Die lustigen, blauen, weißen oder gestreiften Krokusse lassen fast vergessen, dass die Blütenkelche ihrer Vorfahren einst nur in leuchtend gelber Farbe prangten: „Safran macht den Kuchen gel“ heißt es in einem alten Kinderlied. Als der gelbe Krokus noch „Safran“ hieß, waren 100 000 Krokusblüten nötig, um daraus ein Kilogramm Safran zu gewinnen.
Der Haselstrauch entfaltet jetzt seine festen Walzen zu lockeren, gelblichen, bepuderten „Würstchen“, die im Wind stäuben. Die gelben Blütenbüschel der Kornelkirsche oder der Zaubernuss (Hamamelis) wirken auf den sonst kahlen Ästen richtig herausfordernd: Winter ade! Überhaupt scheint Gelb die Farbe zu sein, die den Frühling aus seinem winterlichen Versteck hervorlockt.
Denn Gelb heißt Licht! Mit diesem Monat zwischen Tod und Leben verknüpft sich der Gedanke und das Wissen um die Wiederkehr des Lichtes. Und unsere Ahnen nannten den Februar „Lichtmond“.
Ja, unsere Vorfahren richteten sich nach den Grundgesetzen des Lebens. Werden diese Grundgesetze missachtet, so rächt sich dies stets nach dem Gesetz von Säen und Ernten, wie Feuchtwanger es beschreibt: „Die Natur treibt ein unbarmherziges Gericht, langsam, aber unerbittlich. Und mancher Enkel fragt sich verzweifelt nach der Ursache seiner Leiden, die Generationen vor ihm hervorgerufen haben.“ Wenn wir krank werden, so hilft nur die Plage des neuen Säens und Kultivierens, nicht das radikale und primitive Unterpflügen dessen, was vorhanden ist, denn der Zweck heiligt nicht die Mittel; niemals! Es gibt kein Säen durch das Schwert.
Jesus wird das Wort zugeschrieben: „Nicht das, was in euren Mund hineingeht, wird Euch krank machen, sondern das, was aus ihm herauskommt.“ Dies legt jedem von uns eine ungeheure Verantwortung auf die Schultern. Aber wir werfen sie zu jeder Stunde mit einem Achselzucken ab, weil wir die Mühen scheuen, die mit der Verantwortung verknüpft sind.
Es gibt eine Stelle in uns, welche die Verknüpfung mit allem Existierenden besonders fühlt. Sie ist das Bindeglied, das „Bindegewebe“, welches uns an die Schöpfung, an den Gedanken und die Ethik der Schöpfung anknüpft.“ Das Herz ist hier gemeint; nicht das transplantierbare Spenderorgan, sondern das emotionale. Und um dieses herum legen wir zumeist eine Mauer, die verhindern soll, dass es mit anderen „Herzen“ mitbebt, weil wir uns sonst gründlich ändern müssten und die Verantwortung für das, „was aus unserem Mund herauskommt“, doch auf unsere Schultern legen müssten! Lassen wir uns das Herz auftauen, wie die Sonne den Schnee im „Taumond“ Februar!
So verstehen wir eins der schönsten aber rätselhaftesten Worte Friedrich Rückerts:
„Wie von der Sonne geh’n die Strahlen erdenwärts,
so geht von Gott ein Strahl in jedes Dinges Herz.
An diesem Strahle hängt das Ding mit Gott zusammen,
und jedes fühlt sich dadurch von Gott entstammen.
Von Ding zu Dinge geht seitwärts kein solcher Strahl,
nur viel verworr’nes Streiflicht allzumal.
An diesen Lichtern kannst du nie das Ding erkennen;
Die dunkle Scheidewand wird stets von ihm dich trennen.
An deinem Strahl vielmehr musst du zu Gott aufsteigen
und in das Ding hinab an seinem Strahl dich neigen.
Dann siehest du das Ding, nicht wie es scheint,
wenn du es siehest mit dir selbst in Gott vereint.“
So rätselhaft soll der Februar für uns nicht werden, sondern vom Licht verklärt, das die winterliche Dunkelheit durchbrochen hat, erhellt von den noch milden Strahlen einer jungen Sonne.
LICHTMESS, DAS SPINNEN VERGESS!
Das Wort „blaumachen“ kennt jeder. Wer aber weiß, dass der Begriff auf den „licht-blauen Montag“ unserer Vorfahren zurückgeht? Mit Maria Lichtmess (2. Februar) hörte für das Handwerk die Arbeit bei künstlichem Licht wieder auf, die am Montag nach Michaelis (29. September) begonnen hatte. Am Lichtmess – Nachmittag gaben die Meister ihren Gesellen oft frei.
Man war froh, dass die Tage wieder merklich länger wurden: „An Fabian und Sebastian fängt der Tag zu wachsen an.“ „Der Tag nimmt zu an Sebastian eine Stund, an Lichtmess merkt man es drum.“
Warum merkte man es an Lichtmess? „An Lichtmess, die Supp’ beim Tag ess!“ Das war aber nur möglich, wenn die Suppe um fünf Uhr nachmittags gegessen wurde. Tatsächlich ist heute noch bei Bauern im Alpenraum eine Vesper um diese Zeit üblich.
Am Lichtmesstag ist der Winter schon fast vergessen. Überall zeigen sich schon die ersten Vorboten des Frühlings. Die Spinnstube, in der sich die Mädchen und Burschen die Winterabende vertrieben hatten, wurde geschlossen: „Lichtmess, das Spinnen vergess! Das Rad hinter die Tür, das Rebmesser herfür!“ Die gemeinsame Arbeit in den „Lichtstuben“ war zu Ende, die erste Arbeit mit der Hacke oder an den Rebstöcken begann.
„Spinnen am Abend, erquickend und labend, spinnen am Morgen, Kummer und Sorgen.“ Was Missverständnis und Missdeutung aus einem alten Bauernspruch machen können, das zeigt die Rede von der „Spinne“. Die Spinne kann gar nichts dafür, dass man ihr solche Sachen nachsagt. Dieser alte Spruch bedeutet, dass die Armen ihr Geld mit Spinnen verdienen mussten, also schon morgens am Spinnrad saßen und oft Sorgen um das tägliche Brot hatten. Im Gegensatz zu den Armen konnten die Wohlhabenden das Spinnen auf den gemütlichen Abend legen. Nicht recht ersichtlich ist, warum dieser Spruch heute auf jene Tiere angewandt wird, die zu jeder Tageszeit Netze auslegen, um darin ihre Beute zu fangen.
Ein besonders schlauer Kalendermann fügte dieser verfälschten Regel noch einen Reim hinzu: „Spinnen am Mittag – Freude am dritten Tag.“ Und so ging die Mär von der zukunftsverheißenden Spinne um die Welt.
An Lichtmess trieb der Aberglaube Blüten. In Baden zog der Bauer oder sein Sohn eine Kette dreimal ums Haus; das galt als todsicheres Mittel zur Vertreibung von Schlangen und Mäusen. Und wenn man in Hessen Hirsebrei und eine überlange Bratwurst aß, so sollte der Flachs im Sommer recht lang ausfallen.
In der Lichtmesswoche hatten Bäuerin und Bauer alle Hände voll zu tun: „Um Lichtmess kalbt die Kuh, dann legt das Huhn, dann zickelt die Geiß, dann macht der Bauer am allermeist.“
Vom Wetter am 2. Februar schlossen unsere Vorfahren auf die Zukunft: „Wenn’s an Lichtmess stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit. Ist es aber klar und hell, kommt der Lenz wohl nicht so schnell. Gibt es an Lichtmess Sonnenschein, wird es ein spätes Frühjahr sein. Sonnt sich der Dachs in der Lichtmesswoche, geht er auf vier Wochen wieder zu Loche. Wenn der Nebel zu Lichtmess fallt, wird es gewöhnlich noch sehr lange kalt.“
Obwohl St. Dorothee (6. Februar) Schutzpatronin der Gärtner ist, haben wetterkundige Bauern keine gute Meinung von ihr: „St. Dorothee bringt meistens Schnee.“ Und wenn man den seit rund 100 Jahren aufgestellten Wetterstatistiken glauben darf, dann liegt die Hoch-Zeit der Schneefälle in Mitteleuropa zwischen dem 6. bis 8. Januar und dem 5. bis 12. Februar.
In protestantischen Gegenden, wo Maria Lichtmess nicht so überschwänglich gefeiert wurde, stoppte Sankt Blasius (3. Februar) den Winter, zumindest schien mit ihm das Schlimmste überstanden zu sein: „St. Blasius stößt dem Winter die Hörner ab.“
HOCHZEIT AN SANKT DOROTHEE
Herz, Blumen und Früchte sind Symbole der heiligen Dorothee, der Patronin der Gärtner, Blumenhändler, der Bräute, Neuvermählten und der Wöchnerinnen. Im Gegensatz zum „Vielliebchentag“ des heiligen Valentin (14. Februar), der ursprünglich nur in Frankreich, Belgien und England als Tag, an dem man Blumen verschenkte, gefeiert wurde, hat man in Italien, der Schweiz, in Österreich und in Deutschland seit dem frühen Mittelalter den Tag der heiligen Dorothee (6. Februar) festlich begangen. Dorothea (griechisch: „Gottesgeschenk“) und die Verkleinerungs- und Koseformen wie Dora, Dore, Doris, Dorle und Dorte waren bis Anfang des letzten Jahrhunderts als Vornamen im deutschen Sprachraum weit verbreitet. Zur Beliebtheit des Namens trug auch Goethes Epos „Hermann und Dorothea“