Dieter Kremp

Christliche Pflanzennamen


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am frühen Morgen glitzernde Tautropfen, die sich im Blattgrund wie in einem Becher sammeln. Die Blattform ist das Abbild eines ausgebreiteten Mantels, wie ihn Maria tragen könnte. Auf Heiligenbildern kann man die Muttergottes mit einem ähnlichen, weiten, faltenschlagenden Überwurf dargestellt finden. Auch der Frauenmantel hat sich einen Wechsel der Namensgeberin gefallen lassen müssen. Er war ursprünglich der Göttin Freya geweiht und heute der Muttergottes, die ihre Marientränen vergießt. Die mittelalterlichen Alchemisten schrieben dem „Marienmantel“ besondere Kräfte zu und brauchten ihn zum „Goldmachen“.

      Es gibt noch einige Pflanzen, die wohl auch Maria, „Unsere liebe Frau“, als Namensgeberin haben; so der Frauenflachs, das Frauenholz und das Frauenhaar (Venusfrauenfarn). Aber auch das Veilchen und das Gänseblümchen werden zu den „Marienblumen“ gezählt.

      Und schließlich trägt die Schwertlilie Iris ein Marienattribut. Aber auch „dem lieben Gott“ wurden zwei Heilkräuter geehrt, das Gottesgnadenkraut und das Johanniskraut („Herrgottskraut“).

      Ein jeder kennt den Marienkäfer, den freudig begrüßten halbkugeligen Käfer mit schwarzen Punkten auf dem roten Flügelfeld. Farben und Punktzahl wandelt er indes vielfältig ab (von 2 bis 22 Punkten). Der bekannteste unter den Marienkäfern aber ist der „Siebenpunkt“, der als Glückskäfer gilt. Es ist der Lieblingskäfer der Kinder, er vereinigt auf sich viele, zum Teil poetische Namen, wenn wir an „Gotteskälbchen“, „Herrgottstierchen“, „Sonnenkälbchen“, „Herrgottspferdchen“ und „Herrgottsschäfchen“ erinnern. Und dass die Schwalbe, der Lieblingsvogel der Deutschen, auch die Namen „Muttergottesvogel“ und „Marienvogel“ trägt, weiß heute fast keiner mehr.

      Dann weben die Spinnen im Altweibersommer ihre „Marienfädchen“ oder „Marienfäden“ und der Regenbogen trägt Marias Gewandsaum.

      Viele Pflanzen und Tiere, die einen Frauennamen tragen, verherrlichen damit die Jungfrau Maria.

      Die Mariendistel, eine Heilpflanze gegen Leberkrankheiten, hat Blätter mit weißen Flecken. Sie sind der Legende nach dadurch entstanden, dass Marias Milch auf die Blätter tropfte. Der Steinsame der Mariendistel bringt als Frucht vier knochenharte, eiförmige bräunliche Nüsschen hervor. Es sind, so heißt es, die zu Stein gewordenen Tränen der Maria, um den Herrn vergossen. Sie bleiben auch oft im Winter noch an den längst verdorrten Stängeln hängen wie eine stille Mahnung: Marientränen.

      Andere „Marienpflanzen“ sind besonders schöne Vertreter ihrer Verwandtschaft und tragen daher diesen Ehrennamen.

      Die Marienglocke zum Beispiel ist eine großblütige Glockenblume, die als Gartenpflanze geschätzt wird.

      Ein Süßgras ist, wenn man seinen griechischen Namen Hierochloa übersetzt, ein „Heiliges Gras“ und wird auch Mariengras und Mariensüß genannt. Dabei spielt es als Futterpflanze kaum eine Rolle. Aber ihm entströmt ein süßer Duft, ähnlich dem Waldmeister, so dass man früher trockene Mariensträuße in den Kleiderschrank legte, so wie andere Duftspender, etwa Lavendel, auch. Sie brachten im Schlaf wundersame Marienträume.

      Die Königskerze wächst meterhoch in den Himmel, deswegen heißt sie auch Marienkrone und Himmelskerze.,

      Der Frauenmantel vergießt Marientränen. Es sind am frühen Morgen kleine Tautropfen auf den Blättern.

      Das Gottesgnadenkraut macht alle Kranken wieder gesund. Das Johanniskraut, auch „Herz-Jesu-Blut“ genannt, speichert in den Blüten einen blutroten Saft, der an die Leiden des Herrn erinnert. Es ist ein Wirkstoff, der wunde Seelen heilt. Deshalb wird die Heilpflanze gegen Depressionen eingesetzt.

      Ein jeder kennt den Marienkäfer, den freudig begrüßten halbkugeligen Käfer mit den schwarzen Punkten auf dem roten Flügelkleid. Farben und Punktzahl wandelt er indes vielfältig ab. Die meisten aber haben sieben Punkte auf den Deckflügeln. Deshalb heißen sie auch Glückskäfer. Der Liebling des Volkes und besonders der kleinen Kinder trägt dann so poetische Namen wie „Herrgottstierchen“, „Herrgottspferdchen“, „Herrgottsschäfchen“, „Gotteskälbchen“, „Marienpunkt“, „Marienkleid“, „Sonnenkälbchen“ oder „Marienblatt“.

      Ebenso ist der Name des Herrn selbst in die Namen der Pflanzenwelt aufgenommen worden. Im tiefen Winter blüht eine schneeweiße Blume, eine Nieswurz, in den Gärten um die Zeit des Weihnachtsfestes. Sie heißt eben „Christrose“.

      Verschiedene Pflanzen gaben nach den Legenden ihre Zweige und Äste her, damit daraus die Dornenkrone Christi entstand. Das Volk nennt sie „Christusdorn“.

      Manche Zierpflanzen schauen uns mit großen Blumenaugen an: als „Christusaugen“ bezeichnet man sie. Am bekanntesten unter ihnen ist der gelb blühende Alant.

      Es gibt eine „Christusträne“, ein tropisches Gras mit tränenähnlichen Scheinfrüchten, den Hüllkapseln der weiblichen Ähren. Dieses Gras heißt auch „Marien-, „Moses- oder „Frauenträne“ und dient zur Herstellung von Rosenkranzperlen.

      Es gibt außerdem wertvolle Arzneipflanzen, deren Wurzeln verwendet werden. Sie werden „Christwurz“ genannt, wie zum Beispiel Arnika, Schöllkraut und Nieswurz.

      Der Name Gottes findet sich häufiger in unserem Namensgut. Mit einem Kraut, das wahre Wunder wirkt und deshalb in der Volksheilkunde verwendet wird, lässt Gott uns seine Gnade widerfahren. Es ist das Gottesgnadenkraut, ein Ehrenname, den mehrere Pflanzen tragen.

      Eine sonderbare Fangheuschrecke heißt „Gottesanbeterin“, auch „Betjungfrau“ genannt. Aber diesen Namen trägt sie zu Unrecht. Es sieht zwar tatsächlich so aus, als erhöbe das Insekt seine Vorderbeine zum Gebet. Während es aber auf den vier langen anderen Beinen langsam dahin schreitet, wird mit den ersten Fangbeinen das überraschte Opfer rasch gegriffen, indem Schenkel und Schiene wie eine geöffnete Schere zusammenklappen.

      Besondere Ehre widerfährt dem gelben Labkraut. Es war bei den Germanen der Fruchtbarkeitsgöttin Freia zugeeignet, später aber war die reich mit Aberglauben verknüpfte Pflanze der Mutter Gottes geweiht. Sie diente als „Unserer lieben Frau Bettstroh“. Vielleicht ist ihr wegen ihres Duftes diese Aufgabe in der Legende zuteil geworden.

      Unser Fingerhut mit seinem purpurroten Blütenschmuck heißt „Unserer lieben Frau Handschuh“. Er ist zwar giftig, aber trotzdem als Heilpflanze ein Wohltäter für die Menschheit, da seine Giftstoffe auf die Herztätigkeit günstig einwirken.

      Die Blätter des Frauenmantels haben eine besondere Gestalt: Sie sind rundlich, fast nierenförmig. Ihr Rand ist von neun abgerundeten Lappen umgeben, die bis zum Grunde gesägt sind. In den Kerben zwischen den Lappen und den Randzähnen stehen am frühen Morgen glitzernde Tautropfen, die sich mitunter im Blattgrund wie in einem Becher sammeln. Die Blattform ist das Abbild eines ausgebreiteten Mantels, wie ihn Maria tragen könnte. Also heißt der Frauenmantel im Volksmund auch Marienmantel. Auf Heiligenbildern kann man die Mutter Gottes mit einem ähnlichen, weiten, Falten schlagenden Überwurf dargestellt finden.

      Jupiter legte den Säugling Herkules an die Brust Junos, während die Göttin schlief. Als das Kind trank, wurden einige Tropfen der göttlichen Milch verschüttet. Jene, die in den Himmel tropften, wurden in die Milchstraße verwandelt, aus denen, die die Erde erreichten, sprang die Madonnenlilie hervor (Lilium candidum). Diese Blume wird immer mit Reinheit in Verbindung gebracht, sowohl in der heidnischen als auch in der christlichen Welt. Ihre Kultivierung geht Tausende von Jahren zurück: die alten Ägypter priesen sie ihrer Schönheit und medizinischer Vorzüge wegen; aus den Knollen wurde eine Art Brot gemacht, das auch jetzt noch in einigen östlichen Ländern so verwendet wird.

      Parkinson, Gerard, Culpeper und vor ihnen die heilkundigen Mönche – alle hatten die Madonnenlilie als Mittel gegen Schwellungen, Verbrennungen, Schnitte und Quetschungen angewandt, und diese Praxis hat bis jetzt überdauert. Hildegard von Bingen hingegen verwendete sie als Salbe gegen Ausschlag. Die Droge