Alexander Grieger

Rechtliche Grenzen vertraglicher Haftungsausschlüsse und -begrenzungen in B2B-Exportverträgen


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vertraglichen Durchsetzung der Ansprüche seinen Schaden beim Vertragspartner B in unbegrenzter Höhe geltend machen wird120. Eine Exkulpationsmöglichkeit des B für den durch A verursachten Schaden kann infolge § 278 BGB – je nach Schadenstypus und abhängig vom Eigenverschulden des B – ausscheiden121. B kann folglich auf dem Schaden sitzen bleiben, ohne diesen selbst verursacht zu haben.

      Nun könnte man argumentieren, dass eine unbegrenzte Haftung dem gesetzlichen Leitbild entspreche und somit Haftungsbeschränkungen an sich für unzulässig erklärt werden sollten. Allerdings bildet der Gedanke der Privatautonomie einen wesentlichen Baustein der deutschen Rechtsordnung und erlaubt, in gewissen Grenzen, vertragliche Risiken zu begrenzen. Dabei kann die Haftungsbeschränkung nicht nur vom Individuum, sondern explizit auch vom Gesetzgeber eingeräumt worden sein (vgl. nachfolgende Kapitel).

      111 Ebenso, mit dem Hinweis, dass AGB-feste Klauseln wie eine Beschränkung auf den vertragstypischen vorhersehbaren Schaden bereits mangels rechnerischer Kalkulierbarkeit diesem Erfordernis nicht Genüge tun: Kessel, AnwBl 4/2012, S. 293ff. (293). Ansonsten eine Geschäftsführerhaftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG bejahend: Graf v. Westphalen, BB 2013, S. 67ff. (68, 69). Ebenfalls das Risiko des Vorwurfs von Sorgfaltspflichtverletzungen sehend: Leuschner, NJW 2016, S. 1222ff. (1223). Aus praxisorientierter Sicht verschiedener Anlagenbauer wie SIEMENS oder SMS Demag: Voight, Risikomanagement im Anlagenbau, S. 91, 138. 112 Zum Meinungsstand von Rechtsprechung und Literatur vgl. m.w.V.z.B. ULMER/HABERSACK/WINTER-Paefgen, § 43 Rn. 52ff.; MICHALSKI-Haas/Ziemons, § 43 Rn. 75c. 113 ULMER/HABERSACK/WINTER-Paefgen, § 43 Rn. 52; MüKo/GmbHG-Fleischer, § 43 Rn. 66; MICHALSKI-Haas/Ziemons, § 43 Rn. 68f.. 114 ULMER/HABERSACK/WINTER-Paefgen, § 43 Rn. 70f.; SCHOLZ-Schneider, § 43 Rn. 93; i.E. zustimmend, aber differenzierend: MüKo/GmbHG-Fleischer, § 43 Rn. 94f.; a.A. ROWEDDER/SCHMIDT-LEITHOFF-Koppensteiner/Gruber, § 43 Rn. 18. 115 Auf die Risikoneigung der Gesellschafter abstellend: MüKo/GmbHG-Fleischer, § 43 Rn. 75. 116 ULMER/HABERSACK/WINTER-Paefgen, § 43 Rn. 71. 117 SCHOLZ-Schneider, § 43 Rn. 94; MüKo/GmbHG-Fleischer, § 43 Rn. 94; MICHALSKI-Haas/Ziemons, § 43 Rn. 77b. 118 Statt vieler zur Üblichkeit von Haftungsbeschränkungsklauseln in AGBs im B2B-Geschäft: Niebling, Allgemeine Geschäftsbedingungen – Allgemeiner Teil/Grundlagen, S. 127; MÜNCHNER VERTRAGSHANDBUCH Bd. 2/I-Kratzsch, S. 384 (Rn. 63); zur praktischen Bedeutung des Risikomanagements und dessen Handhabung aus Sicht des Unternehmensjuristen: Hagel, SchiedsVZ 2011, S. 65ff. (65ff.); Lischek/Mahnken, ZIP 2007, S. 158ff. (158). 119 Schäfer, BB 2012, S. 1231ff. (1234). 120 Vereinfachend wirkt z.B. die vertragliche Verschuldensvermutung nach § 280 I S. 2 BGB im Vergleich zur Beweispflicht des Geschädigten für das Verschulden des vorgelagerten Unterlieferanten/Herstellers bei gesetzlichen Ansprüchen nach § 823 BGB. Daneben existieren auch praktische Erleichterungen, weil der Geschädigte davon ausgehen kann, dass sein unmittelbarer Vertragspartner zur Fortsetzung der Geschäftsbeziehung eher geneigt sein dürfte, bei der Aufklärung und zügigen Schadensabwicklung zu unterstützen. 121 Argumentationsansatz ist, dass derjenige, der die Vorteile arbeitsteiligen Handelns nutzt, auch die damit einhergehenden Risiken mitzutragen habe, vgl. NK-Dauner-Lieb, § 278 Rn. 1. Zur Einstufung selbständiger Unternehmer als Erfüllungsgehilfe siehe auch NK-Dauner-Lieb, § 278 Rn. 5. Zu beachten ist, dass dies je nach Schadensart und eigener schuldhafter Pflichtverletzung des B unterschiedlich zu beurteilen ist, vgl. BGH, Urt. v. 02.05.2014 – VIII ZR 46/13. Allerdings ist der vorhandene Betrachtungsgegenstand auf Wertschöpfungsketten mit komplexen Fertigungsgütern fokussiert, bei denen – nach eigener Erfahrung des Verfassers – hohe Anforderungen durch über die gesamte Lieferkette hinweg verpflichtende Qualitätssicherungsvereinbarungen (QSV) bestehen, die sehr konkrete Vorgaben zu Verantwortungsübernahmen für Zulieferanten, Ein- und Ausgangskontrollen, Materialzertifizierungen, lfd. Qualitätsprüfungen und Nachweisdokumentationen beinhalten. Hierdurch wird ein vom Zulieferanten defekt geliefertes Produkt kaum ohne eigene schuldhafte Pflichtverletzung des Abnehmers bis zum Endkunden gelangen können.

       F. Zwischenfazit

      Nachdem einige wesentliche Grundprinzipien der Haftung und die rechtshistorische Entwicklung weg von der unbeschränkten Haftung hin zur Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung kurz angerissen wurden, stellt sich die Frage, welche gesetzlichen und vertraglichen Grenzen diesen Prinzipien gesetzt sind bzw. durch Parteivereinbarung gesetzt werden können. Es geht also darum, das rechte Maß vertraglicher Haftungsbeschränkungen aus dem bestehenden gesetzlichen Leitbild und dem derzeitig zugelassenen Abweichungsspielraum als Ausdruck der Vertragsfreiheit abzuleiten.

§ 4. Gesetzliche Haftungsausschlüsse und -begrenzungen nach deutschem Recht

       A. Schranken der Schadenszurechnung

      122 Zum Stand der Diskussion aus verfassungsrechtlicher Sicht siehe MüKo/BGB-Oetker, § 249 Rn. 14f.. 123 Podehl, DB 2005, S. 2453ff. (2454). 124 MüKo/BGB/CISG-Huber P., CISG Art. 74 Rn. 25. 125 NK-Magnus, Vor §§ 249–255 Rn. 66; PALANDT-Grüneberg, Vorb v § 249 Rn. 26; MüKo/BGB-Oetker, § 249 Rn. 104ff.. 126 NK-Magnus, Vor §§ 249–255 Rn. 66f.. Die Eingliederung in ein (kombiniertes) Schutzzweckmodell befürwortend: MüKo/BGB-Oetker, § 249 Rn. 114. 127