Dieter Kremp

Ein kunterbunter Streifzug durch den Jahreskreis


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als echten Safran verkauft hatte. Nicht auszudenken, wenn diese barbarische Strafverfolgung heute noch gang und gäbe wäre.

       Die Tage werden wieder länger

       und Licht verklärt die Dunkelheit,

       der Tau lässt schon die Vögel pfeifen

       und Triebe spitz nach oben greifen.

       Das helle Wasser schon versickert,

       im ersten Sonnenschein schon glitzert.

       Der Garten zeigt sein neues Kleid,

       der Frühling kommt mit Herrlichkeit.

       Er fährt mit einem Schlitten ein,

       hinunter an den Wiesenhain.

       Die ersten bunten Farben prangen

       und zarte Vogelstimmen klangen.

       Der Krokus streckt schon seine Ohren,

       aus Mutter Erde neu geboren.

       Denn Gelb heißt Leben,

       hoch in den Himmel streben.

       (Dieter Kremp)

MÄRZ

      „Nun will der Lenz uns grüßen, von Mittag weht es lau“, heißt es in einem alten Reigenlied, das das Ende des Winters ankündet. Doch nicht immer ruft der Frühlingsherold einen trockenen und warmen Lenzmond aus. Denn meist zeigt der Lenzing oder Frühlingsmond, wie unsere Vorfahren den März nannten, dem Lenz noch die kalte Schulter: „Des Märzen Anfang hat es faustdick hinter den Ohren.“

      Nicht die Schlüsselblume, sondern das Veilchen ist zum Symbol des zeitigen Frühlings geworden. Trotz seiner sprichwörtlichen Zurückhaltung, Sinnbild der Sittsamkeit und Bescheidenheit, gibt das Märzveilchen in der Duftmusik der Frühblüher den Ton an, obgleich die mit größeren Nahrungsspeichern begünstigten Blumenzwiebeln oft schon früher ihre Sprossen recken und es auch an Größe und Auffälligkeit des Flors übertreffen.

      Wenn wir uns die Veilchenplätze in den Wäldern unserer Kindheit ins Gedächtnis zurückrufen, wird uns inne, welch starken Eindruck auch bescheiden gebückte Winzigkeit hervorrufen kann, wo sie in Massen auftritt. Das war in der milden Märzensonne schon eine betörende Duftwolke, die aus den wirren Gräserhaaren der erwachten Erde aufstieg, wenn das Veilchenfeld unter den Haselsträuchern pflückte, ohne dass sich seine Fülle vermindert hätte.

      Aber ach, wie vergänglich ist der Duft bei Veilchen!

      Das Märzveilchen oder „wohlriechende“ Veilchen weckt – außer der Rose vielleicht – die meisten romantischen und poetischen Gedankenverbindungen aller Blumen. Der griechische Dichter und Arzt Nikandros bemerkte, dass die Nymphen von Ionien dem Jupiter ihre Liebe gestanden, indem sie ihm Veilchen schenkten. Oder wurde „Viola“ nach Io, der Geliebten Jupiters, genannt? Er verwandelte die sittsame Io in eine Kuh. Danach schossen die Veilchen aus der Erde, um sie zu ernähren.

      Die Blume der Liebenden ist das Veilchen geblieben. Ihre Sprache ist die Botschaft der Zärtlichkeit, nicht der drängenden, begehrenden Liebe.

      Wollte man Venus, die Göttin der Liebe, ins Brautgemach laden, dann würde das Bett im Frühling mit Veilchen geschmückt. Duft und Farbe der blauvioletten Blüten üben offenbar eine aphrodisierende Wirkung aus.

      Das Veilchen konkurriert mit dem Vergissmeinnicht als „blaue Blume“ der deutschen Romantik. Die bei Novalis ungenannte blaue Wunderblume symbolisiert die Sehnsucht des Menschen nach der Erfüllung verborgener Wünsche. Die blaue Blütenfarbe weist demnach auch auf das Himmelsblau des kommenden Sommers hin.

      Veilchen haben früher in den Frühlingsbräuchen auf dem Land eine besondere Rolle gespielt. Das erste Veilchen wurde hoch geehrt: es durfte nur vom sittsamsten und schönsten Mädchen gepflückt werden. Wer das erste Veilchen des Jahres fand, durfte sich etwas wünschen. Und wenn der Frühling einzog, ging der Wunsch in Erfüllung.

      Dass Veilchen die „Duftnote zum Frühling“ sind, beschreiben auch die deutschen Dichter. Goethe spricht: „Ein Veilchen auf der Wiese stand, gebückt in sich und unbekannt. Es war ein herzig’ Veilchen.“ Und Theodor Storm ergänzt: „Die Kinder haben die Veilchen gepflückt, all, all die da blühten am Mühlengraben. Der Lenz ist da; sie wollen ihn fest in ihren kleinen Fäusten haben.“ Doch am schönsten träumt Eduard Mörike von den Veilchen im Frühling:

       „Frühling lässt sein blaues Band

       wieder flattern durch die Lüfte;

       süße, wohlbekannte Düfte

       streifen ahnungsvoll das Land.

       Veilchen träumen schon,

       wollen balde kommen.

       Horch, von fern ein leiser Harfenton!

       Frühling, ja du bist’s!

       Dich hab ich vernommen!“

      Unsere Monate tragen Namen lateinischen Ursprungs. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts waren vornehmlich auf dem Land auch noch altdeutsche Monatsnamen gebräuchlich, die zum großen Teil auf Karl den Großen zurückgehen,. In oberdeutschen Mundarten, namentlich in Gebirgsgegenden Österreichs, sind auch heute noch alte deutsche Monatsnamen im Gebrauch.

      März, der dritte Monat des Jahres mit 31 Tagen, hat seinen Namen von dem römischen Kriegsgott Mars. „Martius“, der Marsmonat, eröffnete bis zur Kalenderreform durch Julius Cäsar das römische Jahr mit verschiedenen Opferfesten. Die Bauern erflehten dabei ebenso den Segen für die warme Jahreszeit wie die Politiker und Heerführer, die im Frühling an kriegerische Eroberungen zu denken begannen.

      Der alte deutsche Name „Lenzing“ oder „Lenzmond“ für den März bedeutet nichts anderes als „Frühling“. Eigentlich stammt das Wort „Lenz“ von „lang“ ab – der Frühling ist die Jahreszeit mit den immer länger werdenden Tagen. Heute findet sich das Wort Lenz fast nur noch in älteren Gedichten, dann immer mit dem Frühling ganz allgemein gleichgesetzt. Die weiteren Bezeichnungen Frühlingsmonat und Fastenmonat für den März beschreiben seine Bedeutung als Beginn der ersehnten Zeit nach dem strengen Winter beziehungsweise vom Kirchenjahr her.

      Eine weitere poetische Bezeichnung früherer Zeiten für den „Lenzing“ ist „Märzen“.

      Im März können linde Lüfte, aber auch brausende Frühlingsstürme wehen. Weil die Schneeschmelze beginnt und der Boden stark aufweicht, ist der Wind auf dem Land nicht ungern gesehen. Er trocknet die Erde wenigstens an der Oberfläche wieder aus und ermöglicht Feld- und Gartenarbeit. Aber insgesamt ist der März doch ein recht unzuverlässiger, sprunghafter Geselle, was das Wetter angeht. Die Bauernregeln können sich gar nicht so recht entscheiden, was sein soll. Auf jeden Fall sind Extreme, also zuviel Wärme, Kälte, Nässe oder Trockenheit, immer unerwünscht. Am liebsten würden wohl alle den März so mögen, wie es der alte Spruch ausdrückt: „Kommen soll der März wie ein Löwe, gehen soll er wie ein Lamm.“

      Von den Festtagen her betrachtet zeigt sich der März als stiller, ruhiger Monat. In den meisten Jahren fällt Ostern in den April, so dass für den März im Laufe des Kirchenjahres vor allem die besinnlich gedachte Fastenzeit bleibt.

      Allerlei Frühlingsbräuche