Dieter Kremp

Ein kunterbunter Streifzug durch den Jahreskreis


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Sommer in Gefahr.“

      Auch Regenwetter war genauso unbeliebt: „Viel Regen ohne Schnee, tut Bäumen, Bergen und Tälern weh.“ Mit einem lachenden und weinenden Auge hörte man in früheren Zeiten das Donnergrollen. Einerseits hieß es: „Wenn’s im Januar donnert über dem Feld, kommt später doch noch sehr große Kält“ und andererseits hoffte man darauf, dass des „Jänners Groll machet Kist und Fässer voll.“

      Für die Weinbauern war einst das Wetter am Dreikönigstag (6. Januar) von Bedeutung: „Ist es an diesem Tag hell und klar, gibt’s viel Wein in diesem Jahr.“ Allerdings bedeutete ein Dreikönigstag „sonnig und still“, dass der „Winter vor Ostern nicht weichen will.“

      Die Obstbauern warteten auf das letzte Drittel des Januars: „Wenn Agnes (21. Januar) und Vinzenz (22. Januar) kommen, wird neuer Saft im Baum vernommen.“

      „Drei Tage kommt er, drei Tage steht er, drei Tage geht er.“ Wer? Der Schnupfen, der zwar sehr lästig ist und das Wohlbefinden beeinträchtigt, in der Regel aber von kurzer Dauer ist. Durch ein Kitzeln in der Nase kündigt er sich gerne an. Mag das Kitzeln auch noch angenehm sein, das heftige Niesen ist es nicht mehr. Das ist zwar sprichwörtlich gesund, doch nur für den Absender, nicht für den Empfänger. Die in kleine Schleimtröpfchen vermummten Viren suchen sich neue Opfer. Von allein nicht lebensfähig – wie Köpfe ohne Körper – müssen sie sich fremdes Leben borgen. Rätselhaft: Die primitivsten Wesen der Erde sind fähig, das höchstentwickelte zu ihrem Sklaven zu machen.

      300 verschiedene Viren sind als Erreger von Erkältungskrankheiten bekannt, die als „grippale Infekte“ gelten, doch mit der echten Grippe (Influenza) nur wenig gemeinsam haben. Und 100 Virusarten können einen Schnupfen erzeugen. Man kann also sicher sein, mit jeder neuen Laufnase einen anderen Erreger zu Gast zu haben.

      Tröpfcheninfektion nennen es die Mediziner, wenn die Schnupfenviren beim Niesen, Husten, Räuspern oder Sprechen übertragen werden. Und zwei Meter sind keine unüberbrückbare Distanz.

      Lachen ist gesund. Das gilt auch für das Küssen. So jedenfalls die Psychologen. Aber wer lässt sich schon gerne mit schleimtropfender Nase und rot entzündenden Augen küssen? Nur der, den „Liebe blind macht“.

      „Böse Augen stecken durch den Blick, so wie böser Atem durch den Anhauch an, besonders, wenn der böse Wille damit verbunden ist.“ So steht es im „Magischen Handbuch der Sympathie von 1858“. Auch bei anderen Symptomen von Erkältungskrankheiten wussten unsere Vorfahren Rat. Bei Halsschmerzen empfahlen sie: „Über Nacht einen wollenen Strumpf, den ein gesunder starker Mann getragen hat, um den Hals binden!“ „Bei Fieber koche man ein Ei in des Kranken Urin und vergrabe es in einen Ameisenhaufen. Sobald die Ameisen das Ei verzehrt haben, ist das Fieber weg.“ Auch „ein Schwalbenherz, mit Honig gegessen“, sollte bei Fieber Heilung verschaffen.

      Das „fleißige Handauflegen“ war ein viel gepriesenes Mittel bei Entzündungen im Kopfbereich. Der Glaube an Zauberei und Hexerei war noch gegen Ende des 19. Jahrhunderts im Ostertal weit verbreitet. Das Handauflegen wird noch 1885 berichtet. So haben Marther Eltern ihre kranken Kinder nach Hoof gebracht, wo in der „Aacht“ eine 80jährige Frau das „Brauchen pflegte“.

      „Beim Niesen soll man die Hände in warmem Wasser waschen, die Augen und Ohren und Fußsohlen mit den Fingern reiben.“ Das kitzelte wohl auch. Mag sein, dass der Reflex auf der Fußsohle, das Kitzeln in der Nase unterdrückte.

      Bei Husten („Bettelmannshusten“) – worunter wir heute wohl die Lungenschwindsucht vornehmlich der armen Leute zu verstehen haben – wurde „viel Küssen“ empfohlen. Haben sich unsere Vorfahren daran gehalten, wird auch die epidemieartige Ausbreitung der Tuberkulose verständlich.

      Gegen Schnupfen und Erkältungskrankheiten gibt es keinen Impfschutz, gegen die echte Grippe nur, wenn es sich um ein schon bekanntes Virus handelt. Doch Viren bedienen sich teuflischer Tricks, um den Abwehrmechanismus des menschlichen Körpers zu täuschen und zu hintergehen.

      Es gibt wirklich typisches Grippe-Wetter: Nasskaltes, trübes, rasch wechselndes Wetter begünstigt das Entstehen von grippalen Infekten. Trockene Kälte behagt den Viren überhaupt nicht. Sonniges Winterwetter nimmt ihnen jegliche Chance der Verbreitung, und Sonne stärkt die Abwehrkräfte des Körpers.

      Die Ärzte der Antike glaubten an einen „inneren Arzt“ im Menschen, an jene Selbstheilungskräfte, die uns davor schützen, dass die ständig aus der Umwelt in unseren Organismus eindringenden Krankheitserreger eine Krankheit auslösen. Sie wussten auch, dass Vorbeugen besser als Heilen ist. Ein sicheres Mittel gegen Erkältungskrankheiten ist die konsequent betriebene Abhärtung des Körpers das ganze Jahr über. Ausgedehnte Spaziergänge, Bewegungs- und Atemübungen an frischer Luft, regelmäßige Saunabesuche und eine vernünftige Vitamin-C-reiche Ernährung tragen dazu bei, den Körper zu immunisieren. Wer sich täglich morgens zu Wechselduschen durchdringen kann, hat auch einen wichtigen Schritt zur Vorbeugung getan: Drei Minuten so heiß wie erträglich, zwanzig Sekunden so kalt wie möglich – dreimal hintereinander. Ist die Erkältung trotz Abhärtung und Vitaminen nicht zu stoppen, sollte man nicht gleich mit „Kanonen auf Spatzen schießen“. Altbewährte Hausmittel und Heilkräutertees sind zumindest einen Versuch wert. Kamillen-Dampfbäder, heißer Holunderblütentee und Lindenblütentee in Verbindung mit einer Schwitzkur sind zu empfehlen.

      Dazu nehme man Heilpflanzenpräparate zur Steigerung der Abwehrkräfte mit den Wirkstoffen des Sonnenhutes (Echinazin) und des Wasserdosts (Eupatorium). Zum frischen Verzehr empfehlen sich keimtötende Heilpflanzen mit natürlichen „Antibiotika“ wie Knoblauchzehen und Zwiebeln, Brennnesselblätter und Senfsamen, Meerrettich, Kapuzinerkresse und Gartenkresse. Menschen, die regelmäßig frischen Knoblauch essen – mindestens ein bis zwei Zehen pro Tag – erkranken selten an grippalen Infekten. Doch leben wir nicht auf dem Balkan, wo der äußerst penetrante Geruch, der noch stundenlang nach dem Verzehr vom Körper ausgedünstet wird, von den Umstehenden nicht wahrgenommen wird, weil er dort zu den „alltäglichen Gerüchen“ gehört.

      Dornröschen fiel in einen hundertjährigen Schlaf, nachdem es sich mit der vergifteten Spindel gestochen hatte. „Was ist eine Spindel?“, würde heutzutage ein Kind fragen, dem man das Märchen vom Dornröschen erzählt.

      In den Märchen spinnen die Königstöchter, in den Sagen die Göttinnen. Bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts gehörte das selbstgesponnene und selbstgewebte Leinen zum hochgeachteten Aussteuerschatz.

      Spinn- und Strickabende gehören der Vergangenheit an. Erinnerungen an Spinnstuben und Bratäpfel werden wach. Die Bratäpfel brutzelten auf der heißen Ofenplatte. Aus der schwarzgebrannten Schale tropfte dicker, brauner Saft. Süßer Duft erfüllte den Raum.

      Spinnen und Stricken waren die wichtigsten Winterarbeiten der Frauen. Zum ersten Spinnabend traf man sich in der Regel am letzten Donnerstag im November. Das konnte der Katharinentag sein. Die heilige Katharina ist die Patronin der Spinnerinnen. Und an Lichtmess (2. Februar) gingen auf dem Dorf die Spinnabende in der Regel wieder zu Ende. Zu den Winterarbeiten der Männer gehörten vor allem das Besenbinden und das Korbflechten.

      In manchen Orten war es eine bestimmte Bäuerin, die die Spinnstube abhielt. In anderen Gemeinden wanderten die Spinnerinnen von einem Haus zum anderen. Man sparte in den Dörfern. Kerzen waren teuer, und auch das Petroleum war ein Luxus. Aber wenn man sich abwechselnd in einer Stube zum Spinnen, Singen und Spielen traf, dann konnte man in allen anderen das Licht sparen. Oft bildeten die Mädchen und Frauen der verschiedenen Jahrgänge Spinngruppen, die über die Winterarbeit hinaus zusammenhielten.

      Die Spinnstube war auch eine „Erzählstube“. Beim Spinnen des Garns und beim Stricken der dicken Winterstrümpfe erzählten die Frauen Geschichten, Märchen und Sagen. Spinnstubenlidder wurden gesungen.

      Meist trafen sich die Frauen am Nachmittag. Sie brachten Spinnrad, Flachs und Netzetopf mit, ein Wassergefäß zum Benetzen der Finger. Sie tranken zuerst Kaffee und aßen Kuchen,