Rechtliche Grenzen vertraglicher Haftungsausschlüsse und -begrenzungen in B2B-Exportverträgen
Abs. 4 BRAO; § 67a Abs. 1 Nr. 1 StBerG; § 54a WiPrO). Darüber hinaus besteht im Rahmen der anwaltlichen Beratung aufbauend auf „vorformulierten Vertragsbedingungen“ (§§ 52 Abs. 1 Nr. 2, 51a Abs. 1 Nr. 2 BRAO) die Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung auf den 4 fachen Wert der Mindestversicherungssumme und somit 1,0 Mio. EUR im Fall leichter Fahrlässigkeit, sofern ein entsprechender Versicherungsschutz besteht156. Bei Steuerberatern ist nach § 67a Abs. 1 Nr. 2 StBerG (sowie bei Wirtschaftsprüfern nach § 54a WiPrO, s.u.) im Gegensatz zu Rechtsanwälten darüber hinaus gar eine Beschränkung im Fall grober Fahrlässigkeit zulässig157. Sofern die Vorgaben der BRAO eingehalten werden, sind die beschriebenen Haftungsbeschränkungen der AGB-Kontrolle entzogen158. Argumentativ wird die Notwendigkeit für eine durch eine Versicherungslösung abgesicherte Haftungsbeschränkung mit dem Nutzen sowohl für den Rechtsanwalt, als auch den Rechtssuchenden begründet: Auf der einen Seite habe die zunehmend komplexer werdende Rechtsdichte und die rigide Haftbarhaltung von Rechtsanwälten159 zu zunehmend auch von Versicherungen nicht mehr zu tragbaren Prämienmodellen geführt; umgekehrt habe der Rechtssuchende ein berechtigtes Interesse an der Einbringbarkeit etwaiger Schadensersatzansprüche160. Nachdem die Beschränkung der Haftung im Rahmen einer Individualvereinbarung zur Vermeidung von Misstrauen des Mandanten und zur Vermeidung der rechtlichen Unklarheiten in Bezug auf das Erfordernis des Aushandelns nach §§ 305ff. BGB praktisch kaum relevant ist161, kommt der Haftungsbeschränkung durch vorformulierte Bedingungen eine weitaus größere Bedeutung zu. Durch die Vervierfachung der Mindestversicherungssumme (und den damit verbundenen steigenden Versicherungsprämien) soll auch ein finanzieller Anreiz geschaffen werden, die zur Haftungsbeschränkung geschaffenen Möglichkeiten nicht zu exzessiv einzusetzen162.
Wenngleich im Rahmen der steuerlichen Beratung die gleiche Haftungsbeschränkungsmöglichkeit besteht, wird hier nicht zwischen den Fahrlässigkeitsgraden unterschieden. Die fehlende Unterscheidung zwischen den einzelnen Fahrlässigkeitsgraden wird auch in § 54a WiPrO angewendet, wenngleich hier die Haftungssummen (und somit auch verpflichtenden Versicherungssummen) noch von der Börsennotierung des zu prüfenden Unternehmens abhängen und zwischen 1,0 und 4,0 Millionen liegen (§ 54 Abs. 1, 4 WiPrO, § 323 Abs. 2 HGB). Auch hier greift das Prinzip, dass durch schriftliche Vereinbarung die Haftung auf diese Haftungssumme beschränkt werden kann, im Fall vorformulierter Vertragsbedingungen auf den 4 fachen Wert der Haftungssumme, sofern insoweit ein entsprechender Versicherungsschutz besteht (§ 54a Abs. 1 WiPrO).
Nachdem der Gesetzgeber in einem gesetzlichen Rahmen vertragliche Haftungsbeschränkungen zulässt, wird dieses Konstrukt nachfolgend auch als „semi-vertragliche Haftungsbeschränkung“ bezeichnet163.
132 Eine ausführliche Aufzählung verschiedenster gesetzlicher Haftungsbeschränkungen aus diversen Rechtsbereichen findet sich auch bei Bruns, Haftungsbeschränkung und Mindesthaftung, S. 9–11. 133 PALANDT-Sprau, Einführung ProdHaftG, Rn. 1; ders., § 15 ProdHaftG, Rn. 7f.. Die Haftungsbeschränkung nach § 10 ProdHaftG gilt nicht für Sachschäden, wohl aber ein Selbstbehalt nach § 11 ProdHaftG in Höhe von 500 EUR. 134 Das ProdHaftG vermeidet somit die Unklarheiten und Beweisschwierigkeiten arbeitsteiligen Wirtschaftens, vgl. auch PALANDT-Sprau, Einführung ProdHaftG, Rn. 3. 135 BT-Drs. 11/2447, S. 24 (zu § 10). Siehe auch Graf v. Westphalen, NJW 1990, S. 83ff. (92). 136 Bruns, Haftungsbeschränkung und Mindesthaftung, S. 11. 137 Derzeit wirksam in der Fassung ADSp 2017, empfohlen zur Anwendung ab 01.01.2017. Hierin enthalten sind u.a. Erhöhungen der bislang geltenden Haftungsbeschränkungen (Ziffer 23) je nach Schadenursache von 1 Mio. EUR auf 1,25 Mio. EUR bzw. 2 Mio. EUR auf 2,5 Mio. EUR bzw. den 2 fachen Sonderziehungsrechten je Kilogramm der beschädigten bzw. verlorenen Sache, je nachdem welcher Betrag höher ist. 138 Vgl. Präambel der ADSp; Bahnsen, TranspR 2010, S. 19ff. (20); MüKo/HGB-Bd. 7-Bahnsen, Vorbem ADSp Rn. 2; KOLLER, Vor Ziffer 1 ADSp Rn. 1; EBENROTH/BOUJONG/JOOST/STROHN-Bahnsen, Vor Ziffer 1 ADSp Rn. 5. 139 MüKo/HGB-Bd. 7-Bahnsen, Vorbem ADSp Rn. 4; vgl. zur Üblichkeit im Spediteursgewerbe auch KOLLER, Vor Ziffer 1 ADSp Rn. 11. 140 KOLLER, Vor Ziffer 1 ADSp Rn. 20; MüKo/HGB-Bd. 7-Bahnsen, Vorbem ADSp Rn. 6–8; EBENROTH/BOUJONG/JOOST/STROHN-Bahnsen, Vor Ziffer 1 ADSp Rn. 6–16. 141 Krit. zur Zulässigkeit der geringen Haftungshöhe insbes. im Fall von Personenschäden: KOLLER, Ziffer 24 ADSp Rn. 24; EBENROTH/BOUJONG/JOOST/STROHN-Bahnsen, Ziffer 24 ADSp Rn. 29. 142 MüKo/HGB-Bd. 7-Bahnsen, Vorbem ADSp Rn. 175, 177. 143 Vgl. ausführlich bei Bahnsen, TranspR 2010, S. 19ff. (22); MüKo/HGB-Bd. 7-Bahnsen, Vorbem ADSp Rn. 238, 240; KOLLER, Ziffer 24 ADSp Rn. 3; MüKo/HGB-Bd. 7-Hesse, § 475 Rn. 24ff.. 144 EBENROTH/BOUJONG/JOOST/STROHN-Bahnsen, Vor Ziffer 1 ADSp Rn. 1. 145 MüKo/HGB-Bd. 7-Bahnsen, Vorbem ADSp Rn. 272; EBENROTH/BOUJONG/JOOST/STROHN-Bahnsen, Ziffer 29 ADSp Rn. 8f.. 146 MüKo/HGB-Bd. 7-Bahnsen, Vorbem ADSp Rn. 272, 280. 147 MüKo/HGB-Bd. 7-Bahnsen, Vorbem ADSp Rn. 279; KOLLER, Ziffer 29 ADSp Rn. 2; EBENROTH/BOUJONG/JOOST/STROHN-Bahnsen, Ziff. 29 ADSp Rn. 7. 148 BAUMBACH/HOPT-Merkt, ADSp Einl Rn. 5. 149 BGH, Urt. v. 27.11.1990 – X ZR 26/90, Ziffer I.3; BGH, Urt. v. 04.05.1995 – I ZR 70/93, Ziffer II.3.b. krit. zur praktischen Tragweite des Kriteriums: Bahnsen, TranspR 2010, S. 19ff. (24). 150 BGH, Urt. v. 09.10.1981 – I ZR 188/79; PALANDT-Heinrichs, § 305 Rn. 18. Rabe, NJW 1987, S. 1978ff. (1983). Im Einzelnen: EBENROTH/BOUJONG/JOOST/STROHN-Bahnsen, Ziffer 23 ADSp Rn. 26–29. 151 BGH, Urt. v. 23.1.2003 – I ZR 174/00; BGH, Urt. v. 18.10.2007 – I ZR 138/04, Rn. 24. 152 Bahner, TranspR 2010, S. 19ff. (20); MüKo/HGB-Bahnsen, Vorbem ADSp Rn. 10; EBENROTH/BOUJONG/JOOST/STROHN-Bahnsen, Ziffer 23 ADSp Rn. 4f.. 153 BGH, Urt. v. 04.05.1995 – I ZR 70/93, Ziffer II.3.b.; Bahner, TranspR 2010, S. 19ff. (25); BAUMBACH/HOPT-Merkt, ADSp Einl Rn. 5; EBENROTH/BOUJONG/JOOST/STROHN-Bahnsen, Vor Ziffer 1 ADSp Rn. 52; krit. ULMER/BRANDNER/HENSEN-Schmidt, § 306 Rn. 15b. 154 MüKo/BGB-Bd. 2-Wurmnest, § 307 Rn. 156; BeckOK/BGB-Schmidt, § 307 Rn. 175. 155 Hölscheidt, NWB 2011, S. 1898ff. (1904). 156 Sich sogar noch für eine Ausweitung auch auf grobe Fahrlässigkeit aussprechend: BT-Drs. 12/4993, S. 8, revidiert im späteren Gesetzgebungsverfahren; vgl. auch Van Bühren, Die Berufshaftpflichtversicherung der Rechtsanwälte, S 76f.; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, § 40 Rn. 34–36. 157 AnwK AGB-Recht/Jilg, Rn. 1912. 158 AnwK AGB-Recht/Klodt-Bußmann, Rn. 1757. 159 Van Bühren, Die Berufshaftpflichtversicherung der Rechtsanwälte, S. 32f.; GAIER/WOLF/GÖCKEN-Tauchert, § 51a BRAO Rn. 2; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, § 40 Rn. 33f.. 160 GAIER/WOLF/GÖCKEN-Tauchert, § 51a BRAO Rn. 2; Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung,