ausreicht, um den „Code of Conduct“ zu implementieren. Dies ist insbesondere der Fall, wenn das Unternehmen nicht nur die bestehenden Pflichten konkretisieren,