Dieter Kremp

Ein kunterbunter Streifzug durch den Jahreskreis


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DER DUNKELHEIT ZUM LICHT

      Februar! Taumond oder Schmelzmond nannten ihn unsere Vorfahren. Ob es der letzte Wintermonat ist? Ab und zu hört man schon die Meisen, die ihre Stimmen für den erwarteten Frühling üben. Noch ist die Kälte die dominierende Kraft in der Natur. An einigen Tagen tragen die Zweige der Bäume und Sträucher, ja auch die Drähte der Zäune, dicke Eismäntel. Schwer hängen die Birkenäste dem Boden entgegen – der leichte Wind bewegt die zarten kalten Äste mächtig-gemächlich, jeden Moment denkt man ans Abbrechen – aber die Birke weicht aus, federt zurück, ist geübt und auserwählt, derartigen Belastungen zu widerstehen. Und unter dem Eis wissen wir die kleinen grünen Blätter, die sich bald, hoffentlich entfalten.

      Der Februar ist der Monat der Wende von der Dunkelheit zum Licht, die Scheidung von Nacht und Kälte, die Hinwendung und Erwartung der Wärme in der Freude auf den Vorfrühling.

      Mit dem Februar verbunden ist die Freude am Trubel, an der Heiterkeit und Ausgelassenheit, ja am Mummenschanz, mit denen früher die dämonischen Mächte der Dunkelheit vertrieben wurden. Damit soll sowohl der Gedanke der Unsterblichkeit, respektive der Wiedergeburt, ausgedrückt werden, wie auch die Idee, dass das Materiell-Körperliche und das Geistig-Seelische zwar miteinander verbunden sind, dass dieser Zusammenhang aber nur lose ist.

      Schließlich ist der Februar auch der Monat der Blumen, die Sinnbilder der Wertschätzung und der Bewunderung für einen lieben Menschen sind. So deuteten einst Nelken auf Anhänglichkeit, Tulpen verkörperten die innere lautere Schönheit und waren Sinnbilder der Verehrung, Wertschätzung und der grenzenlosen Bewunderung. Rosen waren immer Zeichen der Liebe und Dankbarkeit. Strohblumen deuteten auf Unwandelbarkeit, Efeu auf eheliche Treue und Einigkeit, Flieder auf bevorstehende Hochzeit, Narzissen und Kaiserkronen auf glühende Sehnsucht, Veilchen auf Sittsamkeit und Bescheidenheit und Vergissmeinnicht auf unerfüllte Liebe und brennenden Liebesschmerz.

      Die Japaner, in besonderer Weise Verehrer der Blüten und des Blumensteckens kundig, haben in ihrem Ikebana den höchsten Ausdruck der Sinndeutung der Blumen und Pflanzen gefunden.

      „Keine Rose, keine Nelke kann blühen so schön, als wenn zwei verliebte Herzen beieinander tun stehn“, Heißt es in einem unserer schönsten Volkslieder. Und Heinrich Heine betet seine Geliebte an: „Du bist wie eine Blume, so schön, so hold, so rein. Ich schau dich an und Sehnsucht steigt mir ins Herz hinein.“ Die „Blaue Blume“ der deutschen Romantik hat nie jemand gefunden. Es ist die Sehnsucht, die nie gestillt wird.

      Ein Strauß voll Blüten ist immer ein Kompliment. Komplimente öffnen Herzen, wenn sie dem richtigen Menschen zur rechten Zeit zu Füßen gelegt werden. Rosen auf den Weg gestreut! Komplimente werden nicht nur an Worten gemessen, Blumen nicht nur an Farbe und Schönheit. Komplimente und Blumen sind immer Geschenke, wenn sie von Herzen kommen und zu Herzen gehen. Es kann auch „von Apfelblüten ein Zweig“ oder ein Kranz sein, dazu ein Blick, ein Händedruck. Herz und Blumen sind Symbole des Valentinstages, der seit dem späten Mittelalter das eigentliche Fest der Jugend und der Liebe ist.

      „Durch die Blume sprechen“ sollte man nicht nur am Valentinstag, wohl aber „Blumen sprechen lassen“, und nicht nur an diesem Tag, sondern an allen Tagen, an denen wir das Bedürfnis haben, einem liebendem Menschen unsere Dankbarkeit zu beweisen. Valentinstag kann alle Tage sein.

      Der heilige Matthias galt bei unseren Vorfahren als Frühlingsherold. Er brachte mit der einsetzenden Blüte des Schneeglöckchens den Beginn des Vorfrühlings. So spielte der Apostel Matthias als Wetterheiliger eine besondere Rolle: „Mattheis bricht das Eis.“ Hoffnungsfroh war man am Matthias-Tag (24. Februar), wenn die Sonne schien: „Taut es auf Mattheis, geht kein Fuchs mehr übers Eis.“ „Wenn Matthias kommt herbei, legen Gans und Huhn das erste Ei.“ „Matthias hab ich lieb, gibt dem Baum den Trieb.“

      Durch das Schütteln von Obstbäumen und gleichzeitiges Schreien sollte in früheren Zeiten die Obsternte günstig beeinflusst werden. Der Lärm war dazu da, die letzten Winterunholde und damit die Kälte zu vertreiben, das Schütteln und Schlagen der Zweige mit Ruten war ein Fruchtbarkeitszauber. Am Matthiastag wurden von den Korbflechtern die letzten Weidenruten geschnitten, bevor der Saftstrom einsetzte.

      Der Apostel musste an seinem Namenstag auch für allerlei Orakel herhalten. Efeublätter wurden am Abend in eine mit Wasser gefüllte Schüssel gelegt. War eines der immergrünen derben Blätter am anderen Morgen durchgeweicht, musste man vor Krankheiten der Atmungsorgane, wie Husten, Bronchitis, Lungenentzündung und „Schwindsucht“ Angst haben. Ist es nicht seltsam, dass aus einem Wirkstoff des Efeu heute die besten Hustenmedikamente hergestellt werden? Matthias ist bis heute der Patron gegen Keuchhusten geblieben.

      Vor allem im Westen und Südwesten Deutschlands hat sich um den Apostel Matthias ein reges Brauchtum entwickelt, ist er doch der Patron des Bistums Trier. Trier kann sich nicht nur seiner über 2000jährigen Geschichte rühmen, es besitzt auch als einziger Ort in Deutschland die Reliquien eines Apostels: Der Schrein mit den Gebeinen des heiligen Matthias steht in der Abteikirche St. Matthias. Die Reliquien waren ein Geschenk von Kaiserin Helena.

      Matthias zählt als einer der Jünger Jesu. Nach der Himmelfahrt Jesu wurde er von den Aposteln zum Nachfolger des Verräters Judas Iskariot gewählt, da Jesus die Zahl der Apostel auf zwölf festgelegt hatte. Das Los entschied zugunsten von Matthias. Dargestellt wird der Märtyrer mit den Marterwerkzeugen Beil und Steinen; so bricht er mit dem Beil auch im Vorfrühling das Eis auf.

      „Matthias“ (griechisch: Geschenk Gottes), in Deutschland einst ein sehr beliebter Taufname, oft auch Bestandteil zahlreicher Familiennamen, ist seit drei Jahrzehnten wie „Andreas“ und „Michael“ wieder modern geworden.

       Knorrige Äste im Eis verborgen,

       kahle Zweige im Reif am Morgen;

       weiß glitzern die Bäume in der Allee,

       träumen von großer Kält und Schnee.

       Gnome in des Winters Festtagskleid

       starren in den Fluren weit und breit,

       bizarre Gespenster strecken ihre Hände,

       schütteln ihre eisige Lende.

       Die letzten Blätter rütteln sich,

       werfen einen braunen Stich

       auf die nackte Mutter Erde,

       auf dass sie leicht bedecket werde.

       Still ruhen Pflanze, Mensch und Tier

       in des Winters schöner Zier,

       warten auf des Lichtes Leben,

       wenn junge Keime wieder streben.

       (Dieter Kremp)

      Die Korbflechter waren die ersten Naturschützer. Schon vor Jahrhunderten zogen die im Februar hinaus, um noch vor dem ersten Saftstrom die Weidenruten zu schneiden. Als letzter „Rutentag“ galt der 24. Februar, brachte doch der heilige Matthias die Baumsäfte zum Fließen. „Kopf ab!“ Alle drei Jahre wird dieses „Urteil“ über die Kopfweide gesprochen. Dann wird ihr mit Säge, Messer oder Schere Ast für Ast abgeschnitten, bis der Stamm ratzekahl dasteht. Aber für eine Kopfweide ist es nicht schlimm, wenn sie ihren „Kopf“ verliert. Im Gegenteil – das „Köpfen“ rettet ihr das Leben! Würden ihre Äste noch länger und schwerer, könnten sie einem Sturm nicht mehr standhalten. Er würde sie abbrechen oder sogar den ganzen Baum umreißen.

      Kopfweiden sind Menschengeschöpfe, frisierte Bäume. Wir pfuschen