Peter Becker

Vom Stromkartell zur Energiewende


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       – RWE: Energieversorgung Spree-Schwarze-Elster-AG mit Sitz in Spremberg (ESSAG), Oder-Spree-Energieversorgung AG mit Sitz in Frankfurt/Oder (OSEAG), Westsächsische Energieversorgungs AG mit Sitz in Markkleeberg bei Leipzig (WESAG), Energieversorgung Südsachsen AG mit Sitz in Chemnitz;

       – Bayernwerk: Energieversorgung Nordthüringen AG mit Sitz in Erfurt (ENAG), Ostthüringer Energieversorgung mit Sitz in Jena (OTEV), Südthüringer Energieversorgungs AG mit Sitz in Meiningen (SEAG);

       – VEW: Mitteldeutsche Energieversorgungs AG mit Sitz in Halle (MEAG);

       – HEW: Westmecklenburgische Energieversorgungs AG mit Sitz in Schwerin (WEMAG);

       – EVS und Badenwerk: Energieversorgung Sachsen mit Sitz in Dresden (ESAG);

       – BEWAG: Energieversorgung Berlin AG (EBAG).

      Besonders geschickt war das Bayernwerk vorgegangen, das mit seinem Kompromissvorschlag bei der Braunkohleklausel in den Verhandlungen zum Stromvergleich ausgeschert war. Das Bayernwerk hatte frühzeitig erkannt, dass der Stromvergleich nicht zu verhindern war, und sich deswegen auf die Thüringer Stadtwerke zubewegt. Das hat dazu geführt, dass sich die drei Thüringer Regionalversorger, die das Bayernwerk später zur Thüringer Energie AG fusionierte, an fast allen Thüringer Stadtwerken beteiligen konnten. Da die Beteiligungsbemühungen auch bei den Gasversorgungen ähnlich erfolgreich waren, wurde praktisch die gesamte Thüringer Energiewirtschaft – mochte sie regional, mochte sie kommunal sein – ein „Erbhof“ des Bayernwerks. Das war dem Wettbewerb nicht gerade förderlich. Dennoch sind Bemühungen struktureller Art des Bundeskartellamts, dem zukünftig möglicherweise kommenden Wettbewerb eine Chance zu belassen, etwa durch Verhinderung der zahlreichen Stadtwerksbeteiligungen, nicht bekannt geworden.

       13. Und der Bund legt noch eins drauf

      Der Regionalteil der Stromverträge hatte ein Nachspiel der besonderen Art: Der Kaufpreisfindung sollten nach den einschlägigen Verträgen zwei Bewertungen vorausgehen, und zwar eine auf den 31.12.1990 und eine auf den 31.12.1993: Diese zweite Bewertung hatte die Funktion, aufgrund der Erfahrungen, die in drei Betriebsjahren gewonnen worden waren und die von Wirtschaftsprüfern zu verarbeiten gewesen wären, eine Kaufpreisfindung zu erzielen, die dem Bund tatsächlich den Ertragswert garantierte, der für die Kaufpreisfindung erforderlich war. Jedoch gingen die Konzerne, nachdem sie durch den Stromvergleich hatten Federn lassen müssen, mit vereinten Kräften auf das Bundesfinanzministerium als Dienstherr der Treuhandanstalt zu und erreichten tatsächlich, dass der Bund auf die zweite Bewertung verzichtete. Dem Bund dürfte dadurch mindestens die Hälfte des eigentlich angemessenen Kaufpreises für die Regionalversorgungsunternehmen entgangen sein. Dieser Vorgang ist übrigens im Treuhand-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages nie zur Sprache gekommen.

      45 Der SPIEGEL 26/1990 vom 25.6.1990. 46 Der SPIEGEL 27/1990 vom 2.7.1990. 47 Jacobi, Die kommunale Versorgungswirtschaft auf dem Gebiet der heutigen DDR im geschichtlichen Rückblick, Anlage zum VKU-ND, Folge 501. 48 Nämlich einen der SPD (Drs. 106) und einen der Fraktion Bündnis 90/Grüne (Drs. 107) vom 27. bzw. 28.6.1990. 49 Nämlich in § 2 Abs. 2 (Drs. 106) bzw. § 2 Abs. 1 (Drs. 107). 50 Stenographische Niederschrift der Sitzung vom 29.6.1990, 10. Wahlperiode, 19. Tagung, 789. 51 10. Wahlperiode, 22. Tagung, 907. 52 Nr. 23 v. 4.6.1990; 104. 53 Gespräch des Verf. mit Dr. Pautz am 21.11.1991 in Berlin, Protokoll beim Verf. 54 Wolfgang Schäuble, Wie ich über den Einigungsvertrag verhandelte, 1991, 226. 55 Der SPIEGEL Nr. 23 vom 7.6.1990, 100. 56 Stellungnahme des Saarlandes zur Kommunalverfassungsbeschwerde vom 10.7.1991. 57 Stellungnahme des Saarlandes, 8f. 58 Persönliche Information gegenüber dem Verfasser. 59 Edmund Ortwein, Das Bundeskartellamt, 1998, 224; ders., Die Ordnung der deutschen Elektrizitätswirtschaft, in: Sturm/Wilks, Wettbewerbspolitik und die Ordnung der Elektrizitätswirtschaft in Deutschland und Großbritannien, 1996, 83ff. 60 Ortwein, Bundeskartellamt, 225. 61 Energiespektrum o. Jg. Nr. 3, 1991, 13–18. 62 Der Vertrag. Wie ich über die deutsche Einheit verhandelte, 1991, 224. 63 Lange, DtZ 1991, 329 (Lange war Justitiar des Deutschen Städtetags); Schmidt, LKV 1992, 154; Weigt, Der Gemeindehaushalt 1991, 4; ders., Rechtspositionen der Städte und Gemeinden der DDR bei der Gründung von Stadtwerken, Anlage zum VKU-Nachrichtendienst, 2 (Weigt war Justitiar des Verbandes Kommunaler Unternehmen); Arndt, LKV 1992, 1; Püttner, LKV 1991, 209; ders., StT 1990, 877; ders., Zurückgewinnung der Stadtwerke in den neuen Ländern, Beiträge zur kommunalen Versorgungswirtschaft des VKU, 74; Ossenbühl, DÖV 1991, 301; ders., DÖV 1992, 1; Löwer, in: Harms (Hrsg.), Neuordnung der Energiewirtschaft in den neuen Bundesländern, BBW, Bd. 7, 1991, 47ff.; Säcker-Boesche, Verw-Arch 83 (1992), 1; Tettinger, BB 1992, 2. 64 Harms (vorherige Fußnote).

      13. Kapitel

      Die Treuhandanstalt und der Stromvergleich: Ein Experiment, das missglückte und eines, das – mit Glück – zum guten Ende kam

       1. Die Treuhandanstalt

      Nach der friedlichen Revolution in der DDR wurde am 18.3.1990 die erste und einzige freie Volkskammer-Wahl abgehalten. Aber schon vorher, nämlich am 1.3.1990, hatte die damalige Regierung Modrow die Anstalt zur treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums gegründet. Am 17.6.1990 beschloss die Volkskammer das Treuhandgesetz, das zum 1.7.1990 in Kraft trat.

      Ihre Aufgabe war nach § 1 Abs. 1,

      „das volkseigene Vermögen zu privatisieren. Volkseigenes Vermögen kann auch in durch Gesetz bestimmten Fällen Gemeinden, Städten, Kreisen und Ländern sowie der Öffentlichen Hand als Eigentum übertragen werden. Volkseigenes Vermögen, das kommunalen Aufgaben und kommunalen Dienstleistungen dient, ist durch Gesetz den Gemeinden und Städten zu übertragen.

      Das in Abs. 1 Satz 3 angesprochene Gesetz war das Kommunalvermögensgesetz vom 6.7.1990, dessen Regelungen im vorherigen Kapitel dargestellt worden sind. In Absatz 2 hieß es:

      „Der Ministerrat trägt für die Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens die Verantwortung und ist der Volkskammer Rechenschaft pflichtig.“ In Absatz 3 war die Beauftragung der Treuhandanstalt (i.F.: THA) geregelt, in Absatz 4 hieß es, die THAwerde „nach Maßgabe dieses Gesetzes Inhaber der Anteile der Kapitalgesellschaften, die durch Umwandlung der im Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragenen volkseigenen Kombinate, Betriebe, Einrichtungen und sonstigen juristisch selbständigen Wirtschaftseinheiten (nachfolgend Wirtschaftseinheiten genannt) entstehen oder bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits entstanden sind“.

      § 1 Abs. 1 des Treuhandgesetzes macht unverständlich klar, dass erste Aufgabe der THA die Privatisierung des volkseigenen