Sabine Tofahrn

Strafrecht Besonderer Teil III


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Strafantrag gem. § 323a Abs. 3 i.V.m. der Rauschtat

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      Sofern der Täter sich nur fahrlässig in einen Rausch versetzt hat, wird dieses Aufbauschema wie folgt abgewandelt:

      Vollrausch, § 323a (Fahrlässigkeit)

       I. Tatbestand

       1.Taterfolg: Rausch

       2.Tathandlung: Sichversetzen

       3.Fahrlässigkeit: Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt bei objektiver Vorhersehbarkeit des Erfolges

       4.Kausalität und objektive Zurechnung

       II. Objektive Bedingung der Strafbarkeit: Rauschtat

       III. Rechtswidrigkeit

       IV. Schuld

       Subjektiver Fahrlässigkeitsvorwurf

       V. Eventuell Strafantrag gem. § 323a Abs. 3 i.V.m. der Rauschtat

      2. Teil StraßenverkehrsdelikteE. Exkurs: Vollrausch, § 323a › II. Tatbestand

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      Der Tatbestand des § 323a besteht in einem vorsätzlichen oder fahrlässigen Sichversetzen in einen Rausch.

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      Der Täter muss sich durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel, wie z.B. Kokain, Heroin, Opium oder Ecstasy, in einen Rauschzustand versetzt haben.

      Ein solcher Rauschzustand liegt unproblematisch vor, wenn feststeht, dass der Täter gem. § 20 schuldunfähig ist. Er liegt zweifelsfrei nicht vor, wenn feststeht, dass ein Zustand gem. §§ 20, 21 ausgeschlossen werden kann. Umstritten ist jedoch, wie solche Fälle zu behandeln sind, bei denen sich im Nachhinein nicht mehr ermitteln lässt, ob der Täter schuldunfähig gem. § 20, vermindert schuldfähig gem. § 21 oder trotz Einnahme berauschender Mittel uneingeschränkt schuldfähig war.

      Beispiel

      Jurastudent J hat mit seinen Kommilitonen zusammen sein erstes Staatsexamen in seiner Stammkneipe gefeiert. Obwohl er nachweisbar einige Kölsch getrunken hat, setzt er sich an das Steuer seines Fahrzeuges und rammt auf dem Nachhauseweg den am Straßenrand abgestellten Ferrari des F, wodurch ein Schaden in Höhe von 8000 € entsteht.

      Als die Polizei den J zwei Tage später als Täter ermittelt hat, lässt sich nicht mehr feststellen, wie hoch der BAK-Wert zum Zeitpunkt der Tat war. Aufgrund von Zeugenaussagen ist jedoch davon auszugehen, dass J jedenfalls Alkohol getrunken hatte. Hinsichtlich der Menge des konsumierten Alkohols reichen die Zeugenaussagen von „ganz wenig“ bis „total viel“.

      In der Klausur würden Sie damit beginnen, die Strafbarkeit des J gem. § 315c zu prüfen. Enthält der Sachverhalt den Hinweis, dass die Staatsanwaltschaft jedenfalls von einer Alkoholisierung von 0,3 Promille ausgeht, können Sie die relative Fahruntüchtigkeit des J bejahen. Problematisch wird jedoch, ob J schuldhaft gehandelt hat, da insoweit auch eine Schuldunfähigkeit gem. § 20 in Betracht kommen kann. Da sich nicht mehr sicher feststellen lässt, wie der Alkoholisierungsgrad des J gewesen ist, muss nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ davon ausgegangen werden, dass J schuldunfähig gem. § 20 war.

      Da bei den Straßenverkehrsdelikten, wie oben ausgeführt, die actio libera in causa nicht anwendbar ist, müssten Sie sich in der Klausur nun mit einem Vollrausch gem. § 323a beschäftigen. Voraussetzung dafür ist, dass J sich in einen Rausch versetzt hat. Bei erneuter Anwendung des „in dubio pro reo“-Grundsatzes müsste man nunmehr davon ausgehen, dass J zum Zeitpunkt der Verursachung des Verkehrsunfalls nicht schuldunfähig und auch nicht vermindert schuldfähig war. Diese Annahme würde zu einem Freispruch des J führen.

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      Beispiel

      Im obigen Fall würde dies bedeuten, dass J nach h.M. freizusprechen wäre. Lediglich die Literaturvertreter, die § 323a als Auffangtatbestand ansehen, kämen zu einer Bestrafung aus dieser Norm, da jedenfalls feststeht, dass J das ein oder andere Kölsch getrunken hat, mithin also aus biologischer Sicht ein Rauschzustand vorgelegen hat, auch wenn dieser nicht den Bereich des § 21 erreicht haben kann.

      Wie bereits erwähnt, muss der Täter sich in diesen Zustand versetzt haben, indem er die berauschenden Mittel zu sich genommen hat.

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      Den Vollrausch muss der Täter entweder vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt haben. Vorsätzlich bedeutet, dass der Täter beim Konsumieren der Rauschmittel zumindest mit der Möglichkeit gerechnet hat, sich in einen vermindert schuldunfähigen Zustand zu versetzen und diese Möglichkeit billigend in Kauf genommen hat. Handelt der Täter hingegen fahrlässig, so hat er diese Möglichkeit bei Einnehmen der Rauschmittel nicht erkannt, hätte sie aber erkennen können.

      2. Teil StraßenverkehrsdelikteE. Exkurs: Vollrausch, § 323a › III. Objektive Strafbarkeitsbedingung: die Rauschtat