Martin R. Schulz

Compliance Management im Unternehmen


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kann den Verhaltenskodex einführen, ohne die individuelle Zustimmung seiner Mitarbeiter einholen zu müssen. Spätere Änderungen und Ergänzungen muss er nur mit einem einzelnen Ansprechpartner verhandeln. Eine Betriebsvereinbarung wird zudem nicht inhaltlich anhand der §§ 305ff. BGB überprüft. Sie unterliegt lediglich einer durch § 75 BetrVG bestimmten Rechtskontrolle; insoweit gelten weniger strenge Maßstäbe.27 Hervorzuheben ist aber insbesondere die Signalwirkung, die von einem gemeinsam verabschiedeten „Code of Conduct“ ausgeht. Die Zustimmung des Betriebsrats zu den ethischen Grundsätzen des Arbeitgebers trägt häufig erheblich zur Akzeptanz dieser Regeln in der Belegschaft bei.

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      Allerdings stößt auch diese Umsetzungsform an rechtliche Grenzen. Ganz allgemein müssen die Betriebspartner die grundrechtlich gewährleisteten Freiheitsrechte der Mitarbeiter achten; hier sieht die Betriebsverfassung sogar ausdrückliche Schutzpflichten vor (vgl. § 75 Abs. 2 BetrVG). Die private Lebensgestaltung der Mitarbeiter ist der Regelungskompetenz von Betriebsrat und Arbeitgeber grundsätzlich entzogen. Verhaltensregeln zulasten Dritter (z.B. Angehöriger) sind nicht möglich. Vorgaben zu Äußerungen in der Öffentlichkeit oder zu politischem bzw. religiösem Engagement begegnen ebenfalls Vorbehalten; die Einschränkungen, die den Mitarbeitern abverlangt werden, sind kritisch mit den Belangen des Arbeitgebers abzuwägen.

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      Ein einmal durch eine Betriebsvereinbarung eingeführter „Code of Conduct“ kann schließlich nicht einseitig mittels Direktionsrecht geändert werden. Ändern sich die rechtlichen Rahmenbedingungen oder die Anforderungen des Unternehmens, muss der Arbeitgeber die Betriebsvereinbarung vielmehr kündigen und den „Code of Conduct“ neu verhandeln. Hier kann der Nachwirkung gem. § 77 Abs. 6 BetrVG eine maßgebliche Bedeutung zukommen.

       IV. Datenschutzrechtliche Implikation

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       V. Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats

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      Ein „Code of Conduct“ muss zwingend als Betriebsvereinbarung eingeführt werden, wenn und soweit Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats berührt werden.

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      Die Beteiligungsrechte des Betriebsrats hängen naturgemäß von den konkreten Regelungen und Vorgaben des jeweiligen Verhaltenskodex ab. In Betracht kommt in erster Linie ein Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Daneben können sich Beteiligungsrechte aber auch aus anderen Vorschriften ergeben (§§ 80 Abs. 2, 87 Abs. 1 Nr. 6, 94, 95 BetrVG).

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      Die Rechtsprechung hat insbesondere folgende Regelungen als (mitbestimmungspflichtige) Tatbestände des Ordnungsverhaltens bewertet:

       – Eine Verpflichtung, „ethische Bedenken“ oder mögliche Verstöße gegen den „Code of Conduct“ zu melden, ist mitbestimmungspflichtig, weil sie über die allgemeine Pflicht zur Abwendung von Schäden weit hinausgeht.36

       – Mitwirkungspflichten der Arbeitnehmer an internen Untersuchungen unterliegen der Mitbestimmung, da diese Pflichten über die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten der Arbeitnehmer zur Beobachtung und Meldung strafbaren Verhaltens hinausgehen.37

       – Auch Verfahrensregelungen im Rahmen einer Whistleblower-Klausel können mitbestimmungspflichtig sein, wenn sie den Mitarbeitern aufgeben, bestimmte Kanäle (Vorgesetzter, Hotline etc.) für Meldungen oder Beschwerden zu nutzen.38

       – Ebenso unterliegen die Regelungen zu standardisierten internen Prozessen zur Meldung von Datenschutzvorfällen der Mitbestimmung, da die Meldung dem Ordnungsverhalten zuzuordnen ist.39

       – Ein Verbot der Annahme von Geschenken löst ebenfalls ein Mitbestimmungsrecht aus, da die wirtschaftlichen Grenzen